Diese Hose und dieser Lippenstift: Viele Jugendliche wollen unbedingt haben, was Influencer*innen anpreisen. Dabei sind sie sich oft nicht im Klaren, dass es sich dabei um Werbung handelt. Forscher*innen schlagen daher Alarm. Jugendliche sehen Influencer*innen laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung, der Hochschule Darmstadt und der Universität Mannheim als Vorbilder, die ihr Kaufverhalten stark beeinflussen. Diese „leben ihnen vor, was man anzieht, isst oder trinkt, um sozialen Anschluss zu erhalten“, heißt es in dem Forschungsbericht. Die Forscher*innen und Studienautor*innen fordern ein stärkeres Eingreifen der Politik, um Jugendliche stärker vor riskantem Konsumverhalten zu schützen. Mehr als 1.000 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren wurde für die Untersuchung befragt. Zusätzlich wurden mit 24 jungen Menschen qualitative Interviews geführt.
Influencer*innen befeuern riskantes Konsumverhalten
Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen gab innerhalb der vergangenen sechs Monate bis zu 50 Euro für Produkte aus, die von Influencer*innen beworben worden waren. Gesamtausgaben von mehr als 100 Euro traten bei Produkten der Lieblingsidole häufiger auf (15,5 %) als bei Produkten anderer Influencer*innen (7,4 %).
10,7 % der befragten Jugendlichen gaben an, dass sich ihnen regelmäßig Gedanken an ein bestimmtes Produkt aufdrängten. 10,3 % sagten, oft den unwiderstehlichen Drang zu verspüren, ein Produkt zu besitzen, das sie bei ihren Lieblingsidolen gesehen hatten.
Schutz vor riskantem Konsumverhalten bedarf transparenter Aufklärung in der breiten Bevölkerung
Grundsätzlich stellten Jugendliche im digitalen Raum eine besonders exponierte und vulnerable Zielgruppe dar, so die Forscher*innen. Dies liege etwa an ihrem intensiven Konsum sozialer Medien, einer geringer ausgeprägten Werbekompetenz und ihrer Anfälligkeit im Rahmen sozialer Entwicklungsprozesse. Unterhielten junge Menschen starke parasoziale Beziehungen zu Influencer*innen, verspürten einen starken Wunsch zur Nachahmung oder hätten materialistische Wertvorstellungen, seien sie besonders gefährdet.
Um den Schutz und die Resilienz von Jugendlichen zu stärken, forderten die Wissenschaftler*innen, die Rechtslage anzupassen: Gemäß des 2021 beschlossenen „Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ (GSVWG) zählen Empfehlungen ohne Gegenleistung nicht als Werbung und müssen in sozialen Netzwerken nicht gekennzeichnet werden. Diese bestehende Regulatorik sei aus Sicht des Kinderschutzes zu prüfen und zu ändern.
Insgesamt werden politische Empfehlungen aus den Studienergebnissen abgeleitet, die sich sowohl auf die Reduktion von Risikofaktoren als auch die Förderung von Schutzfaktoren beziehen.
Analog zu Kampagnen zur Aufklärung von Geschlechtskrankheiten oder Alkoholsucht sei es notwendig, über die Risiken von fehlender Medienkompetenz in der breiten Bevölkerung aufzuklären. Dies könne im Rahmen von Printkampagnen oder als digitale Informationen erfolgen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen obliege nicht nur den Erziehungsberechtigten, sondern sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, argumentieren die Wissenschaftler*innen. Aus diesem Grund sei die Aufklärung der breiten Bevölkerung notwendig.
Quelle: Fraunhofer Institut; KNA