Die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkundigt sich in einer Kleinen Anfrage nach der Umsetzung der Jugendgarantie in Deutschland. Am 22. April 2013 verabschiedete der Rat der Europäischen Union die Empfehlung zur Einführung einer Jugendgarantie. Dieses Papier wurde als Reaktion auf die teilweise dramatisch gestiegenen Jugendarbeitslosigkeitsquoten in einigen Mitgliedstaaten verabschiedet. Dabei sind unterschiedliche Ausgangslagen zu berücksichtigen: Arbeitslosigkeit trotz guter Qualifikation einerseits und Perspektivlosigkeit nach Verlassen der Schule andererseits. Während erstere die Suche nach qualifizierten Beschäftigungsmöglichkeiten meint, geht es beim Zweiten um eine Qualifizierungsmöglichkeit, d. h. vorrangig um einen Studienplatz oder um eine berufliche Ausbildung, nachrangig um ein Praktikum. Am 8. April 2014 legte die Bundesregierung den nationalen Implementierungsplan zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie in Deutschland vor. Am 8. und 28. April 2014 führte die Europäische Kommission Konferenzen zur Umsetzung der Jugendgarantie bzw. zu den Beschäftigungsbedingungen in der EU durch. Für Juli 2014 ist eine weitere Konferenz zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in Turin geplant, bei der auch die Umsetzung der Jugendgarantie im Fokus stehen wird. Die Bundesregierung betont in ihrer Antwort, dass die Voraussetzungen in Deutschland zur Umsetzung der Garantie bereits weitgehend erfüllt seien.
Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung zur Jugendgarantie in Europa und Deutschland:
„(…) Frage: Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung in ihrem nationalen Implementierungsplan zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie in Deutschland davon spricht, die Empfehlungen der Jugendgarantie seien in Deutschland „bereits weitgehend erfüllt“, welche Aspekte der Jugendgarantie sieht die Bundesregierung in Deutschland als bisher nicht erfüllt an? Welche konkreten Schritte will die Bundesregierung unternehmen, um die entsprechenden Probleme zu beheben?
Antwort: Die Empfehlungen der EU-Jugendgarantie werden in Deutschland bereits weitgehend erfüllt. Es geht nun darum, den bereits bestehenden Trend einer sinkenden Jugendarbeitslosigkeit weiter zu stärken. Das Ziel ist, die Anwendung des bestehenden arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums, aber auch präventiver Hilfen im schulischen Umfeld und beim Übergang von der Schule in die Ausbildung sowie von der Ausbildung in eine berufliche Tätigkeit noch passgenauer zu gestalten, um eine möglichst große Anzahl junger Menschen mit den Angeboten zu erreichen und die jungen Menschen im Integrationsprozess zum Beispiel mit nachbetreuenden Angeboten nicht zu verlieren, sondern sie erfolgreich zum Berufsabschluss und in Arbeit zu führen. Dabei ist auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Trägern ein wichtiges Thema. Die konkreten Schritte zur Erreichung dieses Ziels ergeben sich aus dem nationalen Implementierungsplan.
Frage: Inwiefern sieht die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vorgesehene Ziel einer Ausbildungsgarantie als Beitrag zur Jugendgarantie in Deutschland an? Wie müsste aus Sicht der Bundesregierung eine solche Garantie ausgestaltet sein, um – wie in der Jugendgarantie vorgesehen – allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabhängig von ihrem bisherigen Bildungsstand eine hochwertige Arbeitsstelle, eine weiterführende Ausbildung oder einen hochwertigen Praktikums- bzw. Ausbildungsplatz zu garantieren?
Antwort: Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wird im Augenblick geprüft, wie der „Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ (Ausbildungspakt) zu einer „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ weiterentwickelt werden kann. Alle relevanten Akteure (bisherige Paktpartner und Gewerkschaften) befinden sich zur Zeit im Diskussionsprozess zum Konzept, zu möglichen Zielen und Inhalten einer „Allianz für Aus- und Weiterbildung“. Dieser schließt auch die Thematik „Ausbildungsgarantie“ ein.
Frage: Inwiefern hält die Bundesregierung Maßnahmen im Übergangssektor zwischen Schule und Ausbildung, in denen sich Jugendliche und junge Erwachsene teils mehrere Jahre in Warteschleifen befinden, für geeignet, um dem Anspruch der Jugendgarantie gerecht zu werden, dass Schulungsangebote im Sinne der Jugendgarantie zu einer anerkannten Berufsqualifikation führen sollen?
Antwort: Die EU-Jugendgarantie umfasst das Angebot einer hochwertigen Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder eines hochwertigen Ausbildungs- bzw. Praktikumsplatzes. Ein Angebot einer weiterführenden Ausbildung kann nach Nummer 5 der Begründungserwägung des Rates der Europäischen Union auch qualitativ hochwertige Schulungsprogramme umfassen, die zu einer anerkannten Berufsqualifikation führen.
Im Übergangsbereich zwischen Schule und Berufsausbildung besteht für junge Menschen eine Vielzahl von Angeboten. Neben Einstiegsqualifizierungen und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, die aus Sicht der Bundesregierung hochwertige Angebote darstellen, handelt es sich etwa um unterschiedliche Bildungsgänge an Berufsfachschulen, die in der Zuständigkeit der Länder liegen. Die Länder unternehmen Anstrengungen, den Übergangsbereich neu zu strukturieren und abschlussbezogen auszurichten.
Frage: Aus welchen Gründen hält es die Bundesregierung angesichts der bisherigen Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa für gerechtfertigt, das Programm MobiPro-EU (…) ab dem Jahr 2015 auf maximal 2 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer jährlich zu begrenzen?
Frage: Wie ist in diesem Zusammenhang die Äußerung eines Sprechers des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu verstehen, die weitere Planung von MobiPro-EU orientiere sich „vorrangig nicht an einem Bedarf bezüglich der ausbildungsinteressierten Menschen“, sondern „an den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln“ (…), und umfasst dieses Statement auch die Haltung der Bundesregierung zur Jugendgarantie?
Antwort: Im Rahmen der Neuausrichtung des Sonderprogramms wird die Förderung ab dem Jahr 2015 auf das Segment Ausbildung konzentriert. Die zur Verfügung stehenden Mittel ergeben sich aus den Eckwerten zum Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2015 und des Finanzplans 2014 bis 2018. Auf dieser Grundlage und nach den bisherigen Erfahrungen zu den Kosten pro Auszubildenden über die gesamte Förderkette sowie den bereits bestehenden Mittelbindungen ergeben sich geschätzt Fördermöglichkeiten von etwa 2.000 Neueintritten in Berufsausbildung pro Ausbildungsjahr. Sollte sich erweisen, dass innerhalb dieser Rahmenbedingungen mehr Teilnehmer in die Förderung aufgenommen werden können, kann sich die Anzahl der Förderfälle erhöhen.
Das Sonderprogramm MobiPro-EU ist aber gezielt als ressorteigenes Pilotprogramm ausgelegt und kein Regelinstrument der Arbeitsförderung. Es begründet daher keinen Rechtsanspruch auf Förderung, sondern fördert in dem gegebenen finanziellen wie zeitlichen Rahmen. Diesen Rahmen hat die Bundesregierung aufgrund des sehr großen Interesses finanziell von ursprünglich 139 auf 560,1 Mio. Euro (gemäß der Empfehlung des Haushaltsausschusses und vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages) erhöht und die Laufzeit von 2016 auf 2018 verlängert. Das Programm ist damit ein Beitrag der Bundesregierung zur Förderung von jungen Menschen in Europa, die in Deutschland eine geförderte betriebliche Berufsausbildung absolvieren möchten und darüber hinaus ein in die Zukunft gerichteter Impuls. MobiPro-EU soll als Pilotprogramm Erkenntnisse vermitteln für mögliche neue Wege und Förderansätze der grenzüberschreitenden Arbeitsmobilität innerhalb der Europäischen Union und insbesondere den Blick von Unternehmen in Deutschland auf Beschäftigte im EU-Ausland lenken. Laut einer Studie der OECD und des DIHK wird diese Option von den allermeisten Unternehmen bisher nicht in Betracht gezogen. Darüber hinaus ist MobiPro-EU ein Zeichen der Solidarität Deutschlands mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union, die durch die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise von Jugendarbeitslosigkeit besonders hart betroffen sind, indem es jungen Menschen aus anderen EU-Mitgliedstaaten neue geförderte Ausbildungs- und Beschäftigungschancen eröffnet.
Das Sonderprogramm MobiPro-EU ist durch die Förderung internationaler Mobilität auch ein Beitrag zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie in Deutschland. (…)“
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages