Zur Professionalisierung von sozialpädagogischen und weiteren Fachkräften im Übergang von Schule in die Arbeitswelt

FORTBILDUNGSANGEBOTE ALS BESTANDTEIL VON PROFESSIONALISIERUNG Das Spezifische des Übergangs ist das nicht Definierte bzw. Verortete. Die Gestaltung von Übergängen war schon immer und auf mehreren Ebenen ein Hauptkennzeichen der Jugend. Der Übergang in die Arbeitswelt ist ein sehr bedeutsamer Bestandteil dieser Phase. Die Arbeit mit Jugendlichen in diesen Übergängen findet in sehr verschiedenen Kontexten an sehr unterschiedlichen Orten, mit verschiedenen Akteuren, Konzepten und Methoden statt. Die gemeinsame Orientierung aller Beteiligten liegt in der Überwindung der Phase. Die in diesem Bereich Tätigen müssen zum einen dem nicht Definierten und zum anderen der gemeinsamen Orientierung gerecht werden. In der Gestaltung dieses Spannungsfeldes werden sehr unterschiedliche Wege gegangen. Dies macht das Arbeitsfeld Übergang vielschichtig und schwer greifbar. Welche Tätigkeiten, Maßnahmen und Projekte zählen zum Arbeitsfeld des Übergangs? Welche Akteure sind relevant und welche Qualifikationen zeichnen sie aus? Gibt es notwendige Qualifikationen, die sich aus dem Spezifischen des Übergangs ableiten? Wie und wo können die Akteure ihre entsprechenden Kompetenzen fördern? Um diese Fragen eindeutig zu klären, müssten in einem wissenschaftlichen Diskurs zunächst verbindlichere Definitionen zum Untersuchungsfeld gefunden werden. Eine Studie des Instituts für berufliche Bildung und Weiterbildung (ibbw) im Auftrag der Robert Koch Stiftung wurde im Zeitraum von Februar bis Mai diesen Jahres durchgeführt und kann weder auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Diskurses noch auf der schmalen Basis der eigenen Empirie solche Definitionen ableiten oder selbst treffen. Sie greift vielmehr verschiedene z.T. widersprüchliche – Perspektiven auf und läßt sich auf das benannte Spannungsfeld ein. Sie liegt schlaglichtartig einige Orientierungspunkte für eine weiterführende Diskussion zur Professionalisierung in diesem beruflichen Handlungsfeld. Auszüge aus der Studie des ibbw: “ ÜBERGANGSMANAGEMENT Der Begriff des Übergangsmanagements wird häufig in Zusammenhang mit regionalen bzw. kommunalen Initiativen verwendet, die das Ziel haben, Institutionen und Maßnahmen mit der Aufgabe der berufliche Integration von Jugendlichen – insbesondere von Jugendlichen mit schlechten Chancen – zu bündeln und zu koordinieren. Er bezieht sich damit auf alle Maßnahmen einer aktiven und gezielten Förderung der beruflichen Integration sowie deren Koordinierung. Hierin werden aktuell notwendige und sinnvolle Chancen für eine Optimierung gesehen. In diesem beruflichen Handlungsfeld – und dies ist ein wichtiger Hinweis aus der Mehrzahl der Expertengespräche – können zwei Perspektiven unterschieden werden, die z.T. unterschiedliche fachliche Anforderungen aufweisen: Die personenbezogene Perspektive stellt die konkrete Arbeit mit den Zielgruppen in den Vordergrund. Hier werden z.B. Maßnahmen zur Berufsorientierung oder zur Potentialanalyse durchgeführt. Insbesondere die fallorientierte Begleitung ist in diesem Bereich von großer Bedeutung. Demgegenüber stellt die strukturbezogene Perspektive die Rahmenbedingungen des Übergangs in den Vordergrund. Hier geht es um die Gestaltung der institutionellen und berufsübergreifenden Zusammenarbeit der relevanten Akteure. Es werden z.B. regionale Netzwerke aus Schule, Wirtschaft, Arbeitsagentur und Kommune aufgebaut. Die Maßnahmen und Projekte im Bereich des Übergangsmanagements greifen in unterschiedlicher Gewichtung diese beiden Perspektiven auf. So gibt es z.B. Maßnahmen zur Berufsorientierung an Schulen, in denen die Arbeit der Fachkräfte eindeutig dem personenbezogenen Bereich zugeordnet werden können. Hier stehen z.B. Sozialkompetenzen der Jugendlichen, Strategien zur Lebensbewältigung und Teamentwicklungsmaßnahmen im Vordergrund. … Von einer Maßnahme bzw. Tätigkeit im Übergangsmanagement sprechen wir daher nur dann, wenn beide Perspektiven erkennbar enthalten und verknüpft sind. Damit grenzen wir das Untersuchungsfeld ein und schließen auf der einen Seite reine Maßnahmen der Jugendarbeit (Sport?, Kunst?, Freizeitangebote für Jungendliche) und auf der anderen Seite rein strukturbezogene Maßnahmen z.B. von Seiten der Wirtschaft oder der Verwaltung (Werbemaßnahmen, Maßnahmen der Regionalentwicklung etc.) aus. IM HANDLUNGSFELD TÄTIGE PERSONENGRUPPEN Das berufliche Handlungsfeld „Übergang Schule?Beruf“ bleibt dennoch sehr weit und heterogen. … So ist der Bereich des personenbezogenen Übergangsmanagements zwar durch die Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte bestimmt, es finden sich jedoch auch Personengruppen mit anderen Zugängen (z.B. Ehrenamtliche) oder Ausgangsqualifikationen (z.B. Ausbilder). In den leitenden und koordinierenden Funktionen – vorwiegend mit struktureller Perspektive – arbeiten die sozialpädagogischen Fachkräfte in einem Bereich, der nicht originär durch eine sozialpädagogische Perspektive geprägt ist. Diesen Bereich teilen sie sich z.B. mit Verwaltungspersonen und Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern. … In diesem Handlungsfeld sind jedoch auch Personen mit anderen Zugängen in (sozial?)pädagogischer Funktion tätig. Obwohl es sich um ein sozialpädagogisches Tätigkeitsfeld handelt, werden die Grenzen der Profession in den Anforderungen jedoch auch überschritten. Besonders die Personengruppe der sozialpädagogischen Fachkräfte, deren Schwerpunkt die strukturbezogene Perspektive ist, sind häufig in einem Bereich tätig, der das klassische Verständnis sozialpädagogischer Arbeit deutlich erweitert. Diesen Bereich teilen sich sozialpädagogische Fachkräfte ebenfalls mit anderen Personengruppen. … Das Spannungsverhältnis zwischen diesen Dimensionen wird in der Untersuchung nicht aufgehoben, das „Sozialpädagogische“ sowohl in der Beschreibung der Tätigkeiten als auch in der Qualifikation der Personen bestimmt jedoch das Untersuchungsfeld. … ERGEBNISSE * Bedeutung des Arbeitsfeldes Bereits in den Experteninterviews zeigte es sich, dass die quantitative Bedeutung des Arbeitsfeldes sehr unterschiedlich eingeschätzt wird. Die Einschätzungen lagen zwischen 30.000 und 100.000 tätigen Fachkräften in diesem Bereich. In den Fragebogen sahen sich viele Probanden nicht in der Lage, Schätzungen in Bezug auf die Anzahl der Fachkräfte im Übergangsmanagement abzugeben. Die Spanne der abgegebenen Schätzungen ist noch größer als bei den Experteninterviews: der niedrigste Wert liegt bei 1.000 Fachkräften und der höchste bei 750.000. … * Im Handlungsfeld tätige Professionen und Personengruppen Der Formalisierungsgrad der Zugangsvoraussetzungen in diesem Arbeitsfeld ist relativ gering. Es gibt kein Berufsbild des Übergangsmanagers und zahlreiche Personengruppen mit ganz unterschiedlichen Grundqualifikationen und Zugängen arbeiten im Übergangsmanagement. In den Experteninterviews wurden je nach Perspektive folgende Personengruppen hervorgehoben: sozialpädagogische Fachkräfte, Ausbildende (Fachkräfte mit handwerklichen, gewerblich?technischen, verwaltungs? oder kaufmännischen Abschlüssen etc.) mit teilweise oder überwiegend sozialpädagogischen Aufgabenstellungen, Lehrkräfte, sozialwissenschaftliche Berufe, Verwaltungspersonen, „Quereinsteiger“ und Ehrenamtliche. … Im Online Fragebogen wurde nach der Bedeutung der Gruppen für das Handlungsfeld gefragt. … 73% der Befragten halten demzufolge die Gruppe der sozialpädagogischen Fachkräfte für die wichtigste im Übergangsmanagement. … * Anforderungen an die Fachkräfte im beruflichen Handlungsfeld Die Heterogenität des Arbeitsfeldes, die verschiedenen Perspektiven, die zahlreichen Modelle, Projekte, Maßnahmen und die geringe Formalisierung bringen es mit sich, dass die Fachkräfte sehr unterschiedlich eingesetzt werden. Für die sozialpädagogischen Fachkräfte bedeutet dies, dass sie mehrheitlich im Bereich des personenbezogenen Übergangsmanagement tätig sind. Sie führen z.B. mit Jugendlichen Maßnahmen zur Potentialanalyse, zum Sozialkompetenztraining oder zur Teamfähigkeit durch. Darüber hinaus werden aber in den letzten Jahren Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung oder das Case?Management immer wichtiger. In diesen Arbeitsbereichen müssen die sozialpädagogischen Fachkräfte verstärkt Bezug nehmen auf die regionalen und wirtschaftlichen Strukturen. Sozialpädagogische Fachkräfte arbeiten aber auch in Projekten des regionalen Übergangsmanagements (RÜM) mit einer sehr stark strukturbezogenen Perspektive. Hier erarbeiten sie Projektkonzepte, bringen die verschiedenen Institutionen an einen Tisch, verhandeln mit Geldgebern, sind im Projekt? und Personalmanagement tätig, evaluieren Maßnahmen usw. Diesen Bereich teilen sie sich evtl. mit Verwaltungspersonal und Sozialwissenschaftlern. … Es gibt demzufolge weder ein eindeutiges Anforderungsprofil noch einen einheitlichen Qualifizierungsbedarf für die verschiedenen Personengruppen im Übergangsmanagement. … * Zur Professionalität und Professionalisierung Die Aussagen zur Professionalität der Personengruppen sind bei den interviewten Experten ebenfalls sehr unterschiedlich. Allgemein wird das Qualifikationsniveau der sozialpädagogischen Fachkräften jedoch als hoch eingeschätzt. Einigkeit besteht aber vor allem darin, dass der Qualifizierungsbedarf für das Handlungsfeld Übergang ebenfalls allgemein als „hoch“ angesehen wird. 2001 hatte die Studie von Christe ergeben, dass das Studium an den Fachhochschulen die sozialpädagogischen Fachkräfte nicht ausreichend auf die berufsbezogene Benachteiligtenförderung vorbereite. Daran hat sich laut der Aussagen der Experten trotz gradueller Veränderungen oder einzelner innovativer Ansätze nichts Grundsätzliches geändert. Die Grundqualifikation des Studiums genüge nicht, die erweiterten Anforderungen des heutigen Übergangsmanagements abzudecken. … Die Online?Befragung nach den aktuellen Formen der Kompetenzaneignung ergab folgendes Bild: Am häufigsten wird „Learning by doing“ und am seltensten die strukturierte längerfristige Weiterbildung genannt. Dies entspricht auch einer verbreiteten Einschätzung der Experten über eine rückläufige Nachfrage nach substanziellen, längerfristigen Fortbildungen. Als Begründung wurden rückläufige Fördermöglichkeiten als auch problematischere Arbeitsverhältnisse (Entlohnung, Zeitverträge, unklare Perspektiven, hoher Zeitdruck) genannt. Unter solchen Voraussetzungen sei es auch für Anbieter schwierig, attraktive Angebote zu entwickeln, wenn sich die Nachfragestruktur nicht ändere. * Relevante Fortbildungsthemen Die fachlichen Anforderungen an eine Tätigkeit im Übergangsmanagement sind sehr vielfältig und kaum vollständig zu beschreiben. So können auch neben der klassischen sozialpädagogischen Qualifikation sehr unterschiedliche zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen aus ganz anderen Bereichen nützlich sein oder manchmal den Zugang zu einer Zielgruppe sogar erst ermöglichen. … Aus … Nennungen … wurden … 19 Themen ausgewählt, die mehrheitlich als besonders relevant genannt wurden. … Vorwiegend personenbezogene Perspektive: – Begleitungstätigkeit (Case-Management) …. – Beratung … – Förderung der Sozialkompetenzen der Jugendlichen … – Grundlagen zur Jugendphase … – Methoden … – Selbstreflexion … – Schulische Nachqualifizierung … – Unterstützung der Lebensbewältigung … Vorwiegend strukturbezogene Perspektive: – Konzeptuelle Ausrichtung … – Managen regionaler Übergangssysteme … – Personalmanagment … – Projektmanagement … – Rechtliche Grundlagen … – Strategien zur politischen Arbeit … Personen- und strukturorientierte Perspektive: – Kooperation zwischen den Berufsgruppen … – Professionelles Selbstverständnis … – Selbstmanagement … – Wirtschaftsstruktur und betriebliche Kooperation … Die Fortbildungsstruktur ist sehr heterogen. Die verschiedenen Akteure (Landesjugendämter, Träger der Jugendsozialarbeit, Wohlfahrtsverbände, private Anbieter, Hochschulen usw.) bieten in sehr unterschiedlichen Strukturen Fortbildungen an. Es gibt keine etwa der Lehrerfortbildung vergleichbare Fortbildungsstruktur für sozialpädagogische Fachkräfte. Neben öffentlich und allgemein angebotenen Fortbildungen gibt es projekt- und programmgebundene Fortbildungsangebote, die sich an spezielle Gruppen (z.B. Projektbeteiligte) richten. Diese sind im Allgemeinen nur intern zugänglich und ausgeschrieben. Die größte Lücke zwischen Bedarf und Angebotssituation wird bei den Themen „Kooperation zwischen den Berufsgruppen“, „Managen regionaler Übergangssysteme“ und „Kenntnisse der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gesehen. ZIELSETZUNG DER STUDIE Das Arbeitsfeld des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt ist sehr unübersichtlich. Dies betrifft sowohl die Anzahl, die Struktur und die Zielsetzungen der zahlreichen Maßnahmen als auch die Anforderungen an die damit befassten Professionen. Entsprechend vielfältig und unübersichtlich sind auch die Möglichkeiten der Professionalisierung für die Arbeit in diesem Bereich. Diese explorative Untersuchung hat aus verschiedenen Perspektiven dieses eher unübersichtliche Feld beleuchtet. Sie zeigt verschiedene relevante Perspektiven auf das Feld auf, präsentiert Einschätzungen und nennt Beispiele. Diese Studie entwickelt eine empirisch begründete Diskussionsgrundlage, die es erlaubt, konkretere Fragestellungen im Umgang mit dem Untersuchungsfeld und evtl. Interventions? bzw. Unterstützungsmöglichkeiten zu formulieren. Im Zentrum stehen dabei die Fortbildungsangebote als ein Bestandteil von Professionalisierung im sozialpädagogischen Handlungsfeld Übergang Schule-Beruf. “ Die Studie in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link oder dem Anhang.

http://www.bosch-stiftung.de/lisa
http://www.bosch-stiftung.de

Quelle: Robert Bosch Stiftung

Dokumente: ibbw_Studie_Professionalisierung_Uebergang_Schule_Beruf.pdf

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