Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. gibt Empfehlungen für die systematische Förderung junger Menschen am Übergang Schule – Beruf heraus. Arbeitsagenturen, Jobcenter und Träger der Jugendhilfe müssen besser kooperieren, damit Jugendliche nicht durch das System fallen. Der Deutsche Verein empfiehlt daher den Auf- bzw. Ausbau einer systematischen Zusammenarbeit der Arbeitsagenturen, Jobcenter und Träger der Jugendhilfe in möglichst allen Kommunen. Aufgezeigt werden Bedingungen für ein gutes Gelingen – ohne ein einheitliches Modell vorzugeben.
Auszüge aus den konkreten Handlungsempfehlungen zu den Gelingensbedingungen zum Auf- und Ausbau von Kooperationen:
Lokale Arbeitsstrukturen und Kooperationsprozesse zielorientiert und systematisch entwickeln
„(…) Aus den gesetzlichen Kooperationsnormen und der gemeinsamen Verantwortung der drei Rechtskreise resultiert die Aufgabe der Arbeitsagenturen, Jobcenter und Träger der Jugendhilfe, auf kommunaler Ebene eng zusammenzuarbeiten, um jungen Menschen den nahtlosen Übergang in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen. (…)
Die Kooperationsnormen werden in den Kommunen unterschiedlich umgesetzt. Für den Auf- und Ausbau einer rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit gibt es kein einheitliches Modell. Das Engagement zur Ausgestaltung der Kooperation basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und muss an den lokalen Bedarfen ausgerichtet werden. Um der gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden, bedarf es einer zielorientierten und systematischen Entwicklung lokaler Arbeitsstrukturen und Kooperationsprozesse. Nachfolgend werden Merkmale und Voraussetzungen aufgezeigt, die hierfür förderlich sind. Den Akteuren wird anhand dieser Erfolgsfaktoren eine Hilfestellung zum Auf- oder auch Ausbau einer systematischen Zusammenarbeit angeboten. (…)
Kooperationspartner kennenlernen und Kommunikationsstrukturen schaffen
Für die Umsetzung der Kooperation müssen die erforderlichen bzw. gewünschten Ansprechpartner/-innen der anderen Rechtskreise identifiziert und durch Ansprache für die Zusammenarbeit gewonnen werden. Der Deutsche Verein empfiehlt einen regelmäßigen, unvoreingenommenen Dialog zwischen den Akteuren der beteiligten Rechtskreise zur Abstimmung von Inhalt, Form und Zielen einer Kooperation. Für das gegenseitige Kennenlernen von Personen und Verfahren, der Organisationsstrukturen, ihrer gesetzlichen Grundlagen sowie der spezifischen lokalen Angebote bieten sich gemeinsame Workshops an. (…) Darüber hinaus empfiehlt der Deutsche Verein die Schaffung von Kommunikationsstrukturen, die einen kontinuierlichen persönlichen wie fachlichen Austausch ermöglichen. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch, gemeinsame Team- und Gremiensitzungen, wechselseitige Hospitationen sowie gemeinsame Schulungen sind bewährte Maßnahmen (…) Die Leitungsebene sollte entsprechende Anstrengungen honorieren und den Fachkräften auch den zeitlichen Rahmen für diesen Austausch
einräumen. (…) Auf übergeordneter, planerischer Ebene sollten Akteure der jeweils anderen Rechtskreise für die Gremienarbeit berücksichtigt werden. Beispielsweise können Vertreter/innen des Jobcenters als beratendes Mitglied der Jugendhilfeausschüsse und Vertreter/-innen des Jugendamtes in den Beirat des Jobcenters eingebunden werden.
Gemeinsame Ziele und Inhalte der Kooperation identifizieren
Der Deutsche Verein empfiehlt den Kooperationspartnern, die Ziele der Zusammenarbeit gemeinsam und schrittweise zu entwickeln. Alle Beteiligten müssen ihre Pläne und Absichten transparent darlegen. Klarheit sollte darüber bestehen, in welcher Intensität die Öffnung und Verzahnung der bestehenden Systeme verfolgt wird. Die Vereinbarung gemeinsamer Kooperationsziele setzt das Einvernehmen der Akteure über eine konkrete Zielgruppe voraus. Diese kann eine möglichst weit gefasst Zielgruppe von jungen Menschen sein, die am Übergang von der Schule in den Beruf stehen. Es kann aber auch sinnvoll sein, sich zunächst auf eine wesentlich kleinere Zielgruppe zu verständigen und die Kooperation beispielsweise auf Jugendliche in multiplen Problemlagen zu konzentrieren. (…) Um zum Wohle junger Menschen gut zusammenzuarbeiten, sind die fachlichen Ziele zu bestimmen, an denen sich die Ergebnisqualität der Kooperation messen lässt.
Verantwortlichkeiten und Arbeitsform bestimmen
Die Kooperationspartner sollten klären, welche Formen der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit auf der Fach- oder der Leitungsebene anlassbezogen ohnehin bereits vor Ort stattfinden. Für eine zielgerichtete, kontinuierliche und verlässliche Zusammenarbeit sind sodann in den jeweiligen Rechtskreisen konkrete Ansprechpartner/-innen zu benennen und ihre Befugnisse für das weitere Kooperationsvorhaben zu bestimmen. (…) Es muss ein Abgleich erfolgen, ob für das Kooperationsvorhaben ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen und Kompetenzen vorhanden sind, und geklärt werden, wie die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. (…)
Junge Menschen an der Gestaltung des Übergangs beteiligen
Der Deutsche Verein empfiehlt, die jungen Menschen als Zielgruppe der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit an der Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf aktiv zu beteiligen. Sie sollten nicht nur rechtkreisübergreifend „mitgenommen“, sondern auch verstärkt beteiligt werden. Die Jugendlichen sollten in transparenter und vertrauensvoller Weise in den Planungsprozess der eigenen Förderung eingebunden werden, denn sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Initiative und Motivation der jungen
Menschen selbst sind ausschlaggebend für den erfolgreichen Verlauf des eingeleiteten Förderprozesses. Durch ihre Teilnahme an Fallkonferenzen werden zudem partizipative Prozesse in Gang gesetzt. Die jungen Menschen fühlen sich als Akteure ernst genommen und können wichtige Impulse zur Ausgestaltung passgenauer Unterstützungsleistungen geben.
Mehrwert der Kooperation herausstellen
Auf jeder Hierarchieebene sollte den Akteuren bewusst sein, welcher Mehrwert sowohl den zu unterstützenden Jugendlichen als auch den Beschäftigten in den Institutionen der Rechtskreise aus der Kooperation erwächst. Diese sog. Vorteilsübersetzung ist eine wichtige Grundlage, um eine positive Haltung und Eigenmotivation zur Zusammenarbeit zu erreichen. Für alle Beteiligten muss erkennbar sein, dass durch gemeinschaftlich strukturierte, aufeinander abgestimmte rechtskreisübergreifende Prozesse eine größere Wirkung bei der beruflichen und sozialen Integration junger Menschen erzielt wird, als es die Summe der nicht ineinandergreifenden Einzelangebote vermag. (…)
Dokumentation und Erfolgskontrolle
Der Deutsche Verein empfiehlt, nach erfolgter Verständigung über gemeinsame Ziele und einer Erprobung der Zusammenarbeit den Kooperationsprozess schriftlich zu dokumentieren. Die Kooperationspartner sollten zur Absicherung des Erreichten eine schriftliche Kooperationsvereinbarung schließen, in der das Vorgehen schritthaft dargestellt und klar festgelegt wird, welche Aufgaben der jeweilige Rechtskreis übernimmt. (…) Die Verschriftlichung der Kooperation erleichtert es auch neuen Mitarbeiter/-innen und Führungskräften, sich in ihrem Aufgabenfeld zu orientieren. Es empfiehlt sich, in regelmäßigen Abständen die Erfolge und Misserfolge in der gemeinsamen Zusammenarbeit zu dokumentieren und miteinander auszuwerten, um die Kooperation auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln. Das Gelingen der Kooperation manifestiert sich in der Qualität ihrer Struktur, dem Prozess der Zusammenarbeit und dem Ergebnis. (…)
Unterstützung der kommunalen Verwaltungsleitung gewinnen
Für das Gelingen verbindlicher und tragfähiger Kooperationen bei der Förderung junger Menschen auf ihrem Weg von der Schule in das Berufsleben ist die Unterstützung und Absicherung des Vorhabens durch die kommunale Verwaltungsleitung unerlässlich. Dies schafft Verbindlichkeit und gibt dem gemeinsamen Anliegen Sichtbarkeit und Außenwirkung. Die Einbindung der politischen Spitze kann auch dazu beitragen, die Zusammenarbeit gegenüber Prioritätenwechseln im kommunalpolitischen Prozess abzusichern. (…)“
Quelle: Deutscher Verein