Nach einer aktuellen Umfrage befürchtet mehr als jeder zweite Bundesbürger, seinen Job zu verlieren. Die Sorgen vieler Menschen um ihren Arbeitsplatz sind nachvollziehbar. Viele Menschen haben befristete Arbeitsverträge oder einen gekündigten Arbeitsvertrag und tatsächlich melden sich jeden Monat zahlreiche Menschen bei den Agenturen für Arbeit oder den Jobcentern arbeitslos.
Eine andere Frage ist, wie hoch das Risiko für Beschäftigte ist, tatsächlich arbeitslos zu werden, und ob sich dieses Risiko sich in der letzten Zeit erhöht hat. Darauf geben Daten aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Antwort:
Das größte Risiko, arbeitslos zu werden, haben jüngere Arbeitnehmer. Pro Monat werden 16 von 1.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dieser Altersgruppe arbeitslos. Während der Wirtschaftskrise waren es sogar 20. Hier zeigen sich vor allem Probleme beim Übergang von der Ausbildung in die erste Anstellung (so genannte zweite Schwelle), die häufig mit – meist – kurzer Arbeitslosigkeit einhergehen. Darüber hinaus dürfte auch die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Entlassungen eine Rolle spielen: Sie bietet Jüngeren, die erst kurz im Betrieb sind, den geringsten Schutz.
Wer allerdings arbeitslos ist, hat heute, verglichen mit den vergangenen zwei Jahren, schlechtere Chancen, einen Job zu finden, weil der Arbeitsmarkt weniger aufnahmefähig ist. Weil die Beschäftigung nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr wächst, gehen auch die Chancen zurück, aus Arbeitslosigkeit heraus zu finden. Aktuell können monatlich 67 von 1.000 Arbeitslosen die Arbeitslosigkeit durch eine Beschäftigung oder Ausbildung beenden.
Jüngere werden öfter arbeitslos, haben aber zugleich auch die größten Abgangschancen aus Arbeitslosigkeit. Derzeit nehmen monatlich 141 von 1.000 Arbeitslosen unter 25 Jahre eine Beschäftigung auf oder beginnen eine Ausbildung.
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ befasst sich ebenfalls mit der perspektivischen Entwicklung des Arbeitsmarktes. In einer Anhörung zeichneten Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), und der von der FDP benannte Sachverständige Karl-Heinz Paqué angesichts steigender Beschäftigtenzahlen und eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels für die Zukunft ein insgesamt optimistisches Bild. Der von der SPD in das Bundestagsgremium berufene Experte Dietmar Hexel vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) verwies hingegen auf die sich hartnäckig haltende Langzeiterwerbslosigkeit sowie auf die erst anlaufende Digitalisierung der Verwaltung und des Wissenssektors, wodurch in einem neuen Schub vor allem einfache Jobs in hohem Maße wegzufallen drohten.
Hexel betonte negative Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. So müssten inzwischen acht Millionen Erwerbstätige im Niedriglohnsektor arbeiten. Zeitarbeit könne zwar als Flexibilisierungsinstrument zum Austarieren von Auftragsschwankungen sinnvoll sein, erklärte der Gewerkschafter, doch sei es nicht hinzunehmen, dass Leihkräfte 30 Prozent weniger verdienten als Stammbelegschaften.
Aus Sicht der emeritierten Bremer Wirtschaftsprofessorin Adelheit Biesecker wird eine existenzsichernde Erwerbsarbeit im produzierenden Sektor immer knapper – eine Entwicklung, die durch die wachsende Dienstleistungsbranche nicht automatisch ausgeglichen werde. Auch als Folge der globalen Standortkonkurrenz nehme der Trend zur „Prekarisierung“ zu, inzwischen könnten viele selbst von einer Vollzeit-Beschäftigung nicht mehr leben. “
Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Pressedienst des Deutschen Bundestages