Weniger einwanderungsbezopgene Bildungsungleichheit in Ostdeutschland

Jugendliche aus Einwandererfamilien besuchen in Ostdeutschland deutlich häufiger das Gymnasium als im Westen. Ihr Anteil liegt mit 56 Prozent sogar deutlich über dem von Gleichaltrigen, deren Eltern in Deutschland geboren wurden – hier sind es rund 45 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Erhebung unter der Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Für die Untersuchung wertete das Team Daten von 107.717 Schülerinnen und Schülern aus, die die 9. Klasse besuchten. Dazu gehörten Angaben zum familiären Umfeld, zur besuchten Schulform und auch Ergebnisse bundesweiter Tests zu den Deutsch- und Mathematikkenntnissen der Schüler*innen.

Im Westen schlechtere Bildungschancen für Jugendliche aus Einwandererfamilien

Im Westen gibt es hinsichtlich der Bildungsbeteiligung ein großes Gefälle zwischen Heranwachsenden mit und ohne Migrationserfahrungen. Im Osten haben Jugendliche, deren Eltern nach Deutschland migriert und die selbst hier geboren sind, die höchste Bildungsbeteiligung, denn sie besuchen am häufigsten ein Gymnasium – sogar noch etwas häufiger als ihre Mitschüler*innen, deren Eltern in Deutschland geboren sind. 

Soziale Herkunft entscheidet über Bildungserfolg

Die Untersuchung bestätigt, dass in Deutschland immer noch die soziale Herkunft über den Bildungserfolg der jungen Menschen entscheidet. Der Bildungshintergrund und die finanzielle Situation der Eltern prägen maßgeblich die Bildungschancen und den Bildungserfolg ihrer Kinder.  

Dass die Unterschiede beim Einkommen und bei der Bildung im Osten schwächer sind, sei laut Forscher*innen zum Teil auf historische Gründe zurückzuführen. Im Osten stammten viele Migrant*innen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion und verfügten über ähnliche Qualifikationen wie Ostdeutsche ohne Einwanderungsgeschichte. Außerdem seien die Einkommensunterschiede in den neuen Bundesländern generell geringer als in den alten. In den alten Bundesländern würden Migrant*innen immer noch häufig als niedrigqualifizierte Arbeitskräfte und eher selten in mittleren oder höheren Angestelltenpositionen arbeiten. 

Bildungspoltische Maßnahmen spielen untergeordnete Rolle

Zwei andere Erklärungen, warum Kinder und Jugendliche aus eingewanderten Familien im Osten häufiger aufs Gymnasium gehen, scheiden laut Dr. Oliver Winkler von der MLU aus. Für den Soziologen Winkler unterscheiden sich die bildungspolitischen Maßnahmen der Bundesländer eher wenig und dienen daher nicht als überzeugende Erklärung. Außerdem zeigt die Studie einen geringen Einfluss der frühkindlichen Bildung. Der Anteil der untersuchten Jugendlichen, die früher eine Kindertagesstätte besucht haben, sei in Ost und West nahezu gleich. 

Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen der Humboldt-Universität zu Berlin war ebenfalls an der Studie beteiligt. Die Forschenden habe ihre Studienergebnisse in der „Zeitschrift für Soziologie“ veröffentlicht. Studie: Winkler O., Jansen M. & Edele A. Warum gibt es in Ostdeutschland weniger einwanderungsbezogene Bildungsungleichheit? Zeitschrift für Soziologie (2022). doi: 10.1515/zfsoz-2022-0012 

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 

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