STEUERUNGSGREMIUM ALS BEDINGUNG EINER GELINGENDEN KOMMUNALEN KOORDINIERUNG
Die Bundesarbeitsgemeinschaft örtlicher regionaler Träger der Jugendsozialarbeit (BAG ÖRT) beschreibt in ihrem aktuellen Positionspapier die Herausforderungen, vor denen das lokale Übergangsmanagment derzeit steht. Notwendige Handlungsschritte werden formuliert und bieten nachvollziehbare Grundlagen für kommunales Handeln.
Auszüge aus dem Positionspapier der BAG ÖRT „Lokales Übergangsmanagement weiterentwickeln.“:
„Der Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf ist für viele junge Menschen langwierig und kompliziert geworden. Den direkten Zugang von der Schule in die Ausbildung schaffen nur ca. 60 % der jungen Menschen. Zwischen Schule und Arbeitswelt hat sich ein „Übergangssystem“ mit zahlreichen unterschiedlichen Angeboten, die schwer zu überblicken sind, gebildet. Es existieren zahlreiche Projekte unterschiedlichster Akteure, die nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt und koordiniert sind. Diese Programme und Projekte werden kommunal, über die Länder oder den Bund finanziert und gesteuert.
Um mit diesen schwierigen Bedingungen umzugehen und die Angebote vor Ort sinnvoll zu steuern, wurde ein Ansatz entwickelt, der die Optimierung des Übergangssystems vor Ort zum Ziel hat. Das „Übergangsmanagement“ hat bereits zahlreiche Ansätze in der Praxis und wird z.B. in der Förderinitiative „Regionales Übergangsmanagement“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) als bundesweites Modellprogramm umgesetzt. Auch die Initiativen zur Entwicklung von kommunalen und lokalen Bildungslandschaften, wie zum Beispiel im Programm „Lernen vor Ort“ des BMBF, haben zum Ziel, Bildungsangebote vor Ort zu koordinieren und zu steuern.
Die Träger der Jugendsozialarbeit sind wichtige Akteure im Übergangssystem. Sie gewährleisten eine intensive Begleitung für sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche an den Übergängen Schule-Ausbildung und Ausbildung-Beruf. Aus diesem Grund begrüßt und unterstützt die BAG ÖRT die bisherigen Bestrebungen, ein abgestimmtes Übergangsmanagement vor Ort zu installieren. Aus unserer Sicht ist nun der entscheidende nächste Schritt, die Steuerungsverantwortung im Übergangsmanagement vor Ort systematisch zu verankern und ein verantwortliches Gremium zu bestimmen, das die Angebotsstruktur vor Ort koordiniert. Denn auch die Programme und Angebote des Übergangsmanagements, die gestalterischen Einfluss auf das Übergangssystem vor Ort nehmen, sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt, haben unterschiedliche Zielgruppen, agieren zum Teil parallel und sind mit unterschiedlichen Handlungsspielräumen ausgestattet.
In besonderer Verantwortung bei der Gestaltung des Übergangs Schule-Beruf sind die Kommunen. Auch wenn es keine formale rechtliche Zuständigkeit der Kommunen gibt, sehen wir die Verantwortung für die berufliche und soziale Integration von jungen Menschen hier verortet, denn die Kommune ist „der Ort an dem schulisches, soziales und emotionales Lernen und Bilden stattfindet“ und ist damit „die zentrale Plattform für die Bildung junger Menschen“. Die Steuerungsverantwortung für die Koordinierung der Akteure und Angebote muss in der Kommune wahrgenommen werden. Daher fordern wir die Umsetzung einer Kommunaler Koordinierung und ergänzen mit unserer Position die Forderungen der Weinheimer Initiative.
Die erfolgreiche Kommunale Koordinierung ist ein besonders wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem qualitativ hochwertigen Übergangsmanagement. Aus diesem Verständnis heraus müssen die Kommunen im Übergangssystem agieren. Sie müssen koordinierende Gremien unter Beteiligung der wichtigsten Finanzierungs- und Angebotsakteure initiieren und die Leitung übernehmen. Dabei soll die lokale politische Spitze die Verantwortung für die Kommunale Koordinierung übernehmen und den Leiter bzw. die Leiterin des Steuerungsgremiums bestimmen.
Der Leiter bzw. die Leiterin sollte Entscheidungsträger/in in der Kommune sein. Im Steuerungsgremium müssen alle Akteure im Übergangssystem eingebunden sein. Dazu gehören selbstverständlich auch die Träger der Jugendsozialarbeit sowie alle bereits vorhandenen Koordinierungsakteure.
Um das Übergangsmanagement vor Ort durch eine Kommunale Koordinierung erfolgreich zu gestalten, sind aus Sicht der BAG ÖRT folgende Bedingungen zu beachten:
– Die jungen Menschen stehen im Mittelpunkt
Alle beteiligten Akteure vor Ort müssen trotz unterschiedlicher Rechtsgrundlagen, Förderlogiken, Zuständigkeiten und Teilziele immer die betroffenen jungen Menschen im Blick haben und behalten. Interessensdifferenzen durch verschiedene Zuständigkeiten und Ziele müssen harmonisiert werden und die Akteure sind in der Pflicht immer wieder über die Angebotsstruktur einen Konsens im besten Interesse der jungen Menschen zu finden.
– Träger der Jugendsozialarbeit als wichtige Partner und Akteure im Übergangssystem
Die Träger der Jugendsozialarbeit sind wichtige Akteure im Übergangssystem. Sie vertreten die Gruppe der sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten jungen Menschen, die in erhöhtem Maß auf einen gut funktionierenden Übergang angewiesen sind.
Die Träger der Jugendsozialarbeit besitzen besondere Kenntnisse der Bedarfe ihrer Zielgruppen, aber auch besondere Kenntnisse der Strukturen und Angebote vor Ort. Sie können neue Programme und Angebote auf ihren regionalen Nutzen einschätzen und bewerten. Dies gilt vor allem für Träger mit besonderem regionalem und kommunalem Bezug. Sie sind als Experten in die Kommunale Koordinierung einzubinden.
– Steuerungsgremium unter Leitung der kommunalen Spitze
Kommunale Koordinierung kann nur dann gelingen, wenn die Kommune Verantwortung übernimmt. Das Gremium, das für die Steuerung der Angebote vor Ort zuständig ist, steht unter kommunaler Leitung und besteht aus Vertretern und Vertreterinnen aller wichtigen Akteure des Übergangsmanagements.
Dieses Gremium gewährleistet eine ausreichende Kommunikation zwischen den Akteuren im Übergangssystem und garantiert eine neutrale Steuerung im Interesse der jungen Menschen vor Ort.
– Mitglieder des Steuerungsgremiums
In das Steuerungsgremium sollen alle Akteure eingebunden werden, die am Übergang Schule-Arbeitswelt arbeiten. Die genaue Struktur des Gremiums hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab. Die Mitglieder des Steuerungsgremiums sollen Entscheidungsträger/innen in ihren Organisationen sein, um verbindliche Absprachen und Entscheidungen im Steuerungsgremium treffen zu können.
Einbezogen werden sollen:
– Kommunale Spitze, kommunale Vertreter/innen,
– Träger der Jugendsozialarbeit,
– Agentur für Arbeit,
– Örtliche Grundsicherungsträger,
– Öffentliche und Freie Jugendhilfe,
– Schule,
– Wirtschaft,
– Initiativen und Programme, die Übergangsgestaltung bzw. Übergangsmanagement zum Ziel haben, wie z.B. das Programm „Regionales Übergangsmanagement“, das Programm „Kompetenzagenturen“, und „Lernen vor Ort“.
Zur engen Einbindung möglichst vieler Akteure wäre außerdem die Etablierung eines Fachbeirats neben dem Steuerungskreis denkbar, der selbst keine steuernde Funktion hat, den Steuerungskreis aber regelmäßig berät.
– Aufgaben des Steuerungsgremiums
Bei der Abstimmung von Bundes- und Landesprogrammen und Angeboten auf kommunaler Ebene muss das Koordinierungsgremium in geeigneter Weise einbezogen werden. Dies ersetzt natürlich nicht die Notwendigkeit und Pflicht der Ministerien auf Bundes- und Landesebene, Programme im Bereich Übergang Schule–Arbeitswelt aufeinander abzustimmen. In besonderer Verpflichtung zur Absprache und Abstimmung sind die Vertreter/innen der Rechtskreise der Sozialgesetzbücher (SGB) II, III und VIII, um bedarfsgerecht Angebote zu planen und Parallelstrukturen zu vermeiden.
Das Steuerungsgremium ist für eine Ist-Analyse der Situation vor Ort und eine umfassende Bedarfsplanung verantwortlich und gibt Empfehlungen an Entscheidungsgremien und Entscheidungsträger ab, um eine Abstimmung zwischen verschiedenen Programmen und Projekten herzustellen und Parallelstrukturen zu vermeiden. Das Steuerungsgremium ist außerdem die wichtigste Informations- und Austauschplattform für die Akteure am Übergang Schule-Arbeitswelt. Hier wird über neue Projekte und Programme informiert und zukünftige Bedarfe werden erhoben sowie passende Angebote initiiert. Das Gremium ist auch dafür verantwortlich, Qualitätsstandards für das Übergangsmanagement zu erarbeiten und diese regelmäßig zu überprüfen.
Das Steuerungsgremium legt regelmäßig Ziele für das Übergangsmanagement fest, überprüft und evaluiert die Ziele und den Zielerreichungsgrad. Die Akteure des Steuerungsgremiums verpflichten sich, die festgelegten Ziele zu verfolgen und umzusetzen.
– Konstante, flächendeckende Strukturen und die Verstetigung von Kommunaler Koordinierung
Auf der Grundlage einer entsprechenden politischen Beschlussfassung muss das Steuerungsgremium dauerhaft eingerichtet sein und regelmäßig unter kommunaler Leitung tagen. Die getroffenen Absprachen sind verbindlich und damit Handlungsmaxime. Kommunale Koordinierung des Übergangsmanagements darf nicht auf Modellregionen beschränkt bleiben, sondern soll die Angebote für junge Menschen in ganz Deutschland steuern und optimieren“
http://www.bag-oert.de
Quelle: BAG ÖRT