Auszüge aus den Lösungsansätzen von Passungsproblemen von Stephanie Matthes, Joachim Gerd Ulrich, Elisabeth M. Krekel und Günter Walden:
“ … Passungsprobleme lassen sich auf unmittelbarem und mittelbarem Wege angehen:
## Eine mittelbare Lösung besteht darin, neben den bereits ausbildungsinteressierten Jugendlichen und den bereits ausbildungsinteressierten Betrieben zusätzliche Ausbildungsplatznachfrage und zusätzliches Ausbildungsplatzangebot zu erschließen. Mit der Erschließung des Interesses und der Fähigkeit neuer Gruppen unter den Jugendlichen steigt die Chance für die bereits ausbildungsinteressierten Betriebe, ihre Plätze besetzen zu können. Spiegelbildlich erhöht eine Erweiterung des Ausbildungsplatzangebots die Chancen der schon ausbildungsinteressierten Bewerber/-innen, ihre Ausbildungsplatzsuche erfolgreich abzuschließen. …
… Alle Maßnahmen, die sich auf eine unmittelbare Verringerung des Passungsproblems richten, müssen sich dementsprechend auf den unterjährig laufenden Vermittlungsprozess von Marktteilnehmern und –teilnehmerinnen konzentrieren, die bei der Bundesagentur für Arbeit registriert sind und die auf dem Ausbildungsmarkt ungeachtet ihrer offiziell attestierten Eignung zu scheitern drohen. Sie müssen darauf zielen, bislang erfolglose Marktteilnehmer/-innen auf den beiden Seiten des Ausbildungsmarktes zusammenzuführen.
Ansatzpunkte zur Ausgestaltung entsprechender Maßnahmen hängen von den Gründen des bisherigen Scheiterns ab. Für das Scheitern am Markt kommen grundsätzlich zwei mögliche Ursachenkreise in Betracht:
## das Auswahlverhalten war zu restriktiv und der Anreiz, auf möglichst viele bislang erfolglose Teilnehmer auf der Gegenseite des Ausbildungsmarktes zuzugehen, fiel zu gering aus. …
Die Ausbildungschancen von bislang erfolglosen Bewerberinnen und Bewerbern würden darüber hinaus deutlich steigen, gelänge es, sie zu bewegen, bisherige Grenzen des eigenen Suchverhaltens zu überdenken. Dies gilt in Hinblick auf räumliche und berufliche Grenzen.
… Die Förderung der regionalen Mobilität vergrößert die Auswahlbasis und bietet somit einen weiteren zentralen Ansatzpunkt, um bislang erfolglose Bewerber/-innen und bislang erfolglos suchende Betriebe zusammenzubringen.
Eine weitere Möglichkeit zur besseren Ausschöpfung des bereits vorhandenen, aber erfolglosen Ausbildungsinteresses auf Seiten der Bewerber/-innen ist es, den Anreiz zu stärken, sich in bislang unbeachteten bzw. gemiedenen Berufen zu bewerben. … Jugendliche sind demnach in Hinblick auf ihre tätigkeitsspezifischen Interessen relativ flexibel, vorausgesetzt, sie rechnen sich gute Chancen aus, durch ihre Ausbildung ihre soziale Identität im Allgemeinen zu stärken. Jugendliche berücksichtigen deshalb bei der Wahl ihres Ausbildungsplatzes auch nicht nur berufsspezifische, sondern auch betriebsspezifische Merkmale. Betriebe, die über ein sehr gutes Image verfügen, können insofern das negative Image, das einem Beruf anhaften mag, zu großen Teilen kompensieren.
Eine wichtige Determinante für die Berufsentscheidungen der Bewerber/-innen bilden ihre subjektiven Erfolgswahrscheinlichkeiten. Haben sie ein zu geringes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und befürchten sie zu scheitern, meiden sie die entsprechenden Berufe. Die Jugendlichen sollten dementsprechend darin unterstützt werden, kein zu optimistisches Bild, aber auch kein zu pessimistisches Bild ihrer eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. …
Ansatzpunkte für mittelbar wirkende Maßnahmen
Möchte man neue Nachfragergruppen gewinnen, um Besetzungsprobleme zu mindern, so lautet die zentrale Herausforderung, die Attraktivität der dualen Berufsausbildung insgesamt zu steigern.
Neben einer flächendeckenden Ausweitung der Berufsorientierung bedarf es hierfür branchenspezifischer Werbekampagnen gerade für jene Berufe, die besonders unter Besetzungsproblemen leiden. Diese sollten sich nicht nur unmittelbar an Schüler und Eltern richten. Vielmehr sollten sie durch die Entwicklung von Informations- und Begleitmaterialien für Lehrkräfte und Pädagogen eine Einbindung in Maßnahmen der Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen ermöglichen.
Eine Steigerung der Bereitschaft Jugendlicher, sich für duale Berufsausbildung zu interessieren, kann jedoch nicht allein durch Imagekampagnen erreicht werden. In vielen Branchen und Berufen bedarf es hierfür einer Optimierung der Ausbildungsbedingungen und Karrieremöglichkeiten, da gerade Aspekte wie die Vergütung von Jugendlichen oftmals als Statussignal der Berufe interpretiert werden. Um Verbesserungen in der Ausbildungsqualität auch effektiv zu kommunizieren, könnte zum Beispiel die Auszeichnung guter Ausbildungsbetriebe regional ausgeweitet werden, um diese als Beispiele guter Praxis öffentlichkeitswirksam für den jeweiligen Ausbildungsberuf darzustellen.
… Ausbildungsmodelle für Studienabbrecher/-innen („Meister statt Master“) und Wiedereinstiegsprogramme für ehemalige Ausbildungsabbrecher/-innen stellen sinnvolle Ergänzungen dar, um möglichst alle potenziell an dualer Berufsausbildung interessierten Jugendlichen anzusprechen. Schließlich dürfte auch die Schaffung von Jugendberufsagenturen nach dem Hamburger Vorbild zur Erschließung weiterer Interessentengruppen beitragen, da durch die erhöhte Transparenz gezielt auch jene Jugendlichen angesprochen werden können, die bislang oft unbekannt verbleiben. … “
Quelle: BIBB
Dokumente: a2_passungsproblemeausbildungsmarkt.pdf