Auszüge aus der DGB-Analyse zu Beschäftigungschancen von Lang- Beschäftigungschancen:
„… Nur ein sehr kleiner Teil derjenigen, die Langzeitarbeitslosigkeit überwinden oder unterbrechen können, haben einen neuen Job auf dem regulären Arbeitsmarkt gefunden. Weit über 80 Prozent aller Abgänge aus Langzeitarbeitslosigkeit sind auf andere Gründe zurückzuführen. (…) Beeinflusst wird die Entwicklung gleichfalls durch die Messung der Dauer der Arbeitslosigkeit, denn als Langzeitarbeitslose werden nur die gezählt, die durchgehend ein Jahr und länger arbeitslos sind. (…) Viele Bewegungen in und aus Arbeitslosigkeit sind eher statistischer Natur. (…)
Per Saldo sind nunmehr nur knapp 130.000 Langzeitarbeitslose im Versicherungssystem registriert und rd. 950.000 bzw. 88 Prozent im Hartz-IV-System. Die weitaus meisten Langzeitarbeitslosen werden folglich vom Harzt-IV-System betreut, obwohl auch in diesem System längst nicht alle langzeitarbeitslos sind.
Doch der Kreis der hilfebedürftigen Arbeitslosen geht auch hier weit über den der Langzeitarbeitslosen hinaus. Staatliche Fürsorge erhalten beispielsweise auch marktnahe Arbeitslose, die nach Schule oder Studium das eigene Existenzminimum bei Arbeitslosigkeit nicht sichern können oder trotz vorheriger sozialversicherter Beschäftigung noch keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld erwerben konnten. Nur knapp die Hälfte aller von den Jobcentern betreuten Arbeitslosen zählen offiziell zu den Langzeitarbeitslosen. (…)
Wiedereingliederungschancen von Hartz-IV-Empfängern
Richtet man den Blick auf die tatsächlichen Beschäftigungschancen von Hartz-IV-Beziehern, so zeigt sich, dass die konjunkturell stabile Arbeitsmarktsituation weitgehend an den Langzeitarbeitslosen vorübergeht. Einbezogen werden im Folgenden nur die Übergänge in reguläre Beschäftigung (ohne Ausbildung) und nicht der stark vom statistischen Messkonzept beeinflusste Abgang aus Arbeitslosigkeit insgesamt. Die hier erstmals ausgewerteten Daten zeigen, dass im Laufe des vergangenen Jahres von rund 2 Mio. Arbeitslosen bundesweit insgesamt 700.000 Arbeitslose aus dem Hartz-IV-System ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt beenden konnten. Doch längst nicht immer ist diese Eingliederung auch nachhaltig. Von diesen Beschäftigungsaufnahmen konnten nur knapp 132.000 hilfebedürftige Langzeitarbeitslose profitieren.
Fast jeder fünfte sozialversicherte Job von vormals hilfebedürftigen Arbeitslosen entfällt dabei auf Langzeitarbeitslose. Diese Eingliederung wird teils noch gefördert, beispielsweise über Lohnkostenzuschüsse. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Integrationen bleibt deutlich hinter jenem an den Arbeitslosen zurück. (…)
Zweifelsohne hat der hohe Anteil langzeitarbeitsloser Menschen ohne Berufsabschluss einen Einfluss auf die sehr niedrigen Beschäftigungschancen im Hartz-IV-System. (…) Doch die Unterschiede im Hartz-IV-System sind immer noch relativ gering. So lagen die Übergänge für langzeitarbeitslose Fachkräfte mit Ausbildung im Hartz-IV-System in 2013 mit 1,7 Prozent nur leicht über der Quote aller Langzeitarbeitslosen; doch im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich eine vergleichbare Entwicklungsrichtung und eine höhere Beschäftigungsrate von noch 2,3 Prozent in 2010 und 2011. Die Beschäftigungschancen für qualifizierte Fachkräfte sind in gleichem Umfang gesunken wie die der hilfebedürftigen Langzeitarbeitslosen insgesamt. Sie sind ebenfalls deutlich niedriger als für vergleichbare Personengruppen im Versicherungssystem.
Generell sind die Beschäftigungschancen für Arbeitslose mit und ohne Qualifizierungsdefizite im Versicherungssystem durchweg besser als für Arbeitslose im Hartz-IV-System. Selbst die Chancen von (kurzzeitigen) Arbeitslosen ohne Qualifizierungsdefizit liegen im Hartz-IV-System mit 6,5 Prozent noch deutlich unter der Übergangsrate von Arbeitslosen mit Qualifizierungsdefizite im beitragsfinanzierten System (9,6 Prozent).
Auch innerhalb des Hartz-IV-Systems haben arbeitslose Helfer ohne Ausbildung und einer Arbeitslosigkeit von weniger als 12 Monaten doppelt so hohe Beschäftigungschancen wie Fachkräfte mit Ausbildung und länger anhaltender Arbeitslosigkeit. Langzeitarbeitslosigkeit sowie ein fehlender Berufsabschluss sowie finanzielle Armut gehen mit spezifischen Arbeitsmarktrisiken einher. So haben langzeitarbeitslose Helfer ohne Ausbildung ebenso wie Fachkräfte mit Ausbildung und längerer Arbeitslosigkeit im Versicherungssystem etwa doppelt so hohe Beschäftigungschancen wie im Hartz-IV-System. (…)
Initiative des BMAS gegen Langzeitarbeitslosigkeit reicht noch nicht aus. Was tun?
Bundesarbeitsministerin Nahles hat am 5.11.2014 im Bundestag ihr Konzept gegen Langzeitarbeitslosigkeit vorgestellt. Positiv ist die Fragestellung, dass die Langzeitarbeitslosigkeit im Zuge der verbesserten Wirtschaftskonjunktur nicht automatisch verschwindet. Es handelt sich bei dem Konzept um insgesamt fünf Module, von denen drei hinreichend konkretisiert sind.
## Ein zweites Modul des BMAS-Konzepts bezieht sich auf Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt für besonders benachteiligte Personengruppen. Dabei geht es um Hartz-IV-Familien mit Kindern und gesundheitlich angeschlagene Langzeitarbeitslose. Dieser Personenkreis soll stufenweise mit zunächst geringer täglicher Stundenzahl an Erwerbsarbeit herangeführt werden. Dafür ist ein Lohnkostenzuschuss von bis zu 100 Prozent für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vorgesehen. Die Tätigkeiten werden eher bei Kommunen und Wohlfahrtsverbänden angesiedelt sein als im privatwirtschaftlichen Bereich. Das Programm soll 10.000 Teilnehmer/-innen erreichen und ab Juli 2015 starten. Hierfür stehen 150 Mio. Euro jährlich zur Verfügung. (…)
## Im Fördermodul bessere Betreuung im „Aktivierungszentrum“ soll für den Personenkreis der Langzeitarbeitslosen spezielle Ansprechpartner in den Jobcentern geschaffen werden. Dafür wurden 1.000 befristete Stellen, die bisher bei den lokalen Bündnissen „Ü50“ angesieelt waren, verlängert bis 2018 befristet. (…)
Ausgebaut werden muss ebenso die Weiterbildung für Arbeitslose insgesamt. (…) Insbesondere im Hartz-IV-System sollte daher ein festes (Mindest-) Budget für Qualifizierung vorgesehen werden. So kann ein finanzieller Rahmen für Qualifizierung vorgegeben werden. (…) Handlungsbedarf besteht ebenso bei der Sprachförderung von Migranten, die vielfache Voraussetzung ist für eine erfolgreiche berufliche Weiterbildung. Diese muss dringend bedarfsgerecht ausgebaut werden. Für Langzeitarbeitslose wie für Arbeitslose insgesamt sollten zugleich gezielte finanzielle Anreize zur Weiterbildung gesetzt werden. Denn (Langzeit)Arbeitslose sind das Lernen oftmals nicht mehr gewohnt und können es sich kaum leisten, mit den Einkommensverlusten beim Arbeitslosengeld oder Hartz IV für längere Zeit über die Runden zu kommen. Weiterbildung sollte sich hingegen auch finanziell lohnen. So sollte bei beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen die jeweilige Arbeitslosenunterstützung um mindestens zehn Prozent aufgestockt und eine Abschlussprämie (…) nach erfolgreichem Berufsabschluss gezahlt werden. Bisher hingegen sind die finanziellen Anreize bei 1-Euro-Jobs für Hartz-IV-Empfänger größer als bei Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen.
Ausgebaut werden sollte ebenso die nachgehende Begleitung von Langzeitarbeitslosen nach erfolgreicher Vermittlung. Zumindest während der Probezeit sollten Arbeitslose weiter beraten und unterstützt werden, um die Nachhaltigkeit der Eingliederung zu fördern. Gute Beratung kann in der ersten Phase eines neuen Jobs eine Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses positiv unterstützen bzw. eine nahtlose Weitervermittlung erreichen. (…)“
Quelle: DGB Arbeitsmarkt aktuell