Auszüge aus den Fakten der Oxfam-Studie und den vorgeschlagenen Auswegen aus der Ungleichheitskrise:
„(…)Das Ausmaß sozialer Ungleichheit hat in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Dies belegt der anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2017 in Davos veröffentlichte Oxfam-Bericht „An Economy for the 99%”.
Im Jahr 2016 besaßen die acht reichsten Personen der Welt – alles Männer – zusammen 426 Milliarden US-Dollar. Demgegenüber verfügte die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – 3,6 Milliarden Menschen – gemeinsam über 409 Milliarden US-Dollar.
Im letzten Jahr berechnete Oxfam, dass die reichsten 62 Milliardäre zusammen über mehr Vermögen verfügten als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. In diesem Jahr ist die Zahl dramatisch niedriger. Eine Erklärung hierfür ist die bessere Datengrundlage. (…) Ausgehend von der verbesserten Datenlage fallen auch für 2015 die Zahlen gravierender aus. Es hätte heißen müssen, dass es lediglich das Vermögen der neun reichsten Personen braucht, um das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung aufzuwiegen. Das Ausmaß globaler Ungleichheit ist damit noch größer als bisher angenommen. (…)
Auch Einkommenszuwächse sind extrem ungleich verteilt. Das Jahreseinkommen der ärmsten 10 Prozent der Weltbevölkerung ist zwischen 1988 und 2011 um insgesamt 65 US-Dollar pro Person gestiegen. Das oberste Prozent verzeichnete in dieser Zeitspanne eine Einkommenssteigerung von 11.800 US-Dollar. (…)
Ungleichheit in Deutschland
Auch die Bundesrepublik ist von Ungleichheit gekennzeichnet und verzeichnet eine der höchsten Vermögenskonzentrationen in Europa:
##Die reichsten 10 Prozent verfügen gemeinsam über fast zwei Drittel (65 Prozent) des Gesamtvermögens.
##Die ärmeren 50 Prozent verfügen dagegen zusammen über nur knapp 2,4 Prozent des gesamten Vermögens.
##In Deutschland vereinen nur 36 Milliardäre so viel Vermögen auf sich, wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung von 41 Millionen Menschen zusammen.
##Auch Einkommensungleichheit verharrt hierzulande auf einem hohen Niveau.
Extreme Ungleichheit von Vermögen und Einkommen ist nicht zufällig entstanden. Sie sind die Folge eines einseitigen Marktglaubens, einer verfehlten Unternehmenspolitik, sowie der Ermöglichung von Steuerflucht für Konzerne und Besitzer/-innen großer Vermögen. (…)
Zu den Ursachen von Ungleichheit zählt eine Politik, die annimmt, dass der Markt Probleme grundsätzlich besser lösen könne als der Staat. Infolgedessen wurde die vormals öffentliche Versorgung mit Elektrizität, Wasser, Bildung und Gesundheitsleistungen in vielen Ländern (teil-) privatisiert und damit oftmals teurer. Der Zugang zu diesen Diensten ist jedoch ein soziales Menschenrecht, das nicht von Einkommen oder Vermögen abhängen darf. Ebenso falsch ist zweitens die Annahme, dass Wirtschaftswachstum das Hauptziel politischen Handelns sein sollte. Diese Fixierung auf Wachstum blendet erstens die Verteilung des Wohlstands aus. Wirtschaftswachstum allein sagt nichts über die Verteilung des gewonnenen Wohlstands, und die Vergangenheit zeigt, dass die Verteilung der Erträge höchst ungleich ist. Zweitens ignoriert sie den Beitrag von Frauen zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum gesellschaftlichen Wohlergehen. Gerade sie übernehmen zumeist unbezahlte – und damit in gängigen Modellen nicht erfasste – Fürsorgearbeit für Kinder und pflegebedürftige Menschen. (…)
Diese Fehlannahmen haben Anreize für eine Unternehmenspolitik mit verheerenden Auswirkungen gesetzt. Unternehmen sind ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft und können einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Wenn sie jedoch vor allem das Ziel verfolgen, eine möglichst hohe Rendite im Auftrag ihrer Anteilseigner/-innen zu erwirtschaften, erhöhen sie damit unmittelbar auch die soziale Ungleichheit. (…)
Das Geld, das in Gewinnausschüttungen fließt, fehlt an anderer Stelle, vor allem bei Löhnen und Investitionen. Zwar sind leitende Angestellte zunehmend an Gewinnen beteiligt – und so in die Shareholder-Orientierung eingebunden – die Löhne für einfache Angestellte und Produzent(inn)en stagnieren dagegen vielerorts. (…)
Zerstörerische Folgen sozialer Ungleichheit
Die Folgen extremer Ungleichheit sind gravierend – sowohl in Ländern des Nordens als auch des Südens: Ungleichheit ist ökonomisch unsinnig, behindert die Überwindung von Armut und untergräbt die Demokratie. (…)
Die fehlende Überwindung von Ungleichheit behindert die Armutsbekämpfung. Zwar wurden in den vergangenen Jahren Erfolge bei der Bekämpfung extremer Armut erzielt. Zwischen 1990 und 2010 hat sich die Zahl der Menschen, die weltweit in extremer Armut leben, halbiert. Aber wäre die Ungleichheit (…) in dieser Phase nicht gestiegen, wären also die Wachstumsgewinne gerechter verteilt worden, so hätte die extreme Armut um zwei Drittel gesenkt werden können.
In den vergangenen Jahren wurde somit die Chance verpasst, weite Teile der bestehenden extremen Armut durch eine gerechtere Verteilung des Wohlstands zu überwinden (…)Die Einflussnahme der Eliten zugunsten ihrer eigenen Interessen droht die soziale Ungleichheit weiter zu vertiefen und unsere Gesellschaften weiter zu spalten. Durch die ungleiche Verteilung der Wohlstandsgewinne sehen sich viele um die Erträge ihrer Arbeit betrogen, von der Gesellschaft ausgegrenzt oder nicht anerkannt. Auf diese Weise verursacht soziale Ungleichheit Politikverdrossenheit und Abstiegsangst. (…)So ebnet der wachsende Unmut über Ungleichheit den populistischen Bewegungen unserer Zeit den Weg.
Ein Wirtschaftssystem für alle
Statt verschiedene Gruppen, die durch dieses System schlechter gestellt sind, gegeneinander auszuspielen, müssen wir Wohlstandsgewinne gerechter verteilen – zum Wohle aller. (…)Grundzüge eines solchen Wirtschaftssystems sind:
##Eine humanere Wirtschaftsordnung ist rechtebasiert statt marktgerecht. (…)
##Regierungen handeln untereinander kooperativ und verantwortlich im Sinne der breiten Mehrheit der Bevölkerung. (…)
##Gleichberechtigung von Frauen und die Anerkennung ihrer Arbeit; (…) auch die Anerkennung von oftmals unbezahlter Arbeit (…)
##Anerkennung der Grenzen des Wachstums und der natürlichen Ressourcen
##Unternehmen arbeiten im Interesse einer großen Mehrheit. (…)“
Quelle: Oxfam