Auszüge aus der Arbeitshilfe für Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte zu den Grundlagen der Erteilung einer Rechtsfolgebelehrung SGB II bei Übertragung der Ausbildungsvermittlung:
“ Ausgangssituation
Auf Grundlage von § 16 Abs. 4 SGB II i. V. m. § 22 Abs. 4 SGB III können alle gemeinsamen Einrichtungen und zugelassenen kommunalen Träger die Agenturen für Arbeit mittels Verwaltungsvereinbarung mit der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe „Ausbildungsvermittlung“ beauftragen.
Mit der Übertragung der Ausbildungsvermittlung geht auf die Agenturen für Arbeit auch die Aufgabe über,
## den Jugendlichen die möglichen leistungsrechtlichen Folgen bei einer (sanktionierten) Pflichtverletzung zu erläutern,
## bei einer Einladung zu einem Termin bei der Berufsberatung (auf Veranlassung der Beratungsfachkraft oder des persönlichen Ansprechpartners) und auch bei Unterbreitung eines Vermittlungsvorschlages die individuelle und korrekte Rechtsfolgenbelehrung auszuwählen.
Die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte sollen bei Übertragung der Ausbildungsvermittlung auch in der Lage sein, auf häufig gestellte Fragen zu den Pflichten und Rechtsfolgen der jugendlichen eLb die richtigen Antworten geben zu können. …
Pflichtverletzungen und Sanktionen
Die mit der Beratungs-/Vermittlungsfachkraft getroffenen Vereinbarungen, z.B. bzgl. der Eigenbemühungen oder der Bewerbung auf Ausbildungsstellen, erlangen für die bzw. den eLb Verbindlichkeit, wenn diese in der (mit dem pAp geschlossenen) EinV festgeschrieben wurden.
Sanktionen treten ein, wenn die eLb ihren Pflichten trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis nicht nachkommen, also bewusst eine Pflichtverletzung begehen. Die eLb sind daher über die möglichen Rechtsfolgen individuell zu informieren (Belehrung). Die Belehrung ist in VerBIS zu dokumentieren.
Die Vermittlungsvorschläge (VV) und Einladungen zu einem Termin (im Rahmen der Ausbildungsvermittlung auf Veranlassung der Beratungsfachkraft oder des pAp) sind mit einer individuellen und konkreten RFB zu versehen.
Sofern eLb einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen können, treten keine Sanktionen ein.
Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II
Zu den Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II zählen beispielsweise
## die Weigerung, eine zumutbare Ausbildung aufzunehmen.
Zumutbarkeit von Ausbildungsstellenangeboten (§ 10 SGB II)
Zumutbar ist
## jeder VV zu den abgestimmten Alternativberufen (Stellengesuch vom Typ Ausbildung).
## die Grundsätze der Berufsberatung (Berücksichtigung von Neigung, Eignung, Leistungsfähigkeit) gem.§ 16 Abs.1 SGB II i. V. m. § 31 Abs.1 SGB III sind auch bei erwerbsfähigen leistungsberechtigten Jugendlichen zu beachten,
## sonstige wichtige Gründe (z. B. Besuch einer weiterführenden allgemein bildenden Schule, Aufnahme eines Freiwilligen Dienstes) sind anzuerkennen.
Grundsätzlich ist ein strenger Maßstab bei der Beurteilung des wichtigen Grundes anzulegen (da Bezug von steuerfinanzierten Leistungen).
Der Stand der persönlichen Entwicklung der bzw. des jugendlichen eLb ist zu berücksichtigen, ebenso wie die persönlichen Lebensumstände (z. B. ein problematisches Elternhaus, eigene Kinder, Migrationshintergrund).
Es gilt der gesetzliche Grundsatz, dass die betroffenen Personen alle Möglichkeiten nutzen müssen, die geeignet sind, ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern (§ 2 SGB II).
Beispiele für die Anerkennung eines wichtigen Grundes :
Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn:
## die bzw. der eLb eine weiterführende Schule besuchen möchte und dies aufgrund der bisherigen schulischen Leistungen realistisch erscheint. Ggf. kann zur Absicherung der berufspsychologische Service eingeschaltet werden.
## ein jugendlicher eLb, der Angehöriger des Islam (Muslim) ist und Verkäufer werden möchte, aber die Ausbildung in der Fleischereiabteilung eines Supermarktes ablehnt.
## sich eine eLb nicht auf ein Ausbildungsstellenangebot bewirbt, da sie sonst morgens um 5.30 Uhr durch ein Waldstück zur Bushaltestelle laufen müsste.
## ein eLb einen Beratungstermin absagt, da dieser am Nachmittag vor einem Mathematiktest liegt.
## Eine eLb bewirbt sich nicht, da sie zunächst auf das Ergebnis ihrer letzten Bewerbung warten möchte.
Sanktionen bei Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II
Bei eLb unter 25 Jahren werden Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II wie folgt sanktioniert:
## Bei einer weiteren Pflichtverletzung innerhalb der Jahresfrist (seit Beginn des letzten Minderungszeitraumes) werden auch die KdU-Zahlungen eingestellt.
## Bedarfe für Unterkunft und Heizung können erbracht werden, wenn sich die bzw. der eLb nachträglich bereit erklärt, ihren bzw. seinen Pflichten nachzukommen (§ 31a Abs.2 S. 4 SGB II).
## Gem. § 31a Abs.3 SGB II können ergänzende Sachleistungen/geldwerte Leistungen auf Antrag gewährt werden.
## Die Minderung des Alg II erfolgt i. d. R. für einen Zeitraum von 3 Monaten.
## Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls kann die Dauer der Alg II-Minderung auf 6 Wochen verkürzt werden.
## …
## Der pAp entscheidet bereits mit der Feststellung der Sanktion, ob eine Verkürzung der Dauer auf 6 Wochen möglich ist …
## Die Verkürzungsmöglichkeit der Sanktionsdauer auf sechs Wochen sollte möglichst umfassend ausgeschöpft werden … . Gerade bei Jugendlichen kann sich relativ schnell ein Umstand ergeben, der eine Verkürzung rechtfertigt, großzügige Auslegung ist angezeigt, wenn bisher keine Vorfälle dokumentiert sind.
Die Arbeitshilfe in vollem Umfang – mit Fallbeispielen – entnehmen Sie bitte dem Anhang.
www.arbeitsagentur.de/nn_165870/zentraler-Content/HEGA-Internet/A04-Vermittlung/Dokument/HEGA-11-2012-VA-Uebertragung-der-Ausbildungsvermittlung.html
Quelle: Harald Thomé; BA
Dokumente: HEGA_11_2012_VA_Uebertragung_der_Ausbildungsvermittlung_Anlage_1.pdf