Hartz IV-Sanktionen so hoch wie noch nie

Erstmals wurden von den Jobcentern innerhalb von 12 Monaten mehr als eine Million Sanktionen verhängt und statistisch erfasst. Nach den Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit wurden in den 12 Monaten von August 2011 bis Juli 2012 insgesamt 1,017 Millionen Sanktionen „neu festgestellt“ – 38,4 Prozent (282.145) mehr als im Jahr 2009. Der scheinbar unaufhaltsame Anstieg von Kürzungen des „menschenwürdigen Existenzminimums“ (Bundesverfassungsgericht) begann mit dem Amtsantritt von Ursula von der Leyen (CDU) als Bundesministerin für Arbeit und Soziales.

Seitdem stieg die Zahl der statistisch erfassten „neu festgestellten Sanktionen“ auf 829.375 im Jahr 2010, auf 912.185 im Jahr 2011 und auf 1.017.487 in den 12 Monaten von August 2011 bis Juli 2012. (Datenstand: 12. November 2012. Dabei gibt die Zahl der „neu festgestellten Sanktionen“ keinen Hinweis auf die Zahl der von den Sanktionen betroffenen Menschen.

Die vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) berechnete „Sanktionenquote“, das Verhältnis der im Verlauf von 12 Monaten „neu festgestellten Sanktionen“ (Fälle) zu den in den entsprechenden 12 Monaten durchschnittlich registrierten erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (Bestand), stieg im Bundesdurchschnitt von 15,0 Prozent (2009) auf 22,7 Prozent (August 2011 bis Juli 2012). In den einzelnen Ländern reicht die Sanktionenquote im Zeitraum August 2011 bis Juli 2012 von 17,4 Prozent Bremen (Land) bis 30,6 Prozent in Berlin, in den Großstädten (incl. Region Hannover) von 13,7 Prozent in München bis 33,0 Prozent in Leipzig.

in einem Bild-Interview zu Beginn ihrer Amtszeit äußerte Ministerin von der Leyen, dass die Sanktionsmöglichkeiten unterschiedlich konsequent angewandt würden. Sie werde darauf hinwirken, dass die Sanktionen, die sie haben, auch überall genutzt würden.

Gegen die Sanktionspraxis geht der Berliner Hartz-IV-Aktivist Ralph Boes vor. Mit der Schaffung eines Präzedenzfalls will er sich gegen das System der Sanktionen in Hartz-IV wehren. Er ist seit 1. Nov. im Hungerstreik getreten. Ziel der Aktion ist es, über eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe die Sanktionen als verfassungswidrig zu entlarven und damit schlussendlich zu stoppen. Dafür hat sich Boes selbst in die Schusslinie des Jobcenters gestellt. Weil er sich den Weisungen des Jobcenters widersetzte, wurde Boes nun mit einer 90-prozentigen Sanktion belegt. Das bedeutet, dass er nunmehr nur noch 37,40 statt 374,00 Euro monatlich zum Leben hat. Es ist allerdings so, dass die Sanktionierung bei Hartz IV noch weiter gesteigert werden kann. Denn eine Sanktion von 100 Prozent mit zusätzlichem Verlust von Krankenkasse und Wohnung sind ebenfalls noch möglich. “

www.biaj.de
www.grundrechte-brandbrief.de
www.buergerinitiative-grundeinkommen.de/aktuelles.htm

Quelle: BIAJ; Bürgerinitiative Grundeinkommen; Harald Thomé

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