Jugendliche Migranten werden benachteiligt

VORBEHALTE SPIELEN BEI EINSTELLUNG VON AZUBIS EIN ROLLE Anteil von Auszubildenden mit Migrationshintergrund ist rückläufig “ Durch die allgemeine Verbesserung der Beschäftigungslage in der jüngeren Vergangenheit hat sich auch die Situation auf dem Lehrstellenmarkt etwas entspannt. Von den erreichten Erfolgen konnten Menschen mit Migrationshintergrund bislang allerdings nicht in gleichem Maße profitieren wie Personen ohne Migrationshintergrund. In einer aktuellen Publikation zur beruflichen Integration von jungen Migranten weist die für Rheinland-Pfalz und das Saarland zuständige Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit auf eine alarmierende Entwicklung hin. Während Mitte der neunziger Jahre noch beinahe 4300 ausländische Jugendliche ausgebildet wurden, ist deren Anzahl 2006 um über ein Drittel auf 2900 gesunken. Bezogen auf das Bundesgebiet war 2005 der Anteil ausländischer Auszubildenden an allen ausländischen Jugendlichen mit 37,7 Prozent weniger als halb so groß wie die Ausbildungsbeteiligungsquote der deutschen Jugendlichen. Für die schlechteren Chancen von ausländischen Jugendlichen auf eine berufliche Erstausbildung macht die Regionaldirektion ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren verantwortlich: ein insgesamt unterdurchschnittliches schulisches Qualifikationsniveau, ein in der Vergangenheit erfolgter Rückgang an Ausbildungsplätzen, durch den sich für jugendliche Migranten die Wettbewerbsposition um freie Lehrstellen noch zusätzlich verschärft, zumal ihnen angesichts niedrigerer Bildungsabschlüsse weniger Ausweichalternativen offen stehen, unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache bei einem Teil der Jugendlichen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, eine geringere Einbindung der Eltern, Freunde oder Bekannte in informelle Beziehungsnetzwerke, über die viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze vermittelt werden, benachteiligende betriebliche Auswahlprozesse, bei denen ausländische Jugendliche trotz vergleichbarer Schulabschlüsse größere Schwierigkeiten bei der Ausbildungsplatzsuche haben und gleichzeitig interkulturelle Potenziale als Auswahlkriterium unterschätzt werden. Der zuletzt genannte Faktor, das Rekrutierungsverhalten der Arbeitgeber, kommt eher selten in den Blick. Im Berufsbildungsbericht 2008 der Bundesregierung werden hierzu Ergebnisse einer Bewerberbefragung des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BIBB) aus dem Jahr 2006 angeführt. Danach haben Migranten und Nicht-Migranten mit einem Hauptschulabschluss noch nahezu gleiche Chancen, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu finden. Höhere schulische Qualifikationen ließen zwar grundsätzlich die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf dem Ausbildungsmarkt steigen, aber nicht in gleichem Maße wie bei einheimischen Jugendlichen. Vielmehr hätten Migranten in der Gruppe der Realschulabsolvent/innen und der Bewerber/innen mit Abitur erheblich geringere Erfolgsaussichten als die Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund. Dies zeige, dass der Migrationshintergrund unabhängig von der schulischen Qualifikation die Chancen auf eine Einmündung in eine betriebliche Ausbildungsstelle verschlechtert. Auch der OECD-Beschäftigungsausblick 2008 weist auf die starke Divergenz der Beschäftigungsquote von jungen Menschen mit Migrationshintergrund und der vergleichbaren Gruppe ohne Migrationshintergrund hin, der „nur knapp zur Hälfte mit Unterschieden im Bildungsniveau zu erklären“ sei, während „ein weiterer bedeutender Faktor“ die „Diskriminierung am Arbeitsmarkt sein“ dürfte.Damit ist nicht gesagt, dass es sich hierbei um eine bewusste Diskriminierung handeln muss. Aus der sozialpsychologischen Forschung sind eine Reihe von unbewussten Beurteilungsmechanismen bei der Personalauswahl bekannt, von denen einige gerade den Erfolg von jugendlichen Migranten schmälern können. Negative Vorinformationen über die Gruppe, zu der der Bewerber gehört, beeinflussen das Urteil über das Individuum. Zudem neigen Menschen dazu, andere zu bevorzugen, die ihnen selbst ähnlich sind, sei es bezüglich des Alters, des Bildungsstandes oder des kulturellen Hintergrundes. Ist die Hürde einer Einladung zum Vorstellungsgespräch genommen, verfestigt sich nicht selten aufgrund eines einzigen Merkmals – z.B. kleinen Fehlern im Gebrauch der deutschen Sprache – ein negativer Gesamteindruck, ohne dass eine differenzierte Beurteilung der Kompetenzen und Fähigkeiten stattfindet. In ihrer Veröffentlichung weist die Regionaldirektion zurecht darauf hin, dass die berufliche Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht nur ein zentraler Faktor für gesellschaftliche Teilhabe und soziale Stabilität sei, sondern auch die Wirtschaft vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen ein Interesse daran haben müsse, deren Potenzial besser zu nutzen, um den drohenden Fachkräftemangel zu verhindern. Immerhin gebe es bereits „auch Betriebe, die gemerkt hätten, dass die Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Migrationshintergrund zu einem Wettbewerbsvorsprung führen können“. Explizit werden in einem Presse-Info der Regionaldirektion „Dienstleister wie Ärzte oder Rechtsanwälte“ genannt, die sich dadurch Zugang zu Klientengruppen sichern könnten, die sonst nur schwer zu erreichen wären. “

http://www.vielfalt-als-chance.de
http://www.bmbf.de
http://www.oecd.org
http://www.arbeitsagentur.de

Quelle: Newsletter Vielfalt bewegt September 2008

Dokumente: Impulse_2_2008.pdf

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