Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung in einer Vorabfassung:
“ Frage 1:
Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Berufs- und Bildungsberatung im Kontext der Sicherung des Fachkräftebedarfs und des Lebenslangen Lernens bei?
Antwort:
Die Bundesregierung misst der Berufs- und Bildungsberatung prinzipiell eine hohe Bedeutung bei, was sie in ihrer Konzeption zum Lernen im Lebenslauf vom 23. April 2008 bereits zum Ausdruck gebracht hat: „Nur wer den Überblick über die verschiedenen Bildungsmöglichkeiten hat, kann sich sinnvoll und eigenverantwortlich entscheiden. Bildungsberatung ist ein zenrales Element für erfolgreiches Lernen im Lebenslauf, nicht nur für bildungsferne Zielgruppen.“
Das umfassende Beratungsangebot der Bundesagentur für Arbeit (BA) richtet sich an Arbeit- und Ausbildungssuchende, in Beschäftigung stehende oder arbeitslose Menschen, Berufsrückkehrende sowie an behinderte Menschen zu Fragen der Teilhabe am Arbeitsleben. Durch gezielte Beratungsaktivitäten schafft die BA Transparenz sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer über geeigente Fachkräfte, offene Stellen sowie Weiterbildungsangebote und unterstützt damit die Ausgleichsprozesse am Arbeitsmarkt.
Frage 2:
Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der 2007 veröffentlichten vom BMBF in Auftrag gegebene Studie „Bestandsaufnahme in der Bildungs- , Berufs- und Beschäftigungsberatung und Entwicklung grundlegender Qualitätsstandards“ gezogen und wie ist sie aktiv geworden bzw. will sie diesbezüglich noch werden?
Antwort:
Die Studie vermittelte erstmals einen flächendeckenden Überblick über die Bildungs- Berufs- und Beschäftigungsberatung in Deutschland. Zentrales Ergebnis der Studie war, dass Beratung in Deutschland – u.a. wegen unterschiedlicher Zuständigkeiten – von einer Vielzahl von Akteuren für unterschiedliche Nutzergruppen in verschiedenen Lebens- und Erwerbssituationen angeboten wird. Entsprechend spezifierte und breit aufgestellte Maßnahmen und Angebote werden von der Bundesregierung gefördert, um der komplexen Situation Rechnung zu tragen. Die Ergebnisse der Studie bildeten auch eine Grundlage für die Arbeit des vom BMBF einberufenen Innovationskreises Weiterbildung (IKWB). Der Innovationskreis erarbeitete Empfehlungen für die Zukunft der Weiterbildung und das Lernen im Lebenslauf, darunter auch zum Ausbau und zur Verbesserung der Bildungsberatung.
…
Frage 3:
Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, damit deutschlandweite Beratungsstandards, mehr Transparenz und mehr Qualität in der Berufs- und Bildungsberatung erreicht werden bzw. welche weiteren Maßnahmen will sie für die Zukunft noch ergreifen?
Antwort:
Aufgrund der Heterogenität der Beratungslandschaft (siehe Frage 2) existieren in Deutschland keine einheitlichen bundesweiten Standards, die für alle Beratungsbereiche Gültigkeit besitzen können. Um den Zugang zu Beratungsangeboten sowie die Beratungsangebote selbst zu verbessern, fördert die Bundesregierung unter anderem freiwilligen Zertifizierungen, den Austausch der Beratungsakteure zu Fragen der Qualitätssicherung und damit die Verankerung der Qualitätsentwicklung in der Beratung.
Maßnahmen sind z.B.:
## „Regionale Qualifizierungszentren“ (RQZ) zur Professionalisierung der regionalen Bildungsberatung in Deutschland (seit 2006).
## Studie „Qualität und Professionalität in der Bildungs- und Berufsberatung“ (2008): Die Studie erfasst bestehende Aktivitäten zur Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Bildungs- und Berufsberatung in Deutschland und integriert systematisch verschiedene Strategien in einen Qualitätsentwicklungsrahmen (QER).
## „Offener Koordinierungsprozess zur Qualitätsentwicklung in der Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung“ …: Ziel des Projekts ist es unter Einbezug der relevanten Akteure von Berufs- und Bildungsberatung in Deutschland gemeinsame Qualiätsstandards für die Berufs- und Bildungsberatung zu definieren. Im Teilvorhaben der Universität Heidelberg wird der in der oben genannten Studie entwickelte QER derzeit in ausgewählten Beratungseinrichtungen erprobt.
## Im BMBF-Programm „Lernen vor Ort“ entwickeln und erproben 40 Kreise und kreisfreie Städte seit 2009 Steuerungsmodelle für ein Bildungsmanagement auf kommunaler Ebene. Dabei soll auch die Angebotsstruktur für Bildungsberatungsdienstleistungen auf kommunaler Ebene so ausgestaltet werden, dass allen Bürgerinnen und Bürgern ein transparenter und auf individuelle Bedürfnisse ausgerichteter Zugang zu Bildungschancen gewährleistet wird.
## …
## Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat in den letzten Jahren ihre eigene Beratungskonzeption für jugendliche Berufswähler, Erwachsene und Rehabilitandinnen/Rheabilitanden weiterentwickelt. Dies schließt die Etablierung von Qualiätsstandards für die Beratung mit ein. Darüber hinaus gewinnt die BA Erkenntnisse zur Qualität ihrer Bertungsdienstleistung unter anderem aus regelmäßig durchgeführten Kundenbefragungen zur Qualtität der Beratung im Bereich Berufsberatung/U25 und Rehabilitation.
Wie hat sich die Finanzierung der Berufs- und Bildungsberatung durch den Bund in den letzten fünf Jahren entwickelt (seit 2006)? Wie verteilen sich diese Mittel auf die Einzelpläne des Bundeshaushaltes, insbesondere die des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung?
Frage 5:
An welchen besonderen Projekten und Maßnahmen der Berufs- und Bildungsberatung ist/war der Bund in den letzten fünf Jahren außerhalb der Zuwendungen an die Bundesagentur für Arbeit – als Hauptträger der Berufs- und Bildungsberatung in Deutschland – beteiligt? Um welche Projekte und Maßnahmen handelt es sich? Wie viel Mittel stehen/standen jeweils für diese Projekte und Maßnahmen zur Verfügung und wie viele menchen haben sie jeweils erreicht?
Antwort:
Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet.
Eine detaillierte Beantwortung zur Finanzierung von Maßnahmen und Projekten der Berufs- und Bildungsberatung sowie zur erreichten Anzahl der Menschen in den letzten fünf Jahren ist im Rahmen der Beantwortungsfrist nicht möglich.
Berufsberatung ist eine Pflichtleistung der Bundesagentur für Arbeit. Die Aufwendungen hierfür werden nicht gesondert ausgewiesen.
Frage 6:
Beabsichtigt die Bundesregierung ein deutschlandweites Servicetelefon und ein Internetportal zur Bildungsberatung einzurichten? Wenn ja, mit welchem Konzept, in welcher Trägerschaft, mit welcher Finanzierung und für wann ist der Start geplant?
Antwort:
Die von der Bundesregierung beschlossene „Konzeption zum Lernen im Lebenslauf“ enthielt zwei Vorschläge für Maßnahmen, um die Transparenz des Weiterbildungsmarktes wahrnehmenbar zu verbessern und vorhandene Beratungsstrukturen sinnvoll zu bündeln: die regionale Erprobung und langfristig bundesweite Einführung einer Telefonhotline zur Bildungsberatung sowie ein Informationsportal zur Bildungsberatung für Ratsuchende und Beratende.
Hier wurde 2009 ein Konsortium mit der Erstellung eines entsprechenden Fachkonzeptes für den Bereich Weiterbildungsberatung beauftragt. Zentrale Gelingensbedingung des 2011 vorgelegten Konzepts ist es, die vorhandene Weiterbildungslandschaft, die sich in den Ländern unterschiedlich darstellt, einzubeziehen.
Im einem zweiten Schritt ist zu prüfen, mit welchen Materialien, Infrastrukturen etc. das Konzept umgesetzt werden kann. Ein entsprechendes Projekt wird derzeit geprüft. Das weitere Vorgehen sowie der Start eines solchen Angebots hängen von den Ergebnissen dieser Prüfung ab. …
Frage 8:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um die Bildungs- und Berufsberatung frühzeitig auf Schülerinnen und Schüler auszurichten, deren Schulabschluss gefährdet ist oder die bereits die Schule ohne Abschluss verlassen haben?
Antwort:
Durch die BA wird ein flächendeckendes frühzeitiges Angebot an beruflicher Orientierung und Beratung bereits in den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufen I und II – einschließlich der Haupt- und Förderschulen – vorgehalten. Dies betrifft Veranstaltungen im Klassenverband ebenso wie die individuelle Information und Beratung. Vor dem Hintergrund der Vermeidung von Folgekosten für die Versichertengemeinschaft hat die BA ein hohes Interesse daran, nahezu alle Schülerinnen und Schüler spätestens in den Vorabgangsklassen mit diesem Angebot zu erreichen. Darüber hinaus stehen als unterstützende Förderinstrumente die Berufseinstiegsbegleitung und die vertiefte Berufsorientierung zur Unterstützung der Jugendlichen mit Schwierigkeiten am Übergang Schule – Beruf zur Verfügung.
…
Für junge benachteiligte Menschen, die von den Angeboten des Regelsystems nicht mehr erreicht werden, die Schule massiv verweigern, ihre Ausbildung abbrechen oder die für eine Ausbildung erforderliche Reife nicht besitzen, hat das BMFSFJ die Initiative JUGEND STÄRKEN (Schulverweigerung – Die 2. Chance, Kompetenzagenturen, Jugendmigrationsdienste, STÄRKEN vor Ort und das neue Modellprogramm „Aktiv in der Region“) bauen aufeinander auf und erreichen benachteiligte Jugendliche und junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in verschiedenen Lebensphasen. Als wichtige Bausteine von JUGEND STÄRKEN konzentrieren sich die Programme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und die „Kompetenzagenturen“ auf benachteiligte Jugendliche, die den Schulbesuch massiv verweigern oder von den regulären Einrichtungen am Übergang Schule/Beruf nicht (mehr) erreicht werden. Die seit 2006 bundesweit tätigen Programme arbeiten in einem Netzwerk mit lokalen Einrichtungen zusammen (z.B. Schulen, Ausbildungsanbietern, Agenturen für Arbeit, Jobcenter, Kommunen sowie Einrichtungen freier Träger).
Frage 9:
In welcher Form hat die Bundesregierung die Gleichstellung von Männern und Frauen im Ausbildungs- und Bildungsbereich im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs zu einem zentralen Thema gemacht? Wie beurteilt die Bundesregierung eine verpflichtende flächendeckende Verankerung von Gendertraining für Berufs- und Bildungsberater/innen?
Antwort:
Geschlechtsspezifisch ausgerichtete Maßnahmen enthält der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs 2010-2014 nicht. Da Ausbildungsplätze in Teilzeit für junge Mütter und Väter eine Möglichkeit zur beruflichen Qualifizierung bieten, werden die Paktpartner für eine stärkere Nutzung der Teilzeitberufsausbildung von Jugendlichen, insbesondere von alleinerziehenden Müttern und Vätern, werben.
Entsprechend des gesetzlichen Auftrags (§29 Abs. 2 SGB III) sind Art und Umfang der Beratung durch die BA am Bedarf des einzelnen Ratsuchenden ausgerichtet. In der Beratungskonzeption sind in der beraterischen Grundhaltung und den Handlungsprinzipien darüber hinaus Sensibilität für die Situation des Kunden/der Kundin verankert.
Für den Tätigkeitsbereich der Berufs- und Bildungsberater/in existiert kein einheitliches Berufsbild. Spezifische Gendertrainings können – sofern dies für den Berater/die Beraterin notwendig ist – Repertoire an Qualifizierungsmaßnahmen ergänzen … .
Frage 10:
In welcher Form hat die Bundesregierung die Beachtung und Förderung der beruflichen, sozialen und kulturellen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs zu einem zentralen Thema gemacht? Wie beruteilt die Bundesregierung eine flächendeckende Verankerung von Training in interkultureller Kompetenz für Berufs- und Bildungsberater/innen?
Antwort:
Die Paktpartner wollen die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich durch folgende Maßnahmen erhöhen:
## Die Wirtschaft wird durch das bundesweite Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT und das Engagement der Kammern die Information und Beratung junger Menschen mit Migrationshintergrund und deren Eltern verbessern.
## …
## Die Bundesregierung wird eine Kampagne „Migration und Ausbildung“ entwickeln. Dazu werden die KAUSA-Aktivitäten im Rahmen des JOBSTARTER-Programms erweitert. Neben der bisherigen Gewinnung von Unternehmern mit Migrationshintergrund sollen künftig auch Jugendlich mit Migrationshintergrund gezielt angesprochen und für eine Berufsausbildung gewonnen werden. In diesem Kontext werden auch die Initiative „Aktiv für Ausbildung“ sowie die Durchführung regionaler Ausbildungskonferenz fortgeführt.
## Die Bundesregierung wird in zentralen und regionalen Ausbildungskonferenzen der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration – gemeinsam mit den Paktpartnern, Migrantenorganisationen und Integrationbeauftragten der Länder – Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie deren Angehörige und Schulen über die vielfältigen Möglichkeiten einer betrieblichen Ausbildung informieren und beraten.
## Die Bundesregierung wird die Elternarbeit – insbesondere die Ansprache von Eltern mit Migrationshintergrund – intensivieren. Dazu wird die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration jährlich – gemeinsam mit Migrantenorganisationen, Eltern- und Jugendverbänden und Integrationsbeauftragten der Länder und Kommunen – Elternkonferenzen durchführen. Darin sollen vor allem die Eltern der Jugendlichen mit Migrationshintergrund über das deutsche Ausbildungssystem informiert und beraten werden.
Die BA bietet ihrem Beratungspersonal daher flächendeckend Trainings in interkultureller Kompetenz an. Sie hat bereits umfangreiche Konzepte zur interkulturellen Öffnung sowie zur migrationsspezifischen Qualifizierung des Beratungspersonals entwickelt. Da die BA in der Regel keine speziellen Beauftragten und Ansprechpersonen für Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund hat, werden alle BA-Beschäftigten (insbesondere Führungskräfte, Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte mit Kundenkontakt sowie Beschäftigte aus dem Personalbereich) im Rahmen der Personalentwicklung und im Kontext des ganzheitlichen Diversity Managements auf Sensitivität gegenüber (interkultureller) Vielfalt besonders qualifziert. Für den individuellen Qualifizierungsbedarf steht ein passgenaues Weiterbildungsangebot zur Verfügung, das in enger Abstimmung mit der Praxis fortlaufend aktualisiert wird. …
Frage 12:
Welche quantitativen Aussagen sind bezüglich der Teilhabe an Bildungsberatung von Menschen mit Migrationshintergrund, von Menschen mit geringer Qualifizierung und von Menschen mit Behinderung im Verhältnis zur sonstigen Bildungsberatung möglich?
Antwort:
Es existiert kein bundesweites Monitoring zur Teilhabe an Bildungsberatung; insofern können keine konkreten Aussagen zu Beratung der in der Frage angesprochenen Zielgruppen gemacht werden.
Die Anzahl von Beratungsgesprächen mit dem Inhalt Bildungsberatung werden von der der BA statistisch nicht erfasst.
Die Berufsberatung von jugendlichen Bewerberinnen und Bewerbern ist anhand der Bewerberzahl abbildbar. Diese repräsentiert jedoch nicht die Anzahl der Beratenen. Die Statistik der BA arbeitet an einem Konzept, mit dem die Anzahl der Personen, die in Fragen der Berufswahl beraten wurden, ermittelt werden kann.
Eine Datenauswertung für Menschen mit Migrationshintergrund konnte auf Basis der bisher maßgeblichen Rechts- und Datenlage nur für die Gruppe der Ausländerinnen und Ausländer erfolgen. Der betreffende Analytikbericht der BA muss sich deshalb auf diese Gruppe beschränken. Mit der Migrationshintergrund-Erhebungsverordnung (MighEV) vom 29.10.2010 darf ein Migrationshintergrund durch die BA nun für statistische Zwecke erfasst werden. Die Umsetzung der Erhebungsverordnung in den Fachverfahren der BA ist eingebracht worden, valide Daten zur Anzahl von Kunden und Kundinnen mit Migrationshintergrund werden Mitte 2012 zu erwarten sein. …
Die Antwort der Bundesregierung in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte der Vorabfassung im Anhang.
http://www.jugendmigrationsdienste.de/_template.php?1=1
http://www.jugend-staerken.de/
http://www.bagkjs.de/bildungsberatung_garantiefonds_hochschule
Quelle: SPD-Bundestagsfraktion
Dokumente: Antwort_auf17_5542___Berufs__und_Bildungsberatung.pdf