Gegen das Primat des Preises:
Qualität der Berufseinstiegsbegleitung nicht gefährden

Die Weiterführung der Berufseinstiegsbegleitung muss optimal ressourcen- und qualitätsorientiert die Förderung der Jugendlichen realisieren.
Auszüge aus dem Positionspapier „Gegen das Primat des Preises.“ des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit:
“ Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit begleitet die Umsetzung der Berufseinstiegsbegleitung seit dem Beginn der modellhaften Erprobung im Jahre 2009. Mit der Reform der Arbeitsmarktpolitischen Instrumente 2012 ist die flächendeckende Einführung dieser Begleitung – nach der Modellphase an 1.000 Schulen – vorgesehen, die zu realisieren jedoch auf erhebliche finanzierungstechnische Abstimmungsprobleme zwischen Bund und Ländern gestoßen ist und die auch die bestehenden Angebote betroffen hat. Erst im letzten Moment konnte eine (längere) Unterbrechung der bereits etablierten Maßnahmen abgewendet werden, die Ausschreibung der Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III für die existierenden Standorte ist für November 2012 geplant. Nur in zwei Bundesländern sind die Maßnahmen (wie ursprünglich geplant mit Kofinanzierung der Länder) bereits im Juni ausgeschrieben worden. Inzwischen liegen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen nun erste Erfahrungen mit der Vergabepraxis der Berufseinstiegsbegleitung vor, die besorgniserregend sind.

Die Berufseinstiegsbegleitung ist ein Instrument individueller persönlicher Unterstützung, das eingebettet ist in Kooperationsstrukturen zwischen Agentur für Arbeit, Schule, Betrieben, Eltern und verschiedenen Institutionen, unter anderem der Jugendhilfe. Die Qualität und mithin der Erfolg des Instrumentes hängen damit in einem hohen Maß von der Kontinuität der Kooperationsstrukturen und der beteiligten Akteure – insbesondere der Fachkräfte, also dem/der Berufseinstiegsbegleiter/-in – ab.

In den beiden o.g. Bundesländern wurde bei der Vergabe häufig auf diesen wichtigen Gesichtspunkt nicht angemessen Rücksicht genommen und die Vergabe erfolgte vor allem nach dem Kriterium des niedrigen Preises, während praxisrelevante, qualitative Aspekte geringere Priorität erfuhren.

Bedenklich ist, dass bewährte Träger als zu teuer gelten, selbst wenn sie bereits extrem niedrige Sachkosten ansetzen und lediglich mit dem Mindestlohn der Bildungsbranche kalkulieren – so erhalten auch Auftragnehmer den Zuschlag, die ## keine Erfahrung in der Berufseinstiegsbegleitung haben,
## in die lokalen und regionalen Netzwerke nicht eingebunden sind,
## zuerst viele Ressourcen in die Entwicklung der Zusammenarbeit investieren müssen, die den Jugendlichen verloren gehen,
## und mit Preisen kalkuliert haben, die eine angemessene Umsetzung nicht erwarten lassen.
Folgen dieser Vergabepraxis sind: ## In Jahren entwickelte, funktionsfähige Kooperationsstrukturen werden hinfällig, gestört oder zerstört.
## Zwei Träger bieten an einer Schule bis 2014 die gleiche Maßnahme an, was für Schüler/-innen und Lehrkräfte undurchschaubar und unverständlich ist und zu Desorientierung führt.
## Neue Träger nach § 49 SGB III werben vom bisherigen Auftragnehmer nach § 421s SGB III qualifiziertes Personal ab, das wiederum dort zu schlechteren Bedingungen und unangemessenen Löhnen beginnt, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und seine Beschäftigung zu sichern.

Blickt man in die Zukunft, so ist für das Jahr 2014 in allen Bundesländern außer Nordrhein-Westfalen und Sachsen mit einer erneuten Ausschreibung und Vergabe zu rechnen, die theoretisch dazu führen kann, dass sich die Bedingungen weiter verschlechtern und dann wiederum ein neuer, dritter Träger an eine Schule kommt. …

Damit wird ein sinnvolles und anerkanntes Angebot bei den Schulen, Jugendlichen und den Eltern diskreditiert. Sie können nicht mehr überschauen, wer für wie lange welche Begleitung sicherstellen kann. Diese Praxis der Vergabe ist ausgesprochen destruktiv.

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit fordert, die Weiterführung der Berufseinstiegsbegleitung so zu sichern, dass ## eine kontinuierliche pädagogische Arbeit sichergestellt wird,
## lokale und regionale Netzwerke erhalten bleiben,
## insgesamt eine nachhaltige Struktur im Sozialraum für die Begleitung von Jugendlichen im Übergang entwickelt werden kann,
## die vorhandenen Ressourcen optimal eingesetzt werden können
## und eine den Anforderungen angemessene Bezahlung für entsprechend qualifiziertes Personals möglich ist.
Aus Sicht des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit ist die Weiterführung der Berufseinstiegsbegleitung unbedingt so zu realisieren, dass sie der nachhaltigen Förderung und erfolgreichen Begleitung der Jugendlichen in eine Ausbildung dient. … “

www.jugendsozialarbeit.de/positionen
www.jugendsozialarbeit.de/media/raw/KV_Positionspapier_BerEb_Okt2.2012.pdf

Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

Dokumente: KV_Positionspapier_BerEb_Okt2.2012.pdf

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