Wohnungslosigkeit ist in Deutschland ein wachsendes Problem, das vor allem junge Menschen und Familien betrifft. Laut aktuellem Bericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) für das Jahr 2022 nimmt die Zahl der von Wohnungsnot betroffenen Menschen weiter zu. Insbesondere junge Erwachsene unter 25 Jahren sind immer häufiger betroffen. Wohnungslosigkeit trifft Menschen in entscheidenden Phasen ihres Lebens – und der Weg aus der Wohnungslosigkeit heraus ist oft mit vielen Hürden verbunden. Ein Anstieg wohnungsloser Personen lässt sich auch bei Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit feststellen. Der Anteil wohnungsloser Menschen aus nicht EU-Staaten stieg von 17,1 % in 2020 auf 21,2% in 2022 an. Solche Anstiege lassen sich u. auf Fluchtbewegungen zurückzuführen. Zuletzt auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Zahlen wurden anlässlich des Tags der Wohnungslosen am 11. September herausgegeben.
Junge Menschen in unsichtbarer Not: Versteckte Wohnungslosigkeit als wachsendes Problem
Rund 16 % der Hilfesuchenden, die sich 2022 an nicht-kommunale Träger wandten, waren unter 25 Jahre alt. Auffallend ist, dass etwa 13 % der jungen Menschen in der Altersgruppe von 18 bis 25 Jahren mindestens eine Nacht auf der Straße verbrachten, bevor sie Unterstützung suchten. Der Bericht beleuchtet auch die sogenannte „versteckte Wohnungslosigkeit“: Viele junge Menschen leben zeitweise bei Freund*innen oder Bekannten. Das mag harmlos erscheinen, führt jedoch oft zu unsicheren und potenziell gefährlichen Abhängigkeiten. Im schlimmsten Fall sind diese jungen Menschen auf ihre Gastgeber*innen angewiesen, um eine Unterkunft zu behalten. In einigen Fällen kann das sogar mit der Forderung nach sexuellen Gefälligkeiten verbunden sein.
Die Notlage dieser jungen Menschen bleibt oft unsichtbar. Sarah Lotties, Fachreferentin der BAG W, betont, dass die psychische Belastung und das ständige Leben in Unsicherheit gravierende Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Entwicklung junger Menschen haben. Ohne stabile Wohnverhältnisse ist es für viele schwer, sich im Bildungs- und Arbeitsumfeld zu integrieren. Das führt zu einer Spirale aus Armut und sozialer Ausgrenzung.
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) weist im Rahmen ihrer Initiative zur Bekämpfung von Jugendarmut auf das wachsende Problem der Wohnungslosigkeit hin. Im Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2022“ betonte sie, dass Inflation und steigende Mietpreise die Lage für junge Menschen erheblich verschärfen. Junge Erwachsene, die ohnehin finanziell instabil sind, geraten durch die Preisanstiege schneller in Notlagen, in denen Wohnungslosigkeit oft die Folge ist. Dass junge Menschen in schwierigen Lebenslagen kaum über die Mittel verfügen, sich Wohnraum leisten zu können, zeigt auch der Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2020“.
Familien ohne eigenes Zuhause: Die prekäre Lage verschärft sich weiter
Die BAG W hebt in ihrem Bericht hervor, dass Familien ebenfalls stark von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Laut dem Bericht hatten mehr als ein Drittel der Familien, die 2022 Hilfe suchten, bereits keine eigene Wohnung mehr. Dieser Trend ist besonders alarmierend, da stabile Wohnverhältnisse für Kinder und deren Entwicklung essenziell sind. Die BAG W warnt davor, dass die Lage von Familien in den kommenden Jahren weiter eskalieren könnte, besonders da Zwangsräumungen, die während der Pandemie ausgesetzt wurden, nun wieder durchgeführt werden.
Die BAG W fordert dringend Maßnahmen, die sowohl für junge Menschen als auch für Familien gezielte Unterstützung bieten. Dazu gehören niedrigschwellige Beratungsangebote, die auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnitten sind, und ein Ausbau von bezahlbarem Wohnraum. Nur so könne die Wohnungslosigkeit in Deutschland nachhaltig bekämpft werden.
Quelle: BAG W; KNA; tagesschau.de; stern.de