Bilanz des Ausbildungspaktes

Nach dem Ende des Berufsberatungsjahres am 30. September 2011 und dem Start der Nachvermittlung geben die Partner des Ausbildungspaktes und die Bundesagentur für Arbeit eine positive Einschätzung zur Lage auf dem Ausbildungsmarkt ab.

Die Ausbildungschancen der Jugendlichen verbessern sich weiter. Die Zahl betrieblicher Ausbildungsangebote sei deutlich angestiegen, während die Zahl der Bewerber zurückgehe. Das steigende Ausbildungsplatzangebot und die sinkenden Bewerberzahlen haben dazu geführt, dass zum 30.9. erneut mehr unbesetzte Ausbildungsplätze (29.700) als unversorgte Bewerber (11.600) vorhanden sind. Der Überhang an Stellen (+18.100) hat sich gegenüber dem Vorjahr sogar deutlich um 10.800 vergrößert (Stellenüberhang 2010: +7.400).

Die Paktpartner sorgen sich um die Sicherstellung des notwendigen Fachkräftebedarfs. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) starteten die Informationsoffensive „Berufliche Bildung – Praktisch unschlagbar“. Ziel der Offensive ist es, die hohe Attraktivität der dualen Ausbildung und die vielfältigen Chancen beruflicher Weiterbildung einer breiteren Öffentlichkeit deutlich zu machen. Zu den Maßnahmen der Offensive gehört unter anderem die Einrichtung der Webseite www.praktisch-unschlagbar.de, mit der BMBF und BMWi die Vorteile der beruflichen Aus- und Weiterbildung unterstreichen und Jugendliche, Schulen, Eltern, Arbeitnehmer und Arbeitgeber informieren möchte. Weitere Elemente der Offensive sind eine bundesweite Plakat- und Anzeigenwerbung, Publikationen und Fachveranstaltungen zur beruflichen Bildung und die gezielte Nutzung sozialer Medien. Darüber hinaus werden Infomobile durch Deutschland fahren, um Interessierten direkt vor Ort Antworten auf ihre Fragen zum Thema berufliche Aus- und Weiterbildung zu geben. Die Informationsoffensive läuft bis 2013. Einen Höhepunkt wird die für den Sommer 2013.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schätzt die Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt anders als die Paktpartner ein. Von Entspannung könne keine Rede sein. Ingrid Sehrbrock, stellvertretende DGB-Vorsitzende, erklärte „Der Ausbildungsmarkt kommt aus einer tiefen Talsohle. In der Krise 2009 war die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um mehr als 50.000 eingebrochen. 2010 sank sie trotz eines robusten Aufschwungs nochmals um gut 4.000. In diesem Jahr scheint es, als hätten wir die Talsohle durchschritten und könnten mit einem Plus von 3,4 Prozent Verträgen uns wieder normalen Verhältnissen nähern. Das ist ein erfreulicher Trend. Betriebe müssen ihren Blick erweitern, wenn sie den Fachkräftebedarf von morgen decken wollen. Sie müssen mehr jungen Menschen mit Hauptschulabschluss und jungen Migranten und Migrantinnen eine Chance geben.

Glänzende Chancen für junge Menschen, wie sie der Ausbildungspakt gern präsentiert, sind noch immer eine Fata Morgana. Der Pakt zählt noch immer 65.200 Jugendliche als versorgt, die sich mit Bewerbungstrainings, Einstiegsqualifizierungen und Praktika über Wasser halten, aber trotzdem ihren Wunsch nach einem Ausbildungsplatz weiter aufrecht erhalten. So wird der Blick auf die Lage am Ausbildungsmarkt verstellt.“
Sehrbrock ist außerdem der Auffassung, viele Branchen, die lautstark über fehlende Auszubildende klagen, hätten schlechte Ausbildungsbedingungen. Der DGB weist auf die fatalen Folgen der „Rechentricks“ der Pakt-Partner hin. Während der Ausbildungspakt Jahr für Jahr eine entspannte Lage verkündet, ist gleichzeitig laut Statistischem Bundesamt die Zahl der jungen Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung im Alter von 20 bis 29 Jahren mittlerweile auf 1,5 Millionen angestiegen. Das sind immerhin rund 17 Prozent dieser Altersgruppe.“

Der Bildungspolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Gehring, hält zur Sicherung des Fachkräftebedarf eine Reform des dualen Systems für notwendig.

Bundesbildungsministerin Schavan ignoriere den dringenden Handlungsbedarf bei der Reform der Dualen Ausbildung. Die gezogene Bilanz der Partner des Ausbildungspaktes bestehe noch immer aus dem Aneinanderreihen von unverbundenen Einzelschritten. Auch wenn die Zahlen in diesem Jahr dank der guten Konjunktur besser klängen, so sei doch kein Konzept erkennbar, wie vor allem leistungsschwächeren Jugendlichen und Betrieben in strukturschwachen Regionen zukünftig die Ausbildung ermöglicht werden kann.

Erklärtes Ziel des Ausbildungspakts war es, 2011 die unübersichtlichen Maßnahmen des Übergangssystems zwischen Schule und Ausbildung zu bündeln. Statt endlich beherzt den Dschungel der Warteschleifen strukturell zu reformieren, setze die Bundesregierung weiter auf zahllose Einzelprogramme. “

Quelle: BMWI; BMBF; BA; DGB; BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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