Die Arbeitsmarktpolitik braucht eine Reform der Reformen. Sie sollte weniger gängeln und sich stärker an guter Arbeit und Teilhabe orientieren. Das wäre auch ein wirksamer Ansatz, um Fachkräfteengpässe zu vermeiden, so eine neue Analyse, die Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) koordiniert hat. Die Studie umfasst Vorschläge, darunter die Angleichung der Zumutbarkeitsregeln, damit Arbeitsmarktpolitik solidarisch und nachhaltig wird. Experten aus Wissenschaft, Verwaltung, Gewerkschaften und Verbänden haben sie entwickelt. Die Studienergebnisse wurden in der Reihe „Study“ der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht.
Arbeitsmarktpolitik besser mit gesamt-gesellschaftlichen Zielsetzungen vereinbaren
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert seit Jahren bei rund einer Million. Einige hunderttausend Menschen scheinen dauerhaft von Erwerbsarbeit ausgeschlossen. Ein Grund ist das Sozialgesetzbuch (SGB) II. Seine Bestimmungen laufen darauf hinaus, Hartz-IV-Empfänger so schnell wie möglich in Arbeit zu vermitteln – ohne Rücksicht auf langfristige berufliche Ziele oder die Qualität der Jobs. Deshalb empfehlen die Forscher, die allgemeinen Ziele des SGB III, wonach die Arbeitsförderung den Arbeitsmarkt insgesamt und die Qualität der Beschäftigung berücksichtigen soll, ins SGB II zu übernehmen.
Die grundsätzlich unvermeidlichen Spannungsverhältnisse zwischen zwei Regimen („Rechtskreisen“ SGB II und SGB III), die nach unterschiedlichen Gerechtigkeitslogiken in ein und denselben Arbeitsmarkt hineinführen sollen, müssen im Hinblick auf vermeidbare Anlässe für die Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten bearbeitet werden, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
Das gelingt nach Auffassung der Forschung, wenn beide Rechtskreise auf die Ziele einer hohen Qualität von Beschäftigung und Arbeit ausgerichtet werden. Die Bewältigung des strukturellen Wandels kann auch durch Investitionen in die Fähigkeiten von Menschen gelingen. Dem Rechnung zu tragen. Explizit zum Ausdruck sollte gebracht werden, dass das SGB II zusätzlich zu seinem arbeitsmarktpolitischen Auftrag auch einen Teilhabeauftrag gegenüber als „erwerbsfähig“ klassifizierten Menschen hat, denen der allgemeine Arbeitsmarkt aktuell oder dauerhaft verschlossen ist.
Anspruch auf Arbeitslosengeld I verbessern
Damit auch Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwerben können, die ungesichert beschäftigt sind und Lücken im Lebenslauf haben, sollten die Fristen entsprechend angepasst werden. Darüber hinaus sollten die Zumutbarkeitsregeln angeglichen werden, um der Lebensleistung von Hartz-IV-Empfängern mehr Ankerkennung zu zollen. Außerdem plädieren die Arbeitsmarktforscher dafür die „Zwangsverrentung“ sowie die Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose abzuschaffen.
Dringend nötig ist aus Sicht der Autoren ein sozialer Arbeitsmarkt, der in erster Linie gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Um dabei die Chancen auf reguläre Jobs nicht zu verschlechtern, sei größtmögliche Ähnlichkeit zum allgemeinen Arbeitsmarkt wünschenswert.
Die Studie von Matthias Knuth – Solidarische und Sozialinvestive Arbeitsmarktpolitik – lesen Sie in vollem Textumfang hier.
Quelle: Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg Essen