PRÄVENTIVE STRUKTUREN IM HANDLUNGSFELD DER JUGENDSOZIALARBEIT FEHLEN Im Rahmen einer Expertise des DRK wurde der Diskussionsstand zum Schutz von Jugendlichen vor Grenzverletzungen durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen in Einrichtungen erhoben und Problemfelder aufgezeigt. Darauf aufbauend wurde der Handlungsbedarf skizziert. Vorschläge für die Entwicklung von Arbeitsmaterialien runden das Papier ab. Es wurden Interviews sowohl mit Leitungskräften und Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen als auch jugendlichen Nutzern/Nutzerinnen von vier Trägern unterschiedlicher Verbände durchgeführt. Die Interviewpartner/-partnerinnen haben sich aus eigenem Interesse und freiwillig für die Mitarbeit an der Expertise zur Verfügung gestellt. Die befragten Leitungskräfte, pädagogischen Fachkräfte, Ausbildungsleiter und Jugendlichen brachten Erfahrungen aus der Jugendverbandsarbeit sowie folgenden Tätigkeitsfeldern der Jugendsozialarbeit ein: – Jugendberufshilfe: Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Berufsausbildung – Jugendwohnen – Migration/Integration – Schulsozialarbeit – Offene Jugendarbeit – Aufsuchende Jugendsozialarbeit – Europäische Dimensionen von Jugendsozialarbeit Entsprechend der Unterschiedlichkeit der Arbeitsfelder variiert die Intensität der Beziehung zwischen jugendlichen Mädchen und Jungen und Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen der im Rahmen der Expertise erfassten Einrichtungen. Nutzer/Nutzerinnen einzelner Angebote haben z. T. einen relativ unverbindlichen Kontakt zu Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, andere halten über eine befristete Zeitspanne regelmäßig Kontakte (z. B. im Rahmen einer Ausbildung zum Sanitäter/zur Sanitäterin im Rahmen der Schulsozialarbeit), nicht wenige Nutzer/Nutzerinnen engagieren sich über viele Jahre und übernehmen zunehmend ehrenamtliche Aufgaben. … Einige Angebote der im Rahmen dieser Expertise erfassten Einrichtungen werden von jugendlichen Mädchen und Jungen bzw. jungen Erwachsenen genutzt, die Interesse haben, sich in bestimmten Bereichen zu engagieren. Von anderen Angeboten sind vor allem sozial benachteiligte junge Frauen und Männer existenziell abhängig. Es ist davon auszugehen, dass alle Angebotsbereiche der Jugendsozialarbeit u. a. auch von Mädchen und Jungen genutzt werden, die aufgrund von belastenden Vorerfahrungen in ihrer Entwicklung individuell beeinträchtigt sind (z. B. durch erlebte sexuelle, körperliche und psychische Grenzverletzungen). Auszüge aus den Ergebnissen der Befragung: “ ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG * Grenzverletzungen innerhalb der Einrichtungen … Obgleich die meisten Einrichtungen schon seit vielen Jahren Angebote der Jugendsozialarbeit machten und alle aktuell mindestens 100 Jugendliche betreuten, waren die interviewten Leitungs- und Fachkräfte bisher nach eigenen Angaben nur in absoluten Ausnahmefällen mit Grenzverletzungen durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen in ihrem eigenen Arbeitsfeld konfrontiert: – Wiederholt wurden als … Antwort auf die Frage nach bekannt gewordenen Grenzverletzungen in der eigenen Einrichtung die Provokation von männlichen Mitarbeitern durch junge Frauen und die Sorge vor falschen Verdächtigungen formuliert. … – Ein Einrichtungsleiter berichtete von einem ehemaligen Mitarbeiter, der überfordert gewesen sei und nicht den nötigen Abstand zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen habe halten können. Der Mitarbeiter habe sich zu „kumpelhaft‘ verhalten und sich provozieren lassen. Das Problem habe sich durch die Befristung des Arbeitsvertrages von selbst gelöst. … – Wiederholt wurde von „wirklichen Liebesbeziehungen‘ zwischen männlichen Mitarbeitern und jungen Frauen gesprochen. Eine habe z. B. zur Eheschließung nach Beendigung des Betreuungsverhältnisses geführt. Zu Beginn der Beziehung sei der Pädagoge 25 Jahre und die junge Bewohnerin 20 Jahre alt gewesen. – Ein Einrichtungsleiter berichtete von zwei Fällen sexueller Grenzverletzungen: * Eine 25-jährige Sozialpädagogin habe sexuelle Kontakte zu einem 18-Jährigen gehabt. * Eine weibliche Reinigungskraft habe mit mehreren männlichen Jugendlichen sexuellen Verkehr gehabt. Wiederholt benannten die Interviewpartner/-partnerinnen Fälle, in denen Mädchen und Jungen von Grenzüberschreitungen, Übergriffen und massiven Formen der Gewalt durch Erwachsene außerhalb der Jugendsozialarbeit berichtet hatten (z. B. im Elternhaus, in der Schule, durch Ausbilder/ Ausbilderinnen am Arbeitsplatz). Die interviewten Jugendlichen berichteten nicht nur über erlebte massive Grenzverletzungen außerhalb der Einrichtung, sondern ebenso von Grenzverletzungen und Übergriffe durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (z. B. Demütigungen und Androhungen von Sanktionen, die den Regeln fachlich adäquater Intervention widersprechen) und von häufigen und massiven Formen der Gewalt unter Jugendlichen. Die interviewten Einrichtungsleitungen und pädagogischen Fachkräfte bestätigten auf Nachfrage die Dringlichkeit der Problematik der Grenzverletzungen unter Jugendlichen. … Die interviewten Mädchen und Jungen gaben an, dass Pädagoginnen und Pädagogen häufig grenzverletzendes Verhalten und sexuelle Gewalt unter Jugendlichen nicht mitbekommen, nicht ernst nehmen und/oder erklären: „Regelt das untereinander.‘. … Wie wenig Einrichtungsleitungen und pädagogische Fachkräfte über Formen und Ausmaß massiver Gewalt unter den Jugendlichen informiert sind, wird vor allem am Beispiel der Gewalt im Internet und Handygewalt deutlich. Während die interviewten jungen Frauen und Männer über ein extremes Ausmaß von Gewalt durch Handy und Internet (z. B. bei Sendung von pornografischen Darstellungen und Gewaltszenen) durch ihnen über die Einrichtung persönlich bekannte Jugendliche berichteten, war keine der interviewten Einrichtungsleitungen oder Fachkräfte darüber (umfassend) informiert. * Zum Diskussionsstand über den Schutz von Jugendlichen vor Grenzverletzungen in Einrichtungen der Jugendsozialarbeit … Die Defizite der Fachdiskussion über Grenzverletzungen innerhalb der Jugendsozialarbeit spiegelten sich in einem relativ begrenzten Informationsstand zur Problematik unserer lnterviewpartner/-partnerinnen wider. Im Vergleich zu anderen pädagogischen und sozialarbeiterischen Arbeitsfeldern hatten unsere InterviewpartnerApartnerinnen ein sehr begrenztes Wissen bzw. keine realistische Einschätzung über: – Ausmaß von Grenzverletzungen innerhalb der Jugendsozialarbeit – Täterstrategien bei sexuellem Missbrauch – Formen psychischer, körperlicher und sexueller Grenzverletzungen durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen und Jugendliche – Folgen für die Opfer – institutionelle Dynamiken bei Grenzverletzungen – Möglichkeiten der Prävention – Qualitätsstandards der Hilfen für Opfer und Jugendgruppen – mögliche – die Rechte aller achtende – Verfahrensweisen im Falle der Vermutung von Übergriffen/ strafrechtlich relevanten Formen der Gewalt in den eigenen Reihen Lediglich ein Interviewpartner verfügte über ein solides Basiswissen zur Problematik der Grenzüberschreitungen in Institutionen. … Positiv fiel zudem die sehr differenzierte Wahrnehmung einer weiteren Fachkraft auf: Diese war bereits in ihrem vorherigen medizinischen Arbeitsfeld mit der Problematik körperlicher und sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen sowie Kindesvernachlässigung konfrontiert worden. So beeindruckend das z. T. sehr große berufliche Engagement und die fachliche Kompetenz der anderen Interviewpartner/-partnerinnen in anderen Problembereichen war, die konzeptionellen Defizite der Jugendsozialarbeit im Umgang mit Grenzverletzungen spiegelten sich in der von allen Interviewpartnern/-partnerinnen beklagten unzureichenden Handlungskompetenz im Umgang mit der Problematik wider. … * Unzureichende institutionelle Regeln und Vernachlässigung eines Beschwerdemanagements In keiner der im Rahmen der Expertise vorgelegten „Hausordnungen/Regelwerke‘ der Einrichtungen war das Recht von Jugendlichen auf Schutz vor sexuellen Grenzverletzungen formuliert. In zum Teil sehr umfangreichen Regelwerken (z. B. Hausordnungen und Arbeitsverträge im Rahmen der Jugendberufshilfe) wurden Konsequenzen z. B. bezüglich der Ausübung körperlicher Gewalt und dem Konsum von Alkohol und Drogen schriftlich fixiert. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und das Verbot der Ausübung sexueller Gewalt standen in keiner der ausgewerteten Hausordnungen oder vergleichbaren Regelwerke. Ebenso wurden in den Regelwerken psychische Gewalt (z. B. Mobbing) und gewalttätige Kommunikationsstrukturen vernachlässigt (…). In einer Einrichtung planten Sozialarbeiterinnen, mit jungen Arbeitnehmerinnen die Problematik der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz zu thematisieren. In einer anderen gab es schriftlich fixierte Absprachen zur Internetnutzung. … Eine … Koordinatorin formulierte von sich aus die Notwendigkeit der Entwicklung eines Regelwerkes. Sie war durch berufliche Vorerfahrungen in einem anderen Arbeitsfeld für die Problematik sensibilisiert worden. Den anderen lnterviewpartnern/-partnerinnen war die Lücke in ihren institutionellen Regelwerken noch nicht aufgefallen. Auf Nachfrage sprach sich eine Einrichtungsleitung nachdrücklich gegen die schriftliche Fixierung jeglicher Regeln aus. Sie seien eine lebendige Institution, in der die Umgangsweise miteinander täglich im persönlichen Dialog zwischen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen und Jugendlichen neu ausgehandelt würde. Einen Zusammenhang zwischen dem Fehlen verbindlicher institutioneller Regeln und den zuvor geschilderten eindeutigen sexuellen Grenzverletzungen zwischen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern und Jugendlichen zog diese Einrichtungsleitung nicht (sexuelle Kontakte einer erwachsenen weiblichen Reinigungskraft mit mehreren männlichen Jugendlichen und einer 25-jährigen Sozialarbeiterin mit einem 18-jährigen Bewohner der Einrichtung). In keiner der im Rahmen der Expertise erfassten Einrichtungen gab es ein funktionierendes Beschwerdemanagement, in dessen Rahmen junge Frauen/Männer Grenzverletzungen durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen oder andere Jugendliche oder junge Erwachsene hätten benennen können. … Die interviewten Mädchen und Jungen nannten dementsprechend ihre begrenzten Möglichkeiten, innerhalb der Institution Grenzverletzungen aufzudecken. Einige Jugendliche berichteten, dass sie kaum eine Chance hätten, bei sexuellen Grenzverletzungen durch andere Jugendliche und Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen kompetente Ansprechpartner/ Ansprechpartnerinnen unter den Fachkräften zu finden, die in konkreten Einzelfällen für sie Partei ergreifen würden und in der Lage wären, sie zu schützen. … * Mangel an verbindlichen Konzepten der Prävention Abgesehen von den Projekten im Bereich der Streitschlichtung, die dem Bereich der Gewaltprävention zuzuordnen sind, gibt es in keiner der Einrichtungen/Projekte verbindliche Präventionskonzepte, die alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchlaufen. In den meisten Einrichtungen war die Präventionsarbeit abhängig von der Fachlichkeit und dem Engagement einzelner Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen bzw. von jeweils aktuellen Möglichkeiten der Projektfinanzierung.“ Auszüge aus den QUALITÄTSSTANDARD FÜR DIE ENTWICKLUNG PRÄVENTIVER STRUKTUREN: “ „Kultur der Grenzachtung‘ … Mit der gesetzlichen Verankerung des Schutzauftrages bei gewichtigen Anhaltspunkten der Gefährdung des Kindeswohls in den §§ 8a und 72a SGB VIII hat der Gesetzgeber im Jahre 2005 die Einrichtungen der Jugendhilfe explizit verpflichtet, den Schutz vor Grenzverletzungen sowohl durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen als auch durch andere Kinder und Jugendliche sicherzustellen (u.a. durch Fortbildung). … Qualitätsstandards, die für die Einlösung dieser gesetzlichen Verpflichtung erforderlich sind: * TRANSPARENTE GESTALTUNG INSTITUTIONELLER STRUKTUREN Klare Strukturen in Institutionen zeichnen sich dadurch aus, dass Zuständigkeiten/Verantwortungsbereiche aller Ebenen der Hierarchie eindeutig geklärt und die Aufgaben der Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen als auch die jeweiligen Grenzen ihrer Kompetenz sowohl nach innen als auch nach außen transparent sind und gegenüber Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommuniziert werden. … Auch die Aufgaben und Kompetenzen der pädagogischen Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen müssen entsprechend ihrem Status und ihrer Qualifikation (hauptamtlich, auf Honorarbasis, ehrenamtlich) klar definiert und den Mädchen und Jungen ihrem Alter entsprechend benannt und verschriftlicht werden. Dies kann z. B. durch allgemein zugängliche altersgerecht illustrierte Organigramme/ Faltblätter oder/ und durch Namensschilder/ Anstecker bei Großveranstaltungen oder über regionalen Veranstaltungen/ Ferienfreizeiten erfolgen. Die farbliche Gestaltung und Illustration sollte Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen schon auf den ersten Blick den Kompetenzbereich der jeweiligen Mitarbeiterin/ des Mitarbeiters signalisieren. * ERSTELLUNG EINES INSTITUTIONELLEN REGELWERKS … Es empfiehlt sich, das Recht auf Achtung der persönlichen Grenzen von Mädchen und Jungen (Recht auf Privatsphäre) und das Recht auf sofortige Hilfe in Notlagen und auf Schutz vor Grausamkeit und Ausnutzung explizit in die Leitsätze/Leitbilder der Verbände aufzunehmen. … Auf Einrichtungsebene ist eine Kommission zu bilden, die ein Regelwerk erarbeitet, das für alle institutionellen Ebenen verbindlich ist. Im Sinne des Rechts auf Partizipation muss gewählten Vertreterinnen/ Vertretern der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit gegeben werden, in der Kommission gleichberechtigt mitzuwirken. Neben allgemeingültigen Regeln eines grenzachtenden Umgangs müssen in Auswertung der speziellen Belastungs- und Risikofaktoren des jeweiligen Arbeitsbereiches besondere Regeln entwickelt werden. … Die Regeln sollten nicht als strikte Verbote, sondern im Sinne einer positiv formulierten Selbstverpflichtung der Einrichtung formuliert und durch alltagsnahe Beispiele veranschaulicht werden…. * PARTIZIPATION Partizipation ist das Recht von Mädchen und Jungen, sich als freie und gleichberechtigte Subjekte an Diskussionsprozessen und Entscheidungen in Institutionen zu beteiligen und die eigenen Interessen einzubringen. Sie ist keine „Gnade‘ der Pädagoginnen und Pädagogen, sondern als Recht einforderbar. … Entsprechend dem Rechtsanspruch auf Partizipation sind in den Einrichtungen der Jugendsozialarbeit von den Nutzerinnen/Nutzern gewählte Interessenvertretungen zu etablieren (z. B. Jugendparlamente), die u. a. an Diskussionsprozessen über Konzepte und Regeln der Einrichtung zu beteiligen sind. * PRÄVENTIONSANGEBOTE FÜR JUGENDLICHE UND JUNGE ERWACHSENE… – Information statt Abschreckung und Verbote. … – Widerstandskraft stärken. Altersgerechte Widerstandsformen trainieren. … – Grenzachtende Normen vorgeben. … – Jugendlichen Tätern/Täterinnen klare Grenzen setzen. … – Mythen bezüglich geschlechtsspezifischen Gewaltverhaltens überwinden. … – Präventionsangebote attraktiv gestalten. … – Prävention ist immer auch Intervention. … * INFORMATION/FORTBILDUNG DER MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER Es bestehen weder fachliche Notwendigkeiten noch realistische Möglichkeiten, dass sich alle Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen der Jugendsozialarbeit intensiv in Konzepte der Prävention von Grenzverletzungen, Übergriffen und strafrechtlich relevanten Formen der Gewalt in den eigenen Reihen einarbeiten. Die Etablierung verbindlicher institutioneller Normen im Sinne einer „Kultur der Grenzachtung‘ setzt jedoch eine grundlegende Information aller Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen und die Fort- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften voraus. – Verpflichtende Informationsveranstaltungen für alle pädagogischen und nichtpädagogischen Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen … – Mehrtägige Schulung von Jugendgruppenleitern/-innen … – Mehrtägige Fortbildung von hauptamtlichen pädagogischen Fachkräften für die Präventionsarbeit gegen Grenzverletzungen … – Langfristige Weiterbildung von besonders qualifizierten pädagogischen Fachkräften zu Fachberatern/ Fachberaterinnen … * BESCHWERDEMANAGEMENT Sowohl auf Verbandsebene als auch innerhalb der einzelnen Einrichtungen der Jugendsozialarbeit sind verbindliche niedrigschwellige Beschwerdesysteme zu entwickeln/verankern, die sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen unkompliziert einen Hinweis auf Übergriffe und andere Formen der Gewalt ermöglichen. Es müssen fachlich qualifizierte Ansprechpartner/-partnerinnen innerhalb und außerhalb der Verbände/ Einrichtungen benannt werden, an die sich sowohl Kinder, Jugendliche/ junge Erwachsene als auch Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen im Falle vermuteter, beobachteter oder selbst erlebter Übergriffe oder Gewalthandlungen innerhalb der Institution wenden können. … * DIENSTANWEISUNG Im Rahmen von Dienstanweisungen haben Träger/Vorgesetzte die Möglichkeit, Verhaltensanweisungen zu geben, die arbeitsrechtliche Verbindlichkeit haben. Im Sinne einer „Kultur der Grenzachtung‘ sollten Dienstanweisungen in schriftlicher Form Verhaltensregeln festschreiben, um eine fachlich adäquate Distanz bzw. einen respektvollen Umgang – zwischen den Generationen, – zwischen den Geschlechtern und – der Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen untereinander sicherzustellen. … * VERFAHRENSREGELN ZUM UMGANG MIT ÜBERGRIFFEN UND STRAFRECHTLICH RELEVANTEN FORMEN DER GEWALT Um einer Bagatellisierung kindeswohlgefährdender Übergriffe und strafrechtlich relevanter Formen der Gewalt und einer Eskalation institutioneller Dynamiken bei deren Aufdeckung vorzubeugen, müssen … verbindliche Verfahrensregeln festgelegt werden. Diese sollten unabhängig von einzelnen Einrichtungen auf der Verbandsebene entwickelt und in Abstimmung einer speziell qualifizierten Fachberatung für die jeweilige Einrichtung modifiziert werden. … Die Verfahrensregeln sollten schriftlich fixiert und allen Mitarbeitern/ Mitarbeiterinnen bereits bei der Einstellung ausgehändigt werden. * BEWERBUNGSVERFAHREN/ ARBEITSVERTRÄGE … Einrichtungen sollten im Rahmen der Personalauswahl alle Möglichkeiten nutzen, übergriffigen Bewerbern/Bewerberinnen deutlich zu machen, dass die Einrichtung sich in einem kontinuierlichen Prozess intensiv mit der Problematik auseinandersetzt und größten Wert auf präventive Strukturen zum Schutz von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor Grenzverletzungen legt. … Arbeitsverträgen sollten Qualitätsstandards des Verbandes und der Einrichtung, Verfahrensregeln zum Umgang mit Übergriffen und strafrechtlich relevanten Formen der Gewalt und entsprechende Dienstanweisungen als Anlage hinzugefügt werden. … “ Die Expertise in vollem Textumfang erhalten Sie beim Deutschen Roten Kreuz – Generalsekretariat, Team Kinder- , Jugend- und Familienhilfe, Sorina Miers. Fon: 030 / 85 404-0 e-Mail: mierss@drk.de
http://www.drk.de
Quelle: Deutsche Rotes Kreuz, Generalsekretariat