Im digitalen Leben ist (fast) jede*r von uns von Filterblasen umgeben. Aber wie sieht es eigentlich im analogen Leben aus? Wissenschaftler*innen des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) kommen in einer Studie nun zu dem Schluss, dass wir in sozialen Blasen unterwegs sind, die sich teilweise immer weiter voneinander entfernen. Grundsätzlich ist es weder neu noch problematisch, dass man sich gerne mit Menschen umgibt, die einem ähnlich sind. Aufgrund der mittlerweile sehr hitzigen Debatten gehen sie aber der Frage nach, ob eine Entkoppelung verschiedener Gruppen den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden könnte.
Welche Faktoren tragen zur Gefährdung des Zusammenhalts bei?
Ein Beschleuniger zur Entfremdung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sind laut der Studie Krisen. Dies habe sich während der Pandemie und der Energiekrise besonders gezeigt. Da die Umfrage vor dem Krieg im Gazastreifen durchgeführt wurde, konnten deren Auswirkungen auf den Zusammenhalt nicht berücksichtigt werden. Aber der Soziologe und geschäftsführende Sprecher des FGZ, Olaf Groh-Samberg, ist sich sicher: „Mit jeder neuen Krise brechen immer neue Gräben innerhalb unserer Gesellschaft auf.“
Wer schottet sich besonders ab?
Zur Polarisierung tragen vor allem politische Ansichten bei. Besonders die Wähler*innen der AfD und der Grünen bleiben gerne unter sich und hegen füreinander ausgeprägte Antipathien. Ein weiterer Faktor ist der sozio-ökonomische Hintergrund. Menschen, die über wenig Geld verfügen, erfahren häufiger Abwertung. Als Konsequenz daraus ziehen sie die eigene Familie und Nachbarschaft als Gemeinschaft vor, während wohlhabendere Personen ungebundener sind. Ähnlich sieht es im Vergleich Stadt-Land aus: Im ländlichen Raum sind die Netzwerke ebenfalls mehr im familiären und nachbarschaftlichen Bereich zu finden.
Welche Rolle spielt das Netzwerk für die Einstellung zur Demokratie?
Das politische Vertrauen und die Zufriedenheit mit der Demokratie hängen davon ab, wie gebildet und finanziell abgesichert das Umfeld ist: Ein niedriger Bildungsgrad und ökonomische Schwierigkeiten im Bekanntenkreis wirken sich eher negativ auf die Einstellung zur Demokratie aus.
Wie stark sind die Blasen ausgebildet?
Laut der Studie ist die deutsche Gesellschaft noch nicht in komplett getrennten Blasen aufgespalten. Dennoch gibt es eine Tendenz zur Segregation der verschiedenen Gruppen mit jeweils spezifischen Werten und Einstellungen. Miteinander ins Gespräch zu kommen, wird dadurch immer schwieriger.
Wie kann der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden?
Einer Blasenbildung kann laut der Studie durch politische Entscheidungen, die für mehr „soziale Mischung“ sorgen, entgegengewirkt werden. Als Beispiel nennt Olaf Groh-Samberg eine Stadtplanung, die Segregation verhindert. Darüber hinaus ist auch jede*r Einzelne gefragt. Akzeptanz und Toleranz für andere Meinungen und die Bereitschaft zum Dialog sind individuelle Schritte für einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Quellen: FGZ; ZDF