Zuwanderung nach Deutschland im ökonomischen Interesse

Zuwanderung nach Deutschland im ökonomischen Interesse Auszüge aus dem Kommentar von Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz, Leiter des Referats „Grundsatzfragen und ökonomische Aspekte der Migration“ im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Nürnberg “ Die Bundesrepublik ist seit Ende des II. Weltkriegs wichtigstes Zielland in Europa für Zuwanderungen von deutschen und ausländischen Migranten. In diesem Jahr feiern wir den 50. Jahrestag der ersten Anwerbevereinbarung mit Italien (1955). Allein bis zum Anwerbestopp 1973 sind 14 Mio. Ausländer zu- und 11 Mio. fortgezogen, seither kamen noch einmal so viele in die (alte) Bundesrepublik und ebenso viele wie damals wanderten wieder zurück in ihre Heimatländer. Ende 2004 lebten ca. 6,7 Mio. Ausländer bzw. ca. 12 Mio. Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland – darunter grob gerechnet 3 Mio. Aussiedler und 2 Mio. Eingebürgerte. Jeweils die Hälfte der Ausländer bzw. der Personen mit Migrationshintergrund beteiligte sich am Erwerbsleben, was einen Bevölkerungs- und Erwerbspersonenanteil von einem Zwölftel bzw. einem Siebtel entspricht. Aus den vorliegenden empirischen Untersuchungen ist zu schließen, dass die Migration der Vergangen-heit in ökonomischer und gerade auch in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht sehr stark dem wirtschaftlichen, regionalen oder sektoralen Eigeninteresse Deutschlands entsprach. Dies drückt sich z.B. darin aus, dass die Ausländer und Zuwanderer jährlich ca. 5–7 % bzw. 100 Mrd. € zur hiesigen Wirtschaftsleistung beitragen. Die gezahlten Steuern und Beiträge sind spürbar höher als die vom Staat bezogenen Leistungen. Die laufende Finanzierung der deutschen Einheit würde jeden erwachsenen Deutschen in einer autre monde ohne Migranten erheblich teurer kommen (ca. 200 € pro Jahr) als jetzt. Vieles spricht dafür, dass entsprechende günstige Effekte auch von zukünftigen Zuwanderungen ausgehen, wenn es gelingt, diese möglichst schnell in die hiesige, sich im Zuge der zunehmenden Globalisierung schnell wandelnde deutsche Wirtschaft und Gesellschaft zu integrieren. Bei ansässigen Zuwanderern bestehen indes nicht nur in ökonomischer, sondern auch in gesellschaft-licher Hinsicht erhebliche Integrationsdefizite, gerade auch bei der zweiten und dritten Generation sie zeigen sich – trotz spürbarer Fortschritte in der jüngeren Vergangenheit – insbesondere im Bildungs-system und – daraus folgend – auf den Arbeitsmärkten, auf denen die Migranten einem mehr als doppelt so hohen Risiko, arbeitslos zu werden und zu bleiben, unterliegen wie die Deutschen. Mit Blick darauf wurden – bekanntlich nach einer längeren Diskussion und schließlich doch mit Einstimmigkeit aller demokratischen Parteien – die gesetzlichen Regelungen zur Migration mit dem Zuwanderungsgesetz ab dem 1.1.2005 auf eine neue Grundlage gestellt. Ziel der Neuregelungen ist die stärkere Steuerung und Begrenzung der Migration nach Deutschland nach seinen wirtschaftlichen Interessen. Die wesentlichen Neuerungen sind darin zu sehen, dass mit dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) als dem Kernstück erstmals nicht nur Einreise und Aufenthalt von Dritt-staatenangehörigen (also von Ausländern außerhalb der EU) geregelt werden, sondern auch deren Zugang zur Erwerbstätigkeit. Definitive Steuerungsmöglichkeiten bestehen im Hinblick auf Zahl und Qualifikation der Arbeitsmigranten aus Drittstaaten. Den gesetzlichen Rahmen für solche Zuwanderer dazu liefern §§ 18–21 des AufenthG. Danach können – je nach Arbeitsmarktbedarfen – qualifizierte Arbeitskräfte (§ 18), hoch qualifizierte Wissenschaftler und Führungskräfte in Unternehmen (high potentials § 19) und Selbstständige (§ 21) mit ihren Familienan-gehörigen zuwandern. In wirtschaftlicher Hinsicht kommt diesen Migranten wegen ihrer hohen Ergebnis- und Personalverantwortung und entsprechend starken Impulsen für die lokale und regionale Wirtschaft und ggf. ihre Branche hohe Bedeutung zu. Schon im ersten Halbjahr 2005 sind mehr als 700 Führungskräfte (Vorstände, Geschäftsführer und andere leitende Angestellte) nach Deutschland gekommen, um entsprechende Positionen zu übernehmen. Es steht außer Frage, dass der Zuzug von solchen executives gerade auch in konjunkturellen Problem-phasen und bei einem flachen Wachstumspfad mit anhaltenden Ungleichgewichten auf den Arbeits-märkten vor allem auch im wirtschaftlichen Eigeninteresse Deutschlands liegt. Um diesem Interesse in Zukunft noch stärker Rechnung zu tragen bzw. die Kosten der Nicht-Integration von zukünftigen Zuwanderern zu minimieren, sollten wir im weltweiten Wettbewerb qualifizierte Zuwanderer gewinnen und sie – wie gesagt – möglichst schnell und dauerhaft in die gesellschaftlichen Systeme integrieren. Hinzu kommt die verstärkte Ausschöpfung vorhandener Ressourcen. Dazu leistet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg nicht zuletzt mit den seit Beginn dieses Jahres laufenden Integrationsmaßnahmen (Sprach- und Orientierungskurse) einen wesentlichen Beitrag. “

http://www.migration-online.de

Quelle: Forum Migration 11 des DGB Bildungswerks http://www.migration-online.de/data/publikationen_datei_1130481032.pdf

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