Ökumenisches Forum Sprache: ‚Jugendliche Migrant/innen benötigen eigene Lernform‘

Tagungsbericht von Walter Weissgärber (BAG EJSA) und Hermann Laubach (BAG KJS) über das 9. ökumenische Forum zur sprachlichen und schulischen Integration zugewanderter junger Menschen am 8. März 2005 in Köln unter dem Titel ‚Zukunft sichern durch Sprache und Begleitung‘: “ 50 Schulleiter/-innen, Lehrer/-innen aus Einrichtungen der Sprachförderung als auch die Sozialarbeiter/-innen in den Jugendmigrationsdiensten in evangelischer und katholischer Trägerschaft sowie deren Kooperationspartner aus dem gesamten Bundesgebiet setzten sich im „Forum Sprache“ mit der Zukunft der Sprachförderung der Sprachkursträger und den Aufgaben der Regionalkoordinator/-innen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge auseinander. Unter anderem auch mit der Fragestellung, inwieweit die Zukunft gesichert werden kann durch bedarfsgerechte Deutsch-Sprachkurse und Integrationsbegleitung. Folgende Ergebnisse sind zu berichten: 1. Das ökumenische Forum „Sprache“ begrüßt grundsätzlich, dass die Integrationskurse gemeinsam für Ausländer/-innen und Aussiedler/-innen durchgeführt werden. Bedauert werden fehlende und dringend notwendige Angebote für Flüchtlinge, auch ohne auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus, die sich über mehrere Jahre in Deutschland aufhalten. Hier lautet die Forderung: „Integrationskurse für alle.“ 2. In einem Gesamtkonzept der Förderung von zugewanderten Jugendlichen ist darauf hinzuweisen, dass eine Sprachförderung von 600 Unterrichtsstunden bei weitem nicht ausreicht, um eine Einmündung in eine qualifizierte Berufsausbildung zu ermöglichen. Die Länder sind hier aufgefordert – wie auch Herr Dr. Lefringhausen als Integrationsbeauftragter des Landes NRW bestätigt – ergänzende Maßnahmen auch für schon länger in Deutschland lebende junge Migranten/-innen anzubieten. 3. Schon während des Sprachkurses muss die Zeit nach dem Sprachkurs geplant werden, damit die Einmündung in Ausbildung und Beruf möglichst ohne Leerlauf geschieht. Hier sind sowohl die Kommunen als auch die Länder mit ergänzenden Angeboten gefragt. 4. Ein großes Anliegen des Forums ist das Zustandekommen zielgruppenspezifischer Integrationskurse (Jugend, Frauen, Alphabetisierung, Lernbehinderte und Behinderte). Sie müssen ermöglicht und gefördert werden, denn Jugendliche benötigen eine eigene Lernform. 5. Die Fahrtkostenerstattung sollte bundeseinheitlich geregelt werden. Es kann nicht im Ermessen des einzelnen Regionalkoordinators/-in des BAMF liegen, hier zu entscheiden, ob die Entfernung vom Wohnort zum Kursort zumutbar ist oder nicht. Ohne bedarfsgerechte Fahrtkostenübernahme ist es nicht möglich für Jugendliche zielgruppenspezifische Kurse einzurichten. 6. Die 30-stündigen Orientierungskurse sind ein wichtiger Baustein für das Zurechtfinden in Deutschland. Damit diese viel zu kurz angesetzte Zeit sinnvoll und – auch abgegrenzt vom Sprachkurs – flexibel genutzt werden kann, wird vorgeschlagen, diese Kurse in Kooperation mit den JMD und Bildungsträgern durchzuführen, die mit ergänzenden Kursangeboten diesen Unterricht bereichern und so auch eine gezielte Weiterarbeit im Rahmen des Case Management im JMD ermöglichen können. 7. Die Gruppengröße der Deutsch-Sprachkurse (Integrationskurse) sollte 20 Teilnehmer/-innen nicht überschreiten, weil Sprache – lernen ein individueller Prozess ist, bei dem auf den Entwicklungsstand und das Lerntempo der einzelnen Schüler/-in Rücksicht genommen werden muss. 8. In der derzeitigen Umstrukturierungsphase muss sich das örtliche Netzwerk der Integrationshilfen bewähren und beweisen. Sprachkurse müssen koordiniert und zielgruppenspezifisch angeboten werden. Es ist nicht zumutbar, dass die Sprachkursteilnehmer/-innen drei Monate lang „festgehalten“ werden, bevor sie zu dem für sie bedarfsgerechten Integrationskurs wechseln können. Die Regionalkoordinator/-innen können hier vermittelnd eingreifen, sind aber an die Vorgaben des Zuwanderungsgesetzes und der Integrationskursverordnung gebunden. 9. Die optimale Kooperation zwischen Regionalkoordinator/-innen, Ausländerbehörden, untere Eingliederungsbehörden und JMD besteht dann, wenn Anschriften der neu zugezogenen Jugendlichen an die JMD gemeldet werden. Hier sollten optimale Lösungen gefunden werden. Selbstverständlich ist der Datenschutz zu beachten. Dieser darf aber nicht der Grund sein für verspätete Kontaktaufnahme und unnötige Zeitverzögerung gerade in den ersten Tagen und Wochen des Einlebens in Deutschland. Hier ist ein Prozess des Umdenkens notwendig, denn die JMD sind vom Bund beauftragte und finanzierte Partner in der Integrationsarbeit, die als Erstanlaufstelle die Weichen für den gesamten Integrationsprozess stellen sollen. 10. Wichtig ist die Evaluation der Durchführung von Integrationskursen. Einige Sprachkursträger erstellen in diesem Zusammenhang derzeit eine Abfrage über die Erfahrungen aus den ersten Kursen. Diese Abfrage sollte ergänzt werden mit den statistischen Erkenntnissen des Bundesamtes und als Grundlage für die politische Diskussion und zur Überarbeitung der Integrationskursverordnung dienen. “ Weitere Infos: Hermann Laubach, BAG KJS, laubach@jugendsozialarbeit.de, www.bagkjs.de, und Walter Weissgärber, BAG EJSA, weissgaerber@bagejsa.de , www.bagejsa.de – 9ForumKoeln.jpg

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