Auszüge aus den wichtigsten Erkenntnissen des nationalen Bildungsberichts:
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## Der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung steigt in den jüngeren Altersgruppen weiter an: Von den unter 6-Jährigen hat gut ein Drittel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Insbesondere in Westdeutschland haben in dieser Altersgruppe einige Länder Anteile von mehr als 40% zu verzeichnen. Dies führt in einzelnen Bildungsinstitutionen, wie z.B. in Kindertageseinrichtungen, zu sich verstärkenden Segregationstendenzen.
## Der Anteil der Kinder, die in einer Risikolage aufwachsen, verringert sich leicht, bleibt aber immer noch bei annähernd 30%: Während es 2005 noch 32,4% der Kinder waren, die in mindestens einer Risikolage – erwerbsloses, armutsgefährdetes oder bildungsfernes Elternhaus – aufwuchsen, ist der Anteil bis 2012 auf 29,1% gesunken, der Anteil an Kindern aus Elternhäusern mit allen drei Risikolagen von 4,0% auf 3,4%. Auffällig bleiben die großen Unterschiede zwischen den Ländern; insbesondere in den Stadtstaaten und einigen ostdeutschen Ländern kumulieren die Probleme. (…)
## Trotz leichter Verbesserung bleibt weiterhin eine starke soziale Ungleichheit bei der Bildungsbeteiligung bestehen; besonders prekär ist die Bildungssituation von Personen mit Migrationshintergrund: Schülerinnen und Schüler mit einem niedrigen sozioökonomischen Status besuchen weiterhin erheblich seltener das Gymnasium als diejenigen mit hohem sozioökonomischen Status. Die Ausbildungsperspektiven für bildungsbenachteiligte Jugendliche bleiben weiterhin prekär. Auch 2013 mündet noch über eine viertel Million ausbildungsinteressierter Jugendlicher in das Übergangssystem ein. Nach wie vor sind dies vor allem Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss in den westdeutschen Flächenländern sowie ausländische Jugendliche. (…)
## Hohe Wechsel- und Abbrecherzahlen im Schulbereich, in der dualen Ausbildung und in der Hochschule stellen nach wie vor eine besondere Aufgabe (…) dar: Trotz schulstruktureller Veränderungen hin zu Schularten, die unter einem Dach mehr als einen Bildungsgang anbieten und damit den Schülerinnen und Schülern mehrere Abschlussoptionen eröffnen, gibt es weiter Schulartwechsel in erheblichem Umfang. (…) In der dualen Berufsausbildung besteht eine durchschnittliche Vertragsauflösungsquote von 22%, diese verteilt sich sehr unterschiedlich auf Ausbildungsbereiche und Berufe. Sie unterscheidet sich auch nach schulischem Vorbildungsniveau: Auszubildende mit maximal Hauptschulabschluss haben eine mehr als doppelt so hohe Vertragsauflösungsquote (31%) wie diejenigen mit einer Studienberechtigung (12,5%). (…)
## Die personelle Ausstattung der Bildungseinrichtungen bleibt besonders wegen des hohen Durchschnittsalters des jetzt beschäftigten Personals eine große Herausforderung: 2012 sind 37% der im Bildungsbereich pädagogisch bzw. wissenschaftlich Tätigen 50 Jahre und älter, im Schulbereich sogar 48% Somit besteht weiterhin ein großer (Ersatz-)Bedarf an pädagogischem Personal. (…)
## Die Einmündung in Beschäftigung gelingt nach wie vor gut, sowohl im Anschluss an eine duale Ausbildung als auch nach einem Studium; die nach wie vor bestehende Jugendarbeitslosigkeit bleibt eine Herausforderung: Die Übernahmequoten bei den Ausbildungsbetrieben sind in den letzten Jahren gestiegen – vor allem in Ostdeutschland. Gleichzeitig ist die Jugendarbeitslosigkeit gesunken, bleibt aber deutlich über der allgemeinen Arbeitslosigkeitsquote. Die Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen gelingt in Staaten mit dualen Ausbildungssystemen (wie in Deutschland) deutlich besser als in anderen Staaten, wobei die wirtschaftliche Leistungskraft der Staaten eine wichtige Rolle spielt. (…)
## Immer mehr Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen besuchen gemeinsam Kindertageseinrichtungen und Schulen; der Anteil nimmt aber mit zunehmendem Alter deutlich ab: (…) Im Sekundarbereich I sind es nur noch ungefähr 23%. Es zeigt sich, dass sich mit jeder Bildungsstufe der Anteil der gemeinsam betreuten und unterrichteten Kinder bzw. Jugendlichen deutlich verringert.
## Bei rund 493.000 Schülerinnen und Schülern wurde in Deutschland ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Schulbereich festgestellt: Die Quote ist dabei, bedingt durch demografische Veränderungen, auf nunmehr 6,6% der Gesamtschülerschaft gestiegen; dabei schwankt sie im Ländervergleich erheblich, zwischen 4,9% und 10,5%. Von allen Schulanfängerinnen und -anfängern werden 3,3% direkt in Förderschulen eingeschult. Noch immer stellen Schülerinnen und Schüler mit einem Förderbedarf im Bereich „Lernen“ mit 40% die größte Gruppe dar, wenngleich sich in den letzten Jahren deutliche Verschiebungen zwischen den Förderschwerpunkten ergeben haben. Auch im Rahmen der beruflichen Ersteingliederung werden mit 57% am häufigsten Personen mit einer Lernbehinderung gefördert.
## Allgemeine Bildungsabschlüsse sind für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf teilweise nur eingeschränkt erreichbar: Bundesweit haben fast drei Viertel derjenigen, die eine Förderschule verlassen, keinen allgemeinbildenden Schulabschluss erworben, sondern lediglich einen spezifischen Abschluss der Förderschule; (…)
## Innerhalb der beruflichen Ausbildung bestehen eigene Ausbildungsgänge für Menschen mit Behinderungen; deren Einbeziehung in Regelausbildungen tritt demgegenüber zurück: Rund 10.000 Jugendliche münden in die entsprechenden, gesonderten Ausbildungsgänge ein; dabei verfügen 57% über einen Hauptschulabschluss, 40% haben die Ausbildung ohne einen solchen aufgenommen. Auffällig ist die hohe Quote der Ausbildungsabbrecher. (…)
## Ressourcen stehen gegenwärtig aus unterschiedlichen Bereichen zur Verfügung, es fehlt ein abgestimmtes Konzept ihrer Nutzung:
Beim Zusammenspiel von Sozial- und Bildungssystem bei Maßnahmen der Bildung und Förderung von Menschen mit Behinderungen wirkt sich die Unterschiedlichkeit der Zuständigkeiten und inhaltlichen Ansätze belastend aus. Das betrifft besonders die Bewilligung und Zuordnung von Ressourcen. Personenbezogene Zuweisungen und solche systemischer Art bedürfen einer eindeutigen Abstimmung.
(…) Auch vor dem Hintergrund der demografischen Perspektive gewinnen aus Sicht der Autorengruppe zunehmend qualitative Aspekte der Gestaltung von Bildungsinstitutionen und Bildungsprozessen an Bedeutung. Diese lassen sich als Herausforderungen für die Politik beispielhaft an fünf vordringlichen Handlungsfeldern verdeutlichen:
## Als drittes Handlungsfeld bleibt der Übergang von den allgemeinbildenden Schulen in die Berufsausbildung aktuell. Wenn trotz demografisch bedingter Rückläufigkeit der Ausbildungsnachfrage und einer relativen Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt immer noch über eine viertel Million Jugendliche nach dem Schulabschluss zunächst in einer der vielen Maßnahmen des Übergangssystems einmündet, gilt es, verstärkt die Frage nach der inhaltlichen Systematisierung und zugleich der politischen Koordinierung des Übergangssystems zu stellen. Ihre Beantwortung erfordert institutionenübergreifende Gestaltungskonzepte, die Institutionen des Bildungswesens (allgemeinbildende und berufliche Schulen) und solche des Sozialsystems (Jugendhilfe) sowie des Arbeitsmarktes (Betriebe, Arbeitsverwaltung) mit ihren je eigenen Leitbildern einbinden können. (…)
## Die Probleme übergreifender Bildungskonzeptionen kumulieren im fünften Handlungsfeld, der Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf allen Stufen und in allen Bereichen des Bildungssystems. Neben den in diesem Bericht beschriebenen institutionellen Fragen der Ausgestaltung von Bildung für Menschen mit Behinderungen dürfen bei der anstehenden Entwicklung Fragen der Qualität der Bildungsangebote nicht aus dem Blick geraten. Es bedarf zur Lösung dieser Herausforderungen nach der Auffassung der Autorengruppe auch deshalb übergreifender Konzepte, weil institutionelle Veränderungen in einem Bildungsbereich nicht-intendierte Folgewirkungen in anderen nach sich ziehen können. Hier stellt sich für die Politik die Aufgabe, wie die notwendigen Abstimmungsprozesse zwischen verschiedenen Bildungsebenen und -akteuren organisiert werden können. Wichtig erscheint dabei, dass Bund und Länder sich auf konsensfähige, operationalisierbare Ziele verständigen, die es mittelfristig gestatten, zumindest die genannten Handlungsfelder produktiver als in der Vergangenheit zu bearbeiten.
Quelle: BMBF