Wohnungsmarkt in der Krise: Keine Chance für Obdachlose

Der Evangelische Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe (EBET) kritisierte auf seinem diesjährigen Bundeskongress in Frankfurt am Main scharf die aktuelle Wohnungspolitik. Unter dem Titel „Wohnst Du schon oder verzweifelst Du noch?“ fordert der Verband in seiner Frankfurter Erklärung eine grundlegende Neuorientierung hin zu einer sozialen Wohnungspolitik. Vor allem für wohnungslose Menschen sei der Zugang zu Wohnraum kaum mehr möglich. Diskriminierung, knapper bezahlbarer Wohnraum und überfüllte Notunterkünfte erschwerten ihre Situation zusätzlich.

„Wohnungslose Menschen haben auf dem unsozialen freien Wohnungsmarkt keine Chance“, sagt der Vorstandsvorsitzende Dr. Jens Rannenberg. In Großstädten und Ballungszentren fehlen laut Schätzungen rund 800.000 Wohnungen – vor allem im bezahlbaren Segment. Viele Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen zahlten inzwischen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete. Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft zudem weiter, während spekulativer Leerstand und steigende Mieten das Problem verschärfen.

Wohnungslosigkeit in Deutschland: Junge Menschen und Familien besonders betroffen

Die Zahlen zur Wohnungslosigkeit sind alarmierend: Laut einem aktuellen Bericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) sind vor allem junge Menschen und Familien stark betroffen. Rund 16 % der Hilfesuchenden im Jahr 2022 waren unter 25 Jahre alt. Viele von ihnen hatten bereits eine Nacht auf der Straße verbracht, bevor sie Unterstützung fanden. Diese sogenannte „versteckte Wohnungslosigkeit“, bei der junge Menschen bei Freund*innen oder Bekannten unterkommen, verdeutlicht, wie groß die Unsicherheit ist. Gestiegene Miet- und Energiepreise sowie prekäre Einkommensverhältnisse, verschärfen die Situation wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. in ihrem Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2022“ feststellt. Die steigenden Preise und das unzureichende Angebot an Wohnraum machen es für viele Jugendliche nahezu unmöglich, eine eigenständige Existenz aufzubauen.

Steigende Mietpreise und fehlender Wohnraum: Forderungen nach einer sozialen Wohnungspolitik

Der EBET fordert Bund, Länder und Kommunen auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehöre die Umwandlung leerstehender Büroflächen in Wohnraum, eine verstärkte Förderung des sozialen Wohnungsbaus sowie der gezielte Ausbau von Wohnmöglichkeiten für wohnungslose Menschen. „Steigende Mieten sind kein Naturgesetz“, betonte Rannenberg und verwies auf die Notwendigkeit politischer Eingriffe. Nur mit einem klaren Fokus auf soziale Teilhabe könne das Ziel erreicht werden, Obdachlosigkeit bis 2030 zu beseitigen.

Ein weiterer zentraler Punkt der Forderungen ist die Prävention. Wohnungslosigkeit müsse durch frühzeitige Unterstützung verhindert werden, weil der Verlust einer Wohnung oft irreversible Folgen hat. Kommunen müssten daher zentrale Fachstellen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit ausbauen und finanziell besser ausgestattet werden.

Quellen: Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe in der Diakonie; epd; BAG W; jugendsozialarbeit.news; BAG KJS

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