Was sind die Chancen und wo liegen die Herausforderungen der digitalen Vernetzung von Jugendlichen? Diese Frage greift die interdisziplinäre Tagung Tagung „Vernetzt_öffentlich_aktiv. Mobile Medien in der Lebenswelt von Jugendlichen“ in München des JFF-Instituts für Medienpädagogik auf.
Mobile Jugendmedien: Vom Radio zu WhatsApp und Co.
Wer mit Jugendlichen arbeitet, muss ihre Kulturtechniken lernen. Weshalb Dr. Matthias Thiele, Medienwissenschaftler an der TU Dortmund, in seiner Einführung die Frage aufwarf, wie neu das Phänomen der mobilen Jugendkultur ist. Und ob sie nicht schon seit langem eine technische Kultur ist. Schließlich, so Thiele, nutzten selbst die naturbewegte Wandervogel-Bewegung der vorletzten Jahrhundertwende die Technik ihrer Zeit – ohne Eisenbahn keine Fahrt ins Grüne.
„Der Blick auf das Alte vermag zu klären, was das Neue überhaupt ist“, sagte Thiele. Und deckte auf, wie sich in der Mediennutzung bestimmte Grundbedingungen immer wieder neu miteinander verschränken.
In Ergänzung zu diesem kulturhistorischen Blick klärte Professor Nicola Döring von der TU Ilmenau, wo die Jugendlichen heute stehen. Und dass der Begriff der mobilen Medien eigentlich ein falscher ist: „Sie sind vielmehr portabel.“ Das mache eine „öffentliche Inszenierung“ möglich, bei der mitunter der Anschein trügt: „Der Großteil der portablen Kommunikation findet zu Hause statt“, weiß Döring. Daheim, im Jugendzimmer oder abends unter der Bettdecke, betreten junge Menschen die virtuellen Räume, in die ihre Eltern ihnen nicht folgen können. Textkommunikation spielt dabei eine große Rolle. „82 Prozent der Jugendlichen tippen in erster Linie.“ Befördert solche Netzkommunikation den Verlust von realen Beziehungen? Diesem Vorurteil trat die Psychologin vehement entgegen. Freundschaften zu pflegen und auszubauen, das habe mit Sozialkompetenz zu tun. „Wer im realen Leben viele Freunde hat, der zeigt das auch auf sozialen Plattformen.“
Ohne Hilfestellung geht es nicht
Erobern Jugendliche mediatisierte Räume oder erobern mediale Räume die Jugendlichen? Professorin Nadia Kutscher von der Universität Vechta die auch den Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung mit verantwortet, steht dem Umgang mit Smartphones kritisch gegenüber. Mobilgeräte seien auch „soziale Leibwächter“, warnte Kutscher, sie förderten Praktiken der Selbstunterwerfung und Normierung. „Jugendliche bei der Suche nach Autonomie zu unterstützen, das sehe ich als eine Aufgabe der Medienpädagogik.“
Auch beim Datenschutz benötigen Jugendliche solche Unterstützung, erinnerte Miriam Meder vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht: Wie sicher Apps auf dem Smartphone wirklich sind, hat die Juristin mit ihren Kollegen gerade erst überprüft. Das Ergebnis kann weder die minderjährigen Nutzer noch ihre Eltern oder Pädagogen beruhigen. So seien bei Apps oft nicht einmal die Datenschutzerklärungen ausreichend, rügte die bayerische Datenschützerin. „Nur 25 Prozent der geprüften Inhalte hatten das nötige Maß an Transparenz.“
Daniel Seitz von der Agentur Mediale Pfade stellte ein Positivbeispiel für den sinnvollen Umgang mit portablen Medien vor. Der Medienpädagoge hat gerade die „Berufsrouten Leipzig“ umgesetzt, ein Projekt, für das Jugendliche in der Orientierungsphase Beiträge über Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten produzieren. Mit Smartphone und Tablet zogen die jungen Erwachsenen los und erarbeiteten sich ein neues Bild ihrer Stadt. Ein spielerischer Ansatz, der die Berufswahl in Lebenswelt der Jugendlichen holt.
In Zusammenarbeit mit der virtuellen Hochschule LMM wurde die Tagung in Bild und Ton dokumentiert. Eine schriftliche Dokumentation aller Vorträge erscheint im Jahr 2014 als Buch-Publikation.“
www.jff.de/jff/aktivitaeten/forschung/artikel/art/alle-details-zur-9-interdisziplinaeren-tagung-vernetzt-oeffentlich-aktiv-in-der-blm/
Quelle: JFF-Institut für Medienpädagogik