Nach Angaben von Europol sind gegenwärtig europaweit 10.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) verschwunden, das Bundeskriminalamt (BKA) hat ihre Zahl für Deutschland auf knapp 4.800 Betroffene beziffert.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat demgegenüber ausgeführt, dass die Zahl niedriger sei, ohne konkrete Angaben über die tatsächliche Höhe zu machen. Es ist also offen, wie groß die Gruppe tatsächlich ist, auch wenn die Existenz der Problematik unbestritten ist. Über die Hintergründe und die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist bislang wenig bekannt. Geflüchtete Minderjährige sind auf der Flucht besonderen Gefahren ausgesetzt: Sie sind oftmals abhängig von Schleppern und Schleusern und insbesondere wenn sie alleine flüchten, sind sie Menschenhändlern vielfach schutzlos ausgeliefert.
Die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen hatte mit der Bitte um genaue Zahlen die Bundesregierung angefragt. In ihrer Antwort nennt die Bundesregierung für 2015 die Zahl 8.006 unbegleitet geflüchtete Minderjähriger. Die Zahl entstammt einer Statistik, die beim Bundesministerium aufgeführt wird. Dabei handle es sich um 635 Kinder und 7.371 Jugendliche.
Wieder angetroffen worden oder eigenständig zurückgekehrt seien im Jahr 2015 2.171 unbegleitete geflüchtete Minderjährige, davon 80 Kinder und 2.091 Jugendliche. Die vermissten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kommen laut Bundesregierung überwiegend als Afghanistan, Syrien, Somalia, Eritrea, Marokko und Algerien.
Die Statstik wird beim Bundeskriminalamt unter dem Namen „Vermisste und unbekannte Tote“ geführt. Zum Widerspruch in den Zahlenangaben führt die Regierung aus, dass die Zahlen des des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)(die in einem Zeitungsartikel genannt werden) dem Sachverhalt entsprechend zutreffen.
Die veröffentliche Zahl des Bundeskriminalamtes gibt die Zahl der Meldungen von Vermissten und nicht von tatsächlich vermissten geflüchteten Minderjährigen wieder. Sie vermag deshalb insofern kein reales Bild der Lage zu zeichnen: Aufgrund eines fehlenden einheitlichen Erfassungssystems von unbegleiteten Minderjährigen sind keine belastbaren Aussagen über die Anzahl tatsächlich „verschwindender“ unbegleiteter Minderjähriger möglich.
Zu der Frage, welche Maßnahme initieiert wurden oder werden, um die Situation zu verbessern, führt die Regierung aus, wie ernst sie die Situation nimmt:
„Die Bundesregierung strebt an, gesicherte Daten zu gewinnen, um belastbare Aussagen treffen zu können, hinsichtlich etwaig verschwindender Kinder. Die Bundesregierung nimmt dies sehr ernst und wird im Rahmen der Erarbeitung ihres jährlichen Berichts zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgung, Unterbringung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher offene Fragen (z. B. für etwaige Gründe für das Verschwinden) klären. Aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern notwendige Maßnahmen ableiten.“
Die Antwort der Bundesregierung in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages
Dokumente: 1808087_Antwort_verschwundene_gefluechtete_Minderjaehrige.pdf