ARBEITSMARKTEINSTIEG NACH DUALER BERUFSAUSBILDUNG – MIGRANTEN UND DEUTSCHE IM VERGLEICH Auszüge aus dem IAB-Forschungsbericht von Andreas Damelang & Anette Haas: “ In der Debatte über Integrationspolitik für Personen mit Migrationshintergrund kommt der Teilnahme am Arbeitsmarkt eine Schlüsselrolle zu. Der Einstieg über die duale Berufsausbildung stellt für Jugendliche allgemein – aber insbesondere für Migranten, die in den höheren Bildungsabschlüssen unterrepräsentiert sind – eine wichtige Zugangsvoraussetzung dar. Im vorliegenden Beitrag wird der Berufseinstieg von Migranten und Deutschen untersucht, die eine Ausbildung im dualen Ausbildungssystem in Deutschland erfolgreich abgeschlossen haben. Diese Erwerbsphase ist deshalb von besonderer Relevanz, da sie für den weiteren Berufsverlauf stark prägend ist. Auf Basis der Abschlusskohorte 2002 wird sowohl der erfolgreiche Einstieg nach der Ausbildung untersucht, als auch die Nachhaltigkeit mittels der Dauer der ersten Beschäftigungsphase analysiert. 1 Einleitung … Als wichtige Voraussetzungen für einen gelungenen Erwerbseinstieg wird einstimmig die Bedeutung der schulischen und beruflichen Ausbildung hervorgehoben. Am deutschen Bildungssystem wird kritisiert, dass schon in frühen Phasen die Schule als „Sortiermaschine“ fungiert und damit die weiteren Chancen im Erwerbssystem festgelegt sind. „Die berufliche Bildung und insbesondere die duale Berufsausbildung eröffnen nach wie vor für den überwiegenden Teil der jungen Generation in Deutschland den Zugang in eine qualifizierte Fachkräftetätigkeit. Sie schaffen damit zugleich einen wesentlichen Teil der Grundlagen für das lebensbegleitende Lernen. Primäres Ziel der Berufsbildungspolitik der Bundesregierung ist es daher, möglichst allen Jugendlichen die Chance zu eröffnen, mit einer arbeitsmarktverwertbaren Ausbildung den Start in das Berufsleben zu beginnen“ (Berufsbildungsbericht 2006, S.2). Mit diesen Worten beginnt der aktuelle Berufsbildungsbericht (2006) und verweist damit sowohl auf die elementare Bedeutung der dualen Berufsausbildung als auch auf die Bedeutung der Chancengleichheit Jugendlicher. In der politischen Diskussion wurde u. a. von der Migrationsbeauftragten der Bundesregierung eine Offensive für Bildungs- und Arbeitsmigration gefordert, die es sich zur Aufgabe macht, Potentiale junger Migranten systematisch zu erschließen. Die Aufgabe der schulischen Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat seit kurzem in der Presse durch massive Probleme an Schulen eine neue Brisanz erreicht. In der Wissenschaft hingegen wird die Frage nach ethnischer Ungleichheit im Bildungssystem seit längerem thematisiert … Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulleistung ist in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Ein Fazit bisheriger Arbeiten zur schulischen Ausbildung ist die Bedeutung frühzeitiger Förderung der Sprach- und Lesekompetenz für den Integrationserfolg. … Der Fragenkomplex, der hier im Vordergrund stehen soll, lautet: * Wie verläuft der Arbeitsmarkteinstieg von Migranten, wenn sie in Deutschland eine Berufsausbildung absolviert haben und wie nachhaltig ist der Einstieg in Beschäftigung? * Lassen sich trotz gleicher formaler Qualifikation im beruflichen Ausbildungssystem Anzeichen für mögliche Benachteiligungen feststellen? Als erfolgreicher Arbeitsmarkteinstieg wird im Gegensatz zu anderen Untersuchungen kontrolliert, dass es sich nicht um eine geförderte Beschäftigung handelt, d.h. das das Beschäftigungsverhältnis in Abhängigkeit einer Förderung der Bundesanstalt für Arbeit oder des europäischen Sozialfonds (ESF) entstanden ist. … 2.1 Von der beruflichen Ausbildung in den Arbeitsmarkt … Im deutschen Beschäftigungssystem steht nicht so sehr die Allgemeinbildung als vielmehr die berufliche Qualifikation im Vordergrund … Das duale System gilt (immer noch) als die zentrale Form der beruflichen Ausbildung, auch wenn der Stellenwert in den letzten Jahren gegenüber außerbetrieblicher Ausbildung und weiterführenden Schulen geringer geworden ist. … Die gesetzlichen Regelungen der dualen Ausbildung sollen dabei gewährleisten, dass das Qualifikationsniveau unabhängig vom Ausbildungsbetrieb einem bestimmten Standard entspricht, flexibel einsetzbar und transferierbar ist. Durch den Erwerb von so genannten Schlüsselqualifikationen ist es grundsätzlich möglich, berufliche Qualifikationen auch außerhalb des erlernten Berufes anwenden zu können. … 2.2 Zur Bildungs- und Arbeitsmarktbeteiligung von Ausländern Unsere Untersuchung konzentriert sich auf türkische Beschäftigte als eigene Gruppe, da sie das größte Kontingent der Ausländer bzw. Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland darstellen. Laut Statistischem Bundesamt hat ungefähr eine halbe Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigter einen türkischen Pass … Auf die weiteren ehemaligen Anwerbeländer, wie Italien, Ex-Jugoslawien, Griechenland,und Portugal und Spanien entfallen ebenfalls über eine halbe Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass unter den deutschen Beschäftigten auch Personen mit Migrationshintergrund gezählt werden, soweit sie durch Einbürgerung den Nationenstatus gewechselt haben oder den Aussiedlern zuzurechnen sind. … 2.4 Die Berufseintrittsphase Der Berufseinstieg stellt eine Schlüsselphase der Erwerbsbiographie dar, hier werden die Weichen für die weitere berufliche Karriere gestellt … Ein wichtiger Befund ist, dass die historischen Eintrittsbedingungen im späteren Berufsverlauf nachwirken: Ungünstige Startbedingungen beim Einstieg sind später kaum noch auszugleichen. Für Absolventen einer außerbetrieblichen Ausbildungseinrichtung gestaltet sich der Berufseinstieg aufgrund fehlender Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern erheblich schwerer. Hinzu kommt, dass eine außerbetriebliche Ausbildung oftmals eine letzte Alternative für jene Schulabgänger ist, die bei der Konkurrenz um einen betrieblichen Ausbildungsplatz auf Grund schlechterer Schulleistungen oder anderer Merkmale, die die Erwerbschancen negativ beeinflussen, unterliegen. … 4.3 Der Übergang nach abgeschlossener Ausbildung … Eine geschlechtsspezifische Darstellung ist in diesem Fall nicht notwendig, da insgesamt die Zustände nach Ausbildung annähernd gleich frequentiert sind. Frauen nehmen tendenziell häufiger geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und Teilzeitarbeit auf, allerdings sind die Unterschiede marginal. … Betrachtet man Absolventen einer ungeförderten Ausbildung zeigt sich, dass mehr als die Hälfte aller Absolventen ohne Migrationshintergrund (62%) direkt eine Vollzeitbeschäftigung finden, während bei türkischen Absolventen dies nur 50% sind. Die Arbeitsmarktintegration gestaltet sich also für Türken trotz Berufsabschluss deutlich schwieriger. Kumuliert man Vollzeit und Teilzeit Arbeitsverhältnisse, so ergeben sich bei Deutschen und den sonstigen Migranten keine Unterschiede mehr in beiden Fällen sind mehr als 62% erwerbstätig. Türken hingegen schneiden deutlich schlechter ab (55%) und sind daher nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu einem hochen Anteil (33%) arbeitslos bzw. suchen Arbeit (7%). … Die Assimilationsthese, wonach Unterschiede zwischen Migranten und Einheimischen im Zeitverlauf verschwinden, wird somit im speziellen Fall der Türken in Deutschland, zumindest für die Arbeitsmarktperspektive, nicht gestützt, die Ungleichheiten scheinen sich vielmehr zu reproduzieren. Unsere Untersuchungen bestätigen, dass allgemein das Integrationspotential einer geförderten Ausbildung erkennbar schlechter ist. Nur ca. 15% aller Absolventen einer geförderten Ausbildung haben in der Gruppe der Deutschen und der sonstigen Migranten nach Abschluss der geförderten Ausbildung eine ungeförderte Beschäftigung gefunden. Bei den Türken waren dies sogar nur 8%. … 4.4 Nachhaltigkeit der Beschäftigungsverhältnisse … Vergleicht man die Dauerverteilungen wird offensichtlich, dass es bei dem grundsätzlichen Muster der ersten Beschäftigungsphase keine allzu großen Unterschiede zwischen den Absolventen gibt. Auffallend sind die Spitzen, die das Ende der Beschäftigungsphase signalisieren, … … Standarderklärungen für dieses typische Beschäftigungsmuster sind das Auslaufen befristeter Verträge, Übernahmegarantien nach Ende der Ausbildung für eine bestimmte Dauer und die Tatsache, dass Beschäftigungen typischerweise zum Quartal beginnen und enden. … Insgesamt gibt es kaum Unterschiede zwischen deutschen und nichtdeutschen Absolventen hinsichtlich dem Muster der Dauer der ersten Beschäftigungsphase. … dass Türken und sonstige Migranten seltener vom Ausbildungsbetrieb übernommen werden als Deutsche. … Betrachtet man die Absolventinnen, so zeichnen sich hinsichtlich der Verteilung der Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse ebenso keine gruppenspezifischen Abweichungen ab. … Die Übernahmequote liegt bei den deutschen Absolventinnen bei 75%, bei Türkinnen bei 74% und bei den sonstigen Migrantinnen bei 72%. … 5 Zusammenfassung und Ausblick … Die Resultate für den Übergang aus ungeförderter Beschäftigung zeigen, dass sich der Eintritt in Beschäftigung für Türken/Innen schwieriger gestaltet als für Deutsche. Fast 40% aller Türken/Innen sind im Anschluss an eine Berufsausbildung arbeitslos oder arbeitssuchend, während dies nur für ca. 30% der deutschen Absolventen/Innen gilt. Falls der direkte Einstieg in Beschäftigung gelingt, ist der Anteil an Teilzeitbeschäftigung doppelt so hoch wie bei den Deutschen. Sonstige Migranten/Innen finden vergleichbar genauso häufig Beschäftigung wie Deutsche, sie arbeiten auch zu einem höheren Prozentsatz in Teilzeitjobs. … Die Untersuchung der Nachhaltigkeit des Einstieges im Falle der „erfolgreichen“ Absolventen/Innen zeigt, dass nur marginale Unterschiede in der Stabilität der ersten Beschäftigungsphase auftreten. Die Analyse liefert die wichtige Erkenntnis, dass es zwischen deutschen und ausländischen Absolventen/Innen der dualen Berufsausbildung, die sofort im Anschluss an ihre Ausbildung eine Beschäftigung gefunden haben, keine nennenswerten Unterschiede in der Stabilität ihrer Beschäftigung gibt. … “
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Quelle: http://www.iab.de/asp/internet/dbdokShowOhne.asp?pkyDoku=k060818n01