Europäisches Symposium „Damit Wandel gelingt…“ – Wege aus der Jugendarmut

Aus Jugendarmut wird Mut

Vom europäischen Symposium ausgehend formuliert die Katholische Jugendsozialarbeit in einem Kommuniqué ihre Ansätze für Wege aus der Jugendarmut. Um nicht lebenslang vom formalen Bildungssystem und entlohnter Arbeit ausgeschlossen zu sein, müssen den jungen Menschen Zugänge dazu auch mit non-formal oder informell erworbenen Kompetenzen möglich werden. So könnten z.B. peinliche Bewerbungsmappen wegfallen. Statt lückenhafter Lebensläufe und wenig aussagekräftigen Zeugnissen sollten sich Jugendliche mit dem präsentieren können, worin sie gut sind. Für aufstrebende Künstler und Kreative gilt das schon lange. Höchste Zeit, dass auch benachteiligten Jugendlichen solche Möglichkeiten eingeräumt werden.

Die BAG KJS versteht das Kommuniqué „Damit Wandel gelingt …“ als einen Beitrag zum strukturierten Dialog für die Zielgruppe benachteiligter Jugendlicher im Rahmen der Umsetzung der EU Jugendstrategie. Ausgehend vom Europäischen Symposium der BAG KJS vom 29.September bis 1.Oktober 2010 in Berlin, fordert Katholische Jugendsozialarbeit in dem Kommuniqué adäquate Unterstützung benachteiligter Jugendlicher. Alle jungen Menschen haben Anrecht auf ein selbstbestimmtes und eingenständiges Leben. Die Voraussetzung dafür zu schaffen, ist eine gesamtgesellschafltiche Aufgabe. Ein gesundes Aufwachsen mit ausreichnder materieller und sozialer Förderung soll für alle Jugendlichen ermöglicht werden. Hilfebedürftige Menschen düfen nicht an den Rang gedrängt werden oder durch die Maschen aller Netze fallen.

Auzüge aus dem Kommuniqué „Damit Wandel gelingt…“ – Stärkung benachteiligter Jugendlicher auf dem Weg zu aktiver Teilhabe:
„…“Über”- Leben sichern
Ein gesundes Aufwachsen mit ausreichender materieller und sozialer Förderung ist nicht für alle jungen Menschen in den EU Mitgliedsstaaten gesichert. Erschwert wird solch eine Lebenssituation darüber hinaus, dass ein Teil der jungen Menschen auch von sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung betroffen ist. Entsprechend hilfsbedürftige junge Menschen geraten so an den Rand der Gesellschaft. Sie fallen – oftmals unverschuldet – durch die Maschen sozialer Netze. Es ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, hier Abhilfe zu schaffen. …
Als wichtige Kennzeichen dieser Arbeit erweisen sich die Offenheit der Angebote und niedrigschwellige Zugänge für die Jugendlichen. In Deutschland finden sich solche Angebote in der aufsuchenden Jugendsozialarbeit, bei betreuten Wohnangeboten sowie durch individuelle sozialpädagogische Begleitungen. Weitergehende Beratungen sowie schul- und berufsbezogene Angebote stärken die Jugendlichen weiter zu einer positiven gesellschaftlichen Teilhabe und verhelfen ihnen, sich aus ihrer gesellschaftlichen Randposition zu lösen.

Werte, für die wir uns einsetzen
Nach den Prinzipien der christlichen Soziallehre ist jeder Mensch wertvoll und besitzt eine unveräußerliche Menschenwürde. Trotzdem sind ein Teil der jungen Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt. Sie erfahren keine Anerkennung und Wertschätzung, weil ihnen bestimmte Fähigkeiten zur (beruflichen) Integration in die Gesellschaft und zur aktiven Mitgestaltung fehlen. Orientierung an christlichen Wertvorstellungen muß auch durch die Haltung der Mitarbeitenden deutlich werden. Diese christliche Wertorientierung findet sich im Umgang miteinander wieder. Respektvoller Umgang heißt, die Jugendlichen mit ihren Wünschen ernst nehmen und auf gleicher Augenhöhe miteinander kommunizieren, ihnen die Möglichkeit geben, Fehler machen zu dürfen bedeutet auch vergeben zu können. Als Mitarbeiterin und Mitarbeiter christlich geprägter Einrichtungen sind wir bemüht, Angebote zur Rehabilitation auch unter schwierigen Bedingungen zu erhalten. … Allen jungen Menschen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ethnischen Herkunft, Geschlecht oder Religion – muß mit dieser Wertschätzung begegnet werden.

Bildung für alle Jugendlichen zugänglich
Bildung ist Voraussetzung und integraler Bestandteil eines gelingenden Lebens. Erst durch die Entfaltung von Begabungen kann eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe erreicht werden. Der Mensch ist ein Wesen, das in seiner Gottebenbildlichkeit aufgerufen ist, seine durch den Schöpfer verliehenen Anlagen zu entfalten. Dadurch wird deutlich, dass Bildung mehr ist als das Aneignen von (arbeitsmarkt-) verwertbaren Kenntnissen. Bildung ist Bestandteil einer Persönlichkeitsentwicklung, Bildungschancen dürfen daher nicht durch die soziale Herkunft bestimmt werden. Dieses breite Bildungsverständnis versteht Menschen nicht nur als Humanressource und engt die Vermittlung von Bildung nicht auf schulisches Wissen ein. Bildung findet an vielfältigen Orten statt, was in einer wissensbasierten Gesellschaft auch wahrgenommen und gefördert werden sollte. Unser Bildungsverständnis umfasst daher auch informelle und nonformale Lernorte. Für uns ist wichtig, was jemand kann und nicht, wo er es gelernt hat. Dieses Bildungsverständnis eröffnet insbesondere Jugendlichen berufliche Zugänge, die keine formalen Abschlüsse vorweisen können. Für diese jungen Menschen ist es wichtig, dass Kompetenzen beschrieben und für einen beruflichen Werdegang anerkannt werden. Hierzu zählen Fähigkeiten, die sich Jugendliche in informellen Kontexten aneignen, wie z.B. bei ehrenamtlichen Tätigkeiten und sozialen Aktivitäten. Das Gleiche gilt für außerschulische Bildungsprozesse, also in Maßnahmen der Jugendberufshilfe.

Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben unter dem Blick von Bildungsgerechtigkeit ein doppeltes Risiko: Sie verfügen nachgewiesenermaßen über schlechtere Bildungschancen und schließen die Schule mit niedrigeren oder auch ohne Abschlüsse ab. So stehen sie am Ende der Kette mit geringeren Zugangschancen zu schulischen und beruflichen Ausbildungsangeboten oder beim Einstieg in Lohnsysteme am Arbeitsmarkt. Um nicht lebenslang vom formalen Bildungssystem und damit von existenzsichernden Löhnen in der Arbeitswelt ausgeschlossen zu werden, muss es benachteiligten Jugendlichen möglich sein, sich über den Erwerb von Kompetenzen und Fertigkeiten außerhalb des formalen Systems einen Zugang zu Ausbildungsabschlüssen oder Weiterbildung zu eröffnen.

Mobilität zu Lernzwecken nutzen
Im Zuge der Globalisierung wird es für benachteiligte Jugendliche immer schwieriger, den Anschluß an der Erfahrungswelt Gleichaltriger zu erhalten. Unter diesem Blickwinkel sind Auslandserfahrungen nicht nur für den Freizeitbereich wichtig. Sie zählen mehr und mehr auch zum beruflichen Alltag. Diese gesellschaftliche Entwicklung wird durch die europäische Förderpolitik aufgegriffen. Die EU setzt auf Förderungen zur Mobilität insbesondere für junge Menschen, um zukunftsfähig zu bleiben. Durch die Evaluation der Förderprogramme wurde jedoch festgestellt, dass nur ein bestimmter gut gebildeter Teil der Jugend Europas Mobilität zur Bereicherung seines Wissens nutzt bzw. nutzen kann. Um die Beteiligung benachteiligter Jugendlicher an der europäischen Mobilität zu erhöhen und ihnen damit weitere und auch neue Formen des Lernens zu ermöglichen, unterstützt die Jugendsozialarbeit Auslandsaufenthalte für benachteiligte Jugendliche und stärkt auch die Mitarbeiterschaft, eigene berufliche Mobilitätserfahrungen zu Lernzwecken zu machen.

In ihrer Kommentierung zum EU Grünbuch Mobilität fordert die BAG KJS bereits Erleichterungen für den Au pair Status, neue Zugangsvoraussetzungen im europäischen Feiwilligendienst, Ausweitung europäischer Jugendwohnangebote mit sozialpädagogischer Unterstützung ebenso wie einen europaweiten Praktikantenstatus für Jugendliche im Übergangssystem. Wenn Auslandsaufenthalte als Lernerfahrung für alle jungen Menschen anerkannt sind und nicht nur innerhalb eines Studiums bzw. einer geregelten Berufsausbildung als Lernerfahrung zählen, dann werden zukünftig auch Stipendien für arbeitslose Jugendliche vorstellbar und somit eine weitere gesellschaftliche Ausgrenzung vermieden.“

www.jugendarmut.info
www.jugendarmut.info/stellungnahmen

Quelle: BAG KJS

Dokumente: Kommunique_Damit_Wandel_gelingt.pdf

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