Verbesserung der Situation junger Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt

Auszüge aus dem Positionspapier Jungen Flüchtlingen Bildung und Ausbildung sichern. des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit:
“ Jugendsozialarbeit will und muss auch junge Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus erreichen und gezielt fördern, damit deren Chancen auf einen Schul- und Berufsabschluss gesteigert und möglichst gesichert werden. Damit die Förderung junger Flüchtlinge konsequenter erfolgen kann, werden notwendige Änderungen sowohl bei den Rahmenbedingungen als auch für die konzeptionellen Zugänge aufgezeigt. …

Aufenthalte legalisieren.
Zwar können nach § 25a AufenthG sogenannte „gut integrierte“ geduldete Jugendliche nach sechsjährigem Schulbesuch oder erfolgreichem Schulabschluss unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltserlaubnis für sich und ihre Familien erhalten. Diese Regelung ist aber bisher nur wenigen jungen Menschen zugutegekommen.

Auch Minderjährige in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität leben häufig schon lange in Deutschland. Diese jungen Menschen haben unveräußerliche Rechte. Sie können diese aber aufgrund der Übermittlungspflichten öffentlicher Einrichtungen an die Ausländerbehörden in der Regel nicht wahrnehmen und bleiben so selbst von der existentiellen gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. Zwar sind Schulen und Erziehungseinrichtungen seit November 2011 von der Übermittlungspflicht an die Ausländerbehörde befreit, trotzdem werden manchmal noch Papiere wie Melde- oder Gesundheitsbescheinigungen gefordert, die Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität nicht beibringen können. …

Von den Leistungen und Regelungen im KJHG/SGB VIII sind junge Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ausdrücklich ausgenommen (vgl. § 6 (2) SGB VIII). Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten haben diese jungen Menschen meist nur vermittelt über die Dienste der medizinischen Parallelversorgung (etwa die Malteser Migranten Medizin oder Medico International). Darüber hinaus besteht teilweise an Schulen ein Berührungspunkt zur Jugendhilfe über die Schulsozialarbeit.

Zugang zu Integrationskursen sichern.
Jugendintegrationskurse haben sich als erfolgreiches Instrument zur ersten Orientierung für neu eingewanderte junge Menschen und zum Spracherwerb außerhalb des Schulsystems erwiesen. Junge Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Duldung oder Gestattung haben jedoch derzeit keinen Zugang zu Integrationskursen.

Häufig fällt die Entscheidung über einen dauerhaften Aufenthaltstitel erst nach Jahren und wird, wie beispielsweise im Fall einer abgeschlossenen Berufsausbildung, von den Integrationsleistungen des jungen Menschen abhängig gemacht, die durch einen Integrationskurs ja gerade gefördert und ermöglicht werden. Selbst im Falle einer späteren Rückkehr ins Herkunftsland können deutsche Sprachkenntnisse sowie landeskundliche Kenntnisse von Vorteil sein. …

Schulpflicht umsetzen. Schulen für junge Flüchtlinge sensibilisieren und befähigen.
Geduldete Familien und Familien im Asylverfahren sind teilweise Wohnorten zugewiesen, an denen keine adäquate schulische Förderung existiert und die Übernahme der Fahrtkosten zu geeigneten Einrichtungen außerhalb des Wohnortes nicht sichergestellt ist.

Neu eingewanderte Kinder und Jugendliche müssen sich im deutschen Schulsystem zurechtfinden. Ob sie ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können, hängt in der Praxis zuallererst davon ab, ob sie ohne Deutschkenntnisse sofort einen Schulplatz erhalten, alters- und bedarfsgerechte schulische Sprachförderangebote vorfinden und wie weit die Schule darauf eingestellt bzw. vorbereitet ist, mit jungen Flüchtlingen zu arbeiten. Wichtig ist, dass Lehrer/-innen interkulturell und diversitätsbewusst geschult sind und über ausreichend Wissen zu den Belangen von Kindern und Jugendlichen mit Migrations- und Fluchterfahrungen verfügen. …

Eine inklusive Schule, die in der Schulsozialarbeit und in weiteren Angeboten der Jugendhilfe verankert ist und in der Vielfalt anerkannt wird, hilft allen jungen Menschen – insbesondere auch Flüchtlingskindern und -jugendlichen. Damit sie eine echte Chance auf Bildung haben, sind oft weitere Unterstützungsleistungen seitens der Jugendsozialarbeit, etwa in Form einer verlässlichen Bildungsbegleitung, unerlässlich. …

Bildung und Ausbildung für alle jungen Menschen ermöglichen. –
Forderungen der Jugendsozialarbeit
## Für junge Flüchtlinge – und dies gilt auch für Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt – ist der Spracherwerb der deutschen Sprache lebensnotwendig und ein Schlüsselfaktor für die soziale, schulische und berufliche Integration. Angemessene Sprachförderung, die die individuellen Bildungsressourcen berücksichtigt, ist vordringliche Aufgabe von Schule. Schulische Sprachförderangebote müssen daher auf Landesebene flächendeckend an allen Schulformen, insbesondere auch für jugendliche Seiteneinsteiger/-innen, sichergestellt werden.
## Sofern für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche eigene Klassen eingerichtet werden, ist darauf zu achten, dass sie so weit und so früh wie möglich in die reguläre Schul- und Klassengemeinschaft integriert werden.
## Auch Berufsschulen müssen für diese Zielgruppen adäquate Sprachförderangebote und berufsorientierte Regelangebote anbieten, um den Übergang von Schule zu Ausbildung zu gewährleisten und damit den berufsschulpflichtigen jungen Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt echte Teilhabechancen zu eröffnen. Die Berufsschulpflicht ist in besonders begründeten Fällen auf 25 Jahre anzuheben.
## Allen legal oder geduldet in Deutschland lebenden jungen Menschen muss die Teilnahme an Jugendintegrationskursen offenstehen. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit schließt sich dem Gesetzesvorschlag des Bundesrates sowie der Forderung der Integrationsminister der Länder an.
## Gerade beim Zugang zur dualen Berufsausbildung wurden in den letzten Jahren viele Verbesserungen für junge Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt erwirkt. Damit diese von den jungen Menschen auch wirklich genutzt werden können, muss ihr Aufenthalt für die Zeit der Ausbildung gesichert sein, und sie sollten auch Zugang zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen erhalten: Zur Aufnahme einer Berufsausbildung sollten alle jungen Menschen, unabhängig von ihrem bisherigen Aufenthaltsstatus, eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Die ausbildungsvorbereitenden und ausbildungsbegleitenden Unterstützungsangebote des SGB III sind vom Aufenthaltsstatus zu entkoppeln und die entsprechenden ausländerrechtlichen Leistungsvoraussetzungen sind zu streichen. Bei den Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration des SGB II sind auch junge Menschen ohne langfristig gesicherten Aufenthalt zu berücksichtigen
## Junge Menschen in unsicheren Aufenthaltsverhältnissen sind in besonderer Weise auf eine kompetente asyl- und aufenthaltsrechtliche Beratung sowie auf Beratung zu Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten angewiesen: Flüchtlingsberatungsstrukturen müssen flächendeckend ausgebaut, verlässlich erhalten und in ihren jugendspezifischen Angeboten gestärkt werden. Die Länder dürfen sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich nicht entziehen. Die Angebote der Jugendmigrationsdienste sollten langfristig auch jungen Asylsuchenden und Geduldeten offenstehen. Hierzu ist es u. a. notwendig, die Vernetzung von Jugendmigrationsdiensten mit den Angeboten der Flüchtlingshilfe flächendeckend zu unterstützen und die Mitarbeitenden (im Sinne einer Befähigung zu einer kundigen Verweisberatung) zu qualifizieren. …
Ausblick
Trotz bestehender rechtlicher Defizite und entsprechender Handlungsbedarfe sind junge Menschen mit unsicherer Aufenthaltsperspektive … nicht mehr … systematisch und gesetzlich von Ausbildung, Arbeit und sozialer Integration ausgeschlossen. Sie haben aber weiterhin mit hohen Hürden zu kämpfen. Es fehlt ein gleichberechtigter Zugang zu Unterstützungsleistungen und sie sind faktisch – teilweise entgegen der geltenden Rechtslage – von elementaren Grundrechten ausgeschlossen.

Auch die Jugendsozialarbeit ist entsprechend gefordert, passende Angebote und individuelle Unterstützung für die Zielgruppe der jungen Flüchtlinge zu entwickeln und zu gewährleisten. Dass Deutschland diese jungen Menschen auch dringend als zukünftige Fachkräfte benötigt, ist ein weiteres, wenn auch aus Sicht der Jugendsozialarbeit nicht das entscheidende Argument, diesen jungen Menschen faire Chancen und Unterstützung zu geben. Diese Angebote müssen – im Sinne einer fortschreitenden interkulturellen Öffnung und dem Abbau von strukturellen und ideellen Hürden – auch tatsächlich niedrigschwellig zugänglich und passend sein. Entsprechende Beratung und Unterstützung der Träger und Fachkräfte können dabei nur durch eine enge Kooperation etwa mit Fachdiensten der Migrations- und Flüchtlingsarbeit gewährleistet werden. „

Das Positionspapier in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

www.jugendsozialarbeit.de

Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

Dokumente: KV_Positionspapier_Junge_Fluechtlinge_Juni_14.pdf

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