Den Übergangsbereich umgestalten und weiterentwickeln

Die katholischen Träger der beruflichen Bildung und Jugendsozialarbeit in NRW legen sich bei der Ausgestaltung des Übergangs dafür ein, ein besonderes Augenmerk auf die benachteiligten und beeinträchtigten Jugendlichen zu legen. Vorhandene Standardangebote zur Berufsorientierung und beruflichen Bildung reichen oft nicht aus. Daher fordern die katholischen Träger in NRW eine kontinuierliche sozialpädagogische Begleitung über den gesamten Prozess der beruflichen und gesellschaftlichen Integration. Außerdem bedarf es besonderer Förderangebote für diese Zielgruppe. Im Bereich der Berufsausbildung ist ein Wesentliches die Assistierte Ausbildung. Damit die Förderung dieser jungen Menschen gelingt, fordert die katholische Jugendsozialarbeit rechtskreisübergreifende Kooperation, eine ausreichende Infrastruktur und Planungssicherheit für Träger. Nur so kann der Prozess des Übergangs professionell wirkungsvoll unterstützt werden. Und genau diese Unterstützung benötigen junge Menschen, die aufgrund mangelnder Ressourcen oder instabiler sozialer Netzwerke, das Schulsystem nicht erfolgreich durchlaufen. Das zu einseitig auf Wissensvermittlung ausgerichtete System lässt diese zurück. Erforderlich sind nachhaltige Angebote.

Auszüge aus dem Positionspapier „Perspepektiven für den Übergang Schule-Beruf“ der LAG KJS NRW und LAG für berufliche Bildung:
“ (…)
Persönlichkeitsbildung stärken
Erfahrungen mit Jugendlichen, die beim Übergang Schule – Beruf begleitet werden, belegen, dass von einer rein berufsorientierenden Praxis und Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben viele jungen Menschen bislang nicht profitieren konnten, da sie aus unterschiedlichen Gründen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung die dazu erforderlichen Voraussetzungen noch nicht erfüllen. (…) Bei der altersgemäßen Heranführung an die Berufs- und Arbeitswelt gilt es vor allen Dingen, die jeweiligen Lebensbedingungen und -vorstellungen der Ju­gendlichen zu erfassen sowie ihre Selbsteinschätzung und Vorlieben vorbehaltlos zur Kenntnis zu nehmen. (…) Diese Annäherung von individuellen Wünschen und Interessen und den Anforderungen der Arbeitswelt ist ein langwieriger Prozess, der ganzheitlich begleitet werden muss und somit im Rahmen von Schule allein nicht gewährleistet werden kann. (…)

Die von den katholischen Bildungsträgern in diesem Zusammenhang durchgeführten Unterstüt­zungs- und Coachingangebote, sowohl in Schule als auch im Rahmen beruflicher Bildungs-, Qua­ifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen bilden daher ein unerlässliches, flankierendes Hilfsangebot für diese Zielgruppe, die dabei insbesondere von folgenden Hilfen profitiert: ## Förderung sozialer, personaler und interkultureller Kompetenzen
## Begleitung und Unterstützung bei persönlichen Angelegenheiten
## Hilfen zur Alltagsbewältigung und Tagesstrukturierung
## Sozialpädagogische und/oder psychologische Betreuung
## Elternarbeit
## Gesundheitserziehung (…)
Berufsorientierung begleiten
Im Konzept zum neuen Übergangssystem in NRW „Kein Abschluss ohne Anschluss“ wird an ver­schiedenen Stellen auf die besondere Bedeutung der kommunalen Koordination der zuständigen Partner verwiesen – vor allem allgemeinbildende Schulen, Berufskollegs und Betriebe. Setzten alle den Auftrag einer umfassenden und neu strukturierten Berufs- und Studienorientierung konsequent um – so die Verstellung-, könne einem Großteil der Jugendlichen mit diesem Konzept zu einem erfolgreichen und direkten Einstieg in die berufliche Laufbahn verholfen werden.

Im Ganzen ist der Prozess der Berufsorientierung für benachteiligte Jugendliche aber äußerst anspruchsvoll und komplex und mit den o. g. Instrumenten nicht zu erreichen. (…)

Die Erprobung und Implementierung konkreter Maßnahmen und Angebote zur individuellen, le­benslagenorientierten Unterstützung für Schülerinnen und Schüler im Prozess der Berufsorientie­rung, der Berufswahl und der Berufsvorbereitung sind erforderlich mit folgender Zielsetzung: ## Bei den Jugendlichen findet eine Auseinandersetzung mit den eigenen Fähigkeiten, Kom­petenzen, Interessen und Ressourcen statt.
## Durch eine klare Perspektive auf dem Weg von der Schule in Berufsvorbereitung, Ausbil­dung und Arbeit wird die Sicherheit der jungen Menschen gestärkt.
## Es werden insbesondere auch junge Menschen mit Migrationshintergrund, sowie jugend­liche mit Behinderung und aus bildungsfernem Elternhaus erreicht.
## Junge Menschen, die die Schule frühzeitig verlassen (möchten), da sie den angestrebten Abschluss nicht erreichen (können), werden zielgerichtet gefördert.
## Angebote externer Akteure zur Berufsorientierung werden eingebunden.
Berufsvorbereitung und nachträglichen Erwerb eines Schulabschlusses kombinieren
Es existieren unterschiedliche rechtliche Grundlagen und Finanzierungsmöglichkeiten für die berufsvorbereitende Unterstützung förderungsbedürftiger junger Menschen. Die Teile SGB II (§ 16) und SGB III (§ 45) des Sozialgesetzbuches bieten hier einschlägige Hilfsangebote ebenso wie die Kinder- und Jugendhilfe (§ 13 SGB VIII), wie das SGB IX für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Die Schulgesetzgebung in NRW und schließlich Modellmaßnahmen von Bund, Land und der Europäischen Union vervollständigen noch das ohnehin breit gefächerte Angebot an Hilfen. Entsprechend dem Rechtsanspruch (§ 53 SGB 111) ist es dabei unabdingbar, berufsvorbereitende Angebote mit dem nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (HSA 9, HSA toA, FOR) zu kombinieren, da dies die Chancen auf einen Übergang in Ausbildung entschei­dend erhöhen kann. (…)

Berufsausbildung ergänzen
(…)
Junge Menschen im Übergang von der Schule in den Beruf benötigen (…) Personen, die sie hierbei begleiten und unterstützen. (…) Neben einer Beratung und Orientierung junger Menschen kommt es auch darauf an, dass sie bei ihren ersten Schritten in die Berufswelt systematisch, persönlich und kontinuierlich begleitet werden. (…)

Neben der seit Jahren angebotenen außerbetrieblichen Berufsausbildung für förderungsbedürfti­ge junge Menschen und den besonderen Ausbildungsangeboten für junge Menschen mit Behin­derung bietet sich die sog. Assistierte Ausbildung als weitere Form an. Unter „Assistierter Ausbil­dung“ verstehen wir ein Konzept, in dem die Ausbildung in Kooperation von Betrieben, berufs­bildenden Schulen und der Jugendberufshilfe erfolgt. Der Betrieb übernimmt dabei die fachprak­tische Qualifizierung, die berufsbildende Schule den theoretischen Teil und die Jugendberufshil­fe die Unterstützung des Ausbildungsmanagements sowie die kontinuierliche Begleitung der Jugendlichen im Berufs- und Lebensalltag.

Kooperation und Vernetzung abstimmen und verbessern
Berufliche und gesellschaftliche Integration der in der Jugendberufshilfe betreuten und begleiteten jungen Menschen kann nur gelingen, wenn alle hieran beteiligten Partner zusammenarbeiten. Das bedeutet auch, dass ein Informations- und Erfahrungsaustausch sichergestellt sein muss. Die Vorschriften des Datenschutzes verhindern es zum Beispiel derzeit, dass Daten einer Potenzialanalyse oder Ergebnisse einer Berufsorientierung/-beratung weitergegeben werden können.

Kooperation heißt aber auch, dass Mittel und Wege zur Einführung einer kohärenten Förderung im Übergang Schule-Beruf gefunden werden müssen. Dazu ist es notwendig, die durch SGB II, SGB III, SGB VIII und durch die Schulgesetzgebung des Landes zur Verfügung stehenden Mittel im Sinne einer optimalen Förderung junger Menschen zusammenzuführen. (…)

Verlässliche Angebote gewährleisten
Prozessorientierte Berufsorientierung ausgerichtet auf die Lebenssituation des jeweiligen Jugendlichen kann nur dann gelingen, wenn sie für alle Beteiligten verlässlich ist. (…) Die kurzen Vergabezeiträume, und die Tat­sache, dass im Preis nur Mindeststandards berücksichtigt werden können, erschweren nicht nur die Arbeit der Träger, sie zerstören bewährte Infrastrukturen und lassen demokratische Prozesse des Lernens, der Mitgestaltung und der Mitsprache der jungen Menschen nicht zu. Die jetzt durch die 7. Änderungsanordnung zur Vergabeverordnung und durch die neue EU­-Vergaberichtlinie neu eingeführten Qualitätskriterien, die auch beim Zuschlag berücksichtigt werden sollen, können hier hoffentlich zu Verbesserungen der Situation führen.

Die in der Jugendhilfe im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses vergebenen Maßnahmen, etwa in Jugendwerkstätten oder -beratungsstellen in NRW bieten bereits jetzt mehr Kon­tinuität und Planungssicherheit als Maßnahmen, die ausgeschrieben werden.

Die langjährig entwickelte und spezialisierte Förderkompetenz freier Bildungsträger, die wesent­lich zum Erreichen hoher beruflicher Vermittlungsquoten beiträgt, darf nicht vom Markt verdrängt werden. Wir erwarten daher, dass sich die staatlichen berufsbildenden Schulen weiterhin auf ihren schulischen Auftrag konzentrieren und nicht, wie in einigen Bundesländern zu beobachten ist, an der Umsetzung von Arbeitsförderungsmaßnahmen nach den SGB II und III beteiligen. (…)“

Das Positionspapier in vollem Textumfang entnehmen Sie dem Anhang.

Quelle: LAG KJS NRW

Dokumente: Positionspapier12_2014.pdf

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