Auszüge aus den Schlussempfehlungen für eine Zielgruppe – und inhaltsangemessene Verbraucherbildung der Studie „Jugendliche und online-Werbung im Scocial Web“ von Niels Brüggen, Eva Dirr, Mareike Schemmerling, Ulrike Wagner:
“ … Schlussfolgerungen für eine zielgruppen- und inhaltsangemessene Verbraucherbildung
Jugendliche sind, wenn sie Angebote im Social Web nutzen, auch immer Verbraucherinnen bzw. Verbraucher. Zum einen nutzen Jugendliche, auch die in der vorliegenden Studie Befragten, nahezu ausschließlich kommerzielle Angebote mit eigenen Geschäftsbedingungen und Geschäftsmodellen. Zum anderen begegnen Jugendlichen in den meisten dieser Angebote unterschiedliche Werbe- und Konsumangebote, bei denen sie ebenfalls gefordert sind, diese einzuschätzen und zu bewerten. …
Die Jugendlichen in dieser Studie äußern sich Werbung im Social Web gegenüber überwiegend kritisch. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass die als kritisch vorgebrachte Haltung nicht dem Ideal einer kritischen Konsumentin bzw. eines kritischen Konsumenten entspricht. …
Die Kriterien für die Einschätzung leiten die Jugendlichen aus ihrer subjektiven Nutzungsperspektive ab und nicht von konsumbezogenen Fachkenntnissen. Zentrale Bewertungskriterien sind ihr persönliches Interesse an den beworbenen Inhalten sowie die Angemessenheit der beworbenen Inhalte für sie als Zielgruppe. Des Weiteren kritisieren sie Werbung, wenn sie dadurch in ihrer Nutzung behindert werden. Positiv bewerten die Jugendlichen dagegen, wenn sie selbst Einflussmöglichkeiten auf die Darstellung der Werbung haben. …
Die Umgangsweisen der befragten Jugendlichen mit Werbung sind – im Kontrast zu ihrer im Grundton kritischen Einschätzung – hinnehmend, nutzenorientiert und nur in einzelnen Fällen unterbindend. … Nicht immer identifizieren sie diese Angebote aber auch als Werbung. Nur einzelne Jugendliche haben sich mit Ad-Blockern Wege erschlossen, die Menge an Werbung einzuschränken, mit der sie sich konfrontiert sehen. Offenbar besteht hier eine deutliche Diskrepanz zwischen der kritischen Bewertung
der Jugendlichen und ihrem tatsächlichen Handeln. …
Die befragten Jugendlichen erkennen nur einen Teil der Bandbreite an Werbeformen, mit denen sie (insbesondere in facebook) in Kontakt kommen, tatsächlich als Werbung. In der Auseinandersetzung mit Gestaltungsmitteln und -elementen von Werbung im Social Web können die Jugendlichen zwar eine Reihe von wesentlichen Prinzipien erkennen und darin die Absicht der Werbetreibenden hinterfragen, die Auswertungsverfahren und -möglichkeiten hinter den Erscheinungsformen sind den Jugendlichen allerdings nicht bekannt und für sie nicht durchschaubar. …
Die fatalistische Einstellung, es werde bzw. könne sich zukünftig ohnehin nichts ändern und alle Daten seien schon gespeichert, ist alarmierend mit Blick auf die Bereitschaft, sich für die eigenen Rechte einzusetzen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Befragten in einem Alter sind, in dem ein Teil ihrer Entwicklungsaufgaben darin besteht, eine Motivation für gesellschaftliche Partizipation zu entwickeln. Dies wirft die Frage auf, inwiefern sie an dieser Stelle als junge Verbraucherinnen und Verbraucher vor Anforderungen gestellt sind, die sie überfordern. Hinweise für eine Überforderung liefert z. B. das Schwanken der Jugendlichen in der Argumentation zwischen der Forderung nach einem harten Durchgreifen des Staates und der Überbetonung der Selbstverantwortung der Nutzenden. So findet einerseits die Forderung Zustimmung, dass Plattformen, die sich nicht an deutsches Recht halten, Konsequenzen zu tragen hätten und ggf. auch gesperrt werden sollten. Wenn dabei aber deutlich wird, dass die Jugendlichen damit auch selbst Zugang zu den Angeboten verlieren, wird deutlicher die Eigenverantwortlichkeit der Nutzenden betont, die selbst auf sich aufpassen müssen. …
Herausforderungen und Ansatzpunkte für eine zielgruppenadäquate Verbraucherbildung
…
## Strukturen im Hintergrund erfahrbar machen: … Im Rahmen der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen ist es folglich wichtig, die ansonsten unsichtbaren bzw. undurchsichtigen Strukturen, wie z. B. zentrale Punkte der Geschäftsmodelle kommerzieller Anbieter, nachvollziehbar zu vermitteln. …Wichtige inhaltliche Aspekte für die praktische Arbeit mit Heranwachsenden sind hierbei:
1. Die Teilnahme kommerzieller Anbieter an einem Wettbewerb um Marktanteile. …
2. Die Werbefinanzierung im Allgemeinen …
3. Die Personalisierung von Werbeinhalten und die damit verbundene Datenauswertung innerhalb und außerhalb (z. B. über Cookies) der einzelnen Angebote …
4. Die Funktionsweisen sogenannter �sozialer Werbung‘ …
## Konsequenzen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene thematisieren und reflektieren: … Auf einer individuellen Ebene kann eine erste Reflexion bereits durch das Offenlegen der Auswertungsmöglichkeiten (siehe oben) initiiert werden. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Konsequenzen aber wichtig zu reflektieren, wer weshalb ein Interesse haben könnte, Informationen über die eigene Person zu erhalten und entsprechende Auswertungsmöglichkeiten zu nutzen. …
## Über den Verbraucherschutz informieren: Für das Treffen fundierter Entscheidungen ist es auch von Bedeutung, die eigenen Rechte zu kennen. … Zu erwarten ist, dass Jugendliche ihr Handeln eher in einen Abgleich zu ihren Rechten setzen und Änderungen seitens der Anbieter einschätzen können, wenn sie sowohl ihre Rechte kennen als auch
wissen, dass sie nicht auf sich selbst gestellt sind, sofern sie ihre Rechte bedroht sehen. …“
Die im Kontext der Studie entwickelten Materialien stehen im Bestellservice der Bayerischen Staatsregierung über aufgeführten Link kostenfrei zu Verfügung.
Die Studie in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.
www.iff.de
www.bestellen.bayern.de
www.verbraucherbildung.socialweb.bayern.de
Quelle: JFF – Institut für Medienpädagogik
Dokumente: JFFStudie_Jugendliche_OnlineWerbung_SocialWeb.pdf