Forschende der Universitäten Zürich und Stockholm kommen zum Ergebnis, dass Jugendliche aus einkommensschwachen Familien weniger Möglichkeiten haben, Freundschaften zu schließen und sich in der Schule sozial zu integrieren. Sie empfehlen, dass Schulen mehr Gelegenheiten zum Aufbau neuer Freundschaften schaffen. Es liege in öffentlicher Verantwortung, Chancengleichheit für Kinder aller Schichten zu gewährleisten.
Der soziale Status beeinflusst das Schließen von Freundschaften
Die Studie hat Erhebungs- und Verwaltungsdaten von 4.787 schwedischen Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren in 235 Schulklassen untersucht. Zusätzlich analysierten sie deren Freundschafts-Netzwerke. „Wir stellten fest, dass Schüler*innen aus ärmeren Haushalten seltener als Freund*innen ausgewählt werden und somit weniger freundschaftliche Beziehungen pflegen als solche aus einkommensstärkeren Haushalten“, sagt Erstautorin Isabel Raabe vom Soziologischen Institut der Universität Zürich. Erstaunlicherweise sei dies auch in Klassen mit vielen Jugendlichen aus armen Haushalten zu beobachten. Als eine Erklärung bieten die Forschenden an, dass der soziale Status mit entsprechenden Attributen wie modischer Kleidung oder trendigen Freizeitbeschäftigungen beim Schließen einer Freundschaft wichtig sei. Weitere Gründe könnten sein: Arme Jugendliche haben weniger Geld für Sport oder Hobbies zur Verfügung und können so weniger zusätzliche Kontakte außerhalb der Schule knüpfen. Oder sie leiden unter wirtschaftlichem und familienbezogenem psychosozialem Stress, der sich auf ihr Verhalten auswirke und sie als Freunde weniger attraktiv mache.
Damit bestätigen die Forschenden einmal mehr das Ergebnis einer Langzeitstudie, auf die von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit bereits im Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2022“ hingewiesen wird: Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche haben tendenziell kleinere Freundeskreise.
Schulen sollen mehr Gelegenheiten schaffen, Freundschaften zu schließen
Weil Menschen dazu neigen, sich mit Freund*innen ihrer Freund*innen anzufreunden, könne jede Freundschaft potenziell weitere generieren. Die Forschenden erklären zugleich: Wenn ärmere Jugendliche von vornherein weniger Freundschaften pflegen, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, neue Kontakte zu knüpfen. Einkommensbezogenen Unterschiede bei Freundschaften verstärken sich dadurch, Kinder und Jugendliche aus finanzschwachen Haushalten könnten am Anfang ihrer Bildungs- und Berufslaufbahn benachteiligt werden, so die Deutung.
Die Forschende Isabel Raabe erläutert: Freundschaften in der Schule sind wichtig für die Entwicklung während der Adoleszenz und prägen die soziale Kompetenz im späteren Leben. Fühlen sich Jugendliche in der Schulklasse gut integriert, fördert dies das psychische Wohlbefinden, die schulischen Leistungen – und damit auch das Vorankommen in der Arbeitswelt.
Quellen: Universität Zürich (UZH), BAG KJS