Neuorganisation der ARGEn – Wie geht’s weiter nach der gescheiterten Reform?

ALLES AUS EINER HAND RÜCKT IN WEITE FERNE “ Am Dienstag (17.03.09) hatte die Unionsfraktion im Bundestag den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und der Ministerpräsidenten Rüttgers und Beck abgelehnt: Der Vorschlag sah vor, mittels einer Grundgesetzänderung die gemeinsame Betreuung von ALG II-Empfängern durch Kommunen und Arbeitsagenturen zu sichern. Die bisherige Mischverwaltung hatte das Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig beanstandet und bis Ende 2010 eine Neuregelung gefordert. Nach dem Scheitern des Gesetzes wird befürchtet, dies könnte zu Lasten der Leistungsempfänger gehen. Der Deutsche Städtetag kritisiert das Scheitern der Jobcenter-Reform als Armutszeugnis der großen Koalition. Aus Sicht der Städte habe es mit dem Vorschlag des Bundesarbeitsministers und der Ministerpräsidenten, selbständige Anstalten als „Zentrum für Arbeit und Grundsicherung“ (ZAG) einzurichten, eine Basis gegeben, die eine Lösung ermöglicht hätte. Dieser Vorschlag hätte durch eine stärkere Rolle der Kommunen gegenüber Bund und Ländern verbessert werden müssen. Doch dazu sei es nun leider mangels Einigung der Koalitionsfraktionen nicht mehr gekommen. Ob nach der Bundestagswahl in der nächsten Legislaturperiode bessere Lösungsmöglichkeiten gefunden würden, sei höchst ungewiss, sorgt sich der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. Der Deutsche Caritasverband (DCV) fordert sofortige Verhandlung über eine Lösung. Der Wohlfahrtsverband mahnt an, Arbeitslose und Mitarbeiter der Jobcenter brauchen Verlässlichkeit. Der Generalsekretär des DCV, Georg Cremer, warnt davor, die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist zur Reform der Jobcenter bis Dezember 2010 auszureizen. Derzeit gebe es keinen Lösungsvorschlag, der zwischen Bund, Ländern und Kommunen konsensfähig ist. Cremer fordert die politisch Verantwortlichen auf, trotz Wahlkampf ohne Unterbrechung über eine Lösung weiterzuverhandeln. Nur so können die Weichen für eine schnelle Entscheidung nach der Bundestagswahl gestellt werden. Die Abschaffung des Nebeneinanders von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe vor vier Jahren war aus Sicht des DCV ein richtiger Schritt. Viele Verschiebebahnhöfe und Doppelzuständigkeiten wurden damit beseitigt. ‚Ziel muss es jetzt sein, ein verfassungskonformes Modell zu entwickeln, das kompetente und qualifizierte Betreuung aus einer Hand für Leistungsempfänger sicherstellt‘, fordert Cremer. Derweil denkt Bayern darüber nach eine Initiative im Bundesrat zu starten. Nach dem Streit in der Koalition will der Freistaat ein Kooperationsmodell vorschlagen. Wie die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) der Mittelbayerischen Zeitung sagte, soll mit dem bayerischen Kooperationsmodell eine Lösung gefunden werden, für die das Grundgesetz nicht geändert werden muss. „Wir wollen Rechtssicherheit für Arbeitslose und die Beschäftigten in den Jobcentern.“ Das bayerische Modell sieht vor, dass die Vermittlung der Arbeitslosen bei der Bundesagentur zusammengeführt wird, während die die Bestimmung der Bedürftigkeit bei den Kommunen gebündelt wird. Ministerpräsident Horst Seehofer will auf dieser Basis jetzt eine Bundesratsinitiative einbringen. Die aktive Rolle der Kommunen bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit werde laut Sozialministerium sogar erweitert, zum Beispiel bei der Entscheidung über Geldleistungen und die Verhängung von Sanktionen. Bundesarbeitsminister Scholz bedauert die Entscheidung der Unionsfraktion im Bundestag und hält sie für politisch bemerkenswert: er habe sich im Auftrag der Kanzlerin mit Rüttgers und Beck über einen Reformvorschlag verständigt. Alle 16 Ministerpräsidenten der Ländern hätten zugestimmt. Auch das CDU-Präsidium unter der Fürhung der CDU-Vorsitzenden Merkel haben den Kompromiss mehrfach befürwortet. Nun hat aber die Unionsfraktion, angeführt vom Parlamentarischen Geschäftsführer Norbert Röttgen, und dem Fraktionschef Volker Kauder, den Gesetzentwurf abgelehnt. Scholz wirft der CDU-Vorsitzenden daher vor, sich gedrückt zu haben. Sie desavouierte damit nicht nur ihren Stellvertreter in der CDU, Jürgen Rüttgers, und dessen Kollegen in den Ländern. Sondern sie stelle sich gegen ihre eigenen Beschlüsse. Wird die Arbeitsvermittlung und Betreuung von mehr als 6 Millionen Menschen durch innerparteiliche Manöver und begonnenen Wahlkampf erschwert? “ Eine Chronologie im Anhang gibt Auskunft über den zeitlichen Verlauf der Bemühungen um eine adäquate Lösung.

Quelle: DCV Deutscher Städtetag Süddeutsche Kölner Stadtanzeiger Mittelbayerische Zeitung SPD Bundestagsfraktion

Dokumente: Chronologie.pdf

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