Die Rolle der Beratung für den Erfolg der Jugendgarantie

Auszüge aus dem Konzeptpapier „Die Rolle der Bildungs- und Berufsberatung für den Erfolg der Jugendgarantie“ von Tibor Bors Borbély-Pecze und Jo Hutchinson:

Was bedeutet lebensbegleitende Beratung? Und wie kann Bildungs- und Berufsberatung für die Ziele der neuen europäischen Initiative zur Jugendgarantie mobilisiert werden?
Entsprechend der europäischen Definition bezieht sich „lebensbegleitende Bildungs- und Berufsberatung auf eine Reihe von Aktivitäten, die Bürgerinnen und Bürger jeden Alters und an jedem Punkt ihres Lebens dazu befähigen, ihre Fähigkeiten, Kompetenzen und Interessen zu erkennen; sinnvolle Bildungs-, Berufsbildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen und ihren persönlichen Lebensweg im Bildungsbereich, im Beruf und in anderen Umfeldern, in denen diese Fähigkeiten und Kompetenzen erworben oder angewendet werden, zu gestalten“ … Diese Beratungsaktivitäten werden unterschiedlich als Bildungs-, Berufs- oder Laufbahnberatung, Berufsorientierung und berufliche Einzelberatung, Arbeitsberatung oder allgemein als Beratungsdienste bezeichnet … Sie sind wesentlich für die Unterstützung der jungen europäischen Bürger/-innen, Ziele für ihr Arbeitsleben wie auch ihre Bildung zu entwickeln und sie in ihrer Handlungsfähigkeit zu bestärken.

Beratung ist selten ein einzelnes Ereignis im Sinne eines lebensverändernden Beratungsgesprächs. Vielmehr besteht sie aus einer Reihe von Aktivitäten, die Menschen ermutigen, über ihre eigenen Stärken, Fähigkeiten und Werte nachzudenken, für sich selbst eine Vorstellung für eine positive Zukunft zu entwickeln und eine Reihe von Schritten zu planen, die zu dieser Vision führen können. Solche Beratungsaktivitäten umfassen „das Erteilen von Informationen und Ratschlägen, persönliche Beratung, Kompetenzerfassung, Mentoring, Interessensvertretung und Vermittlung von berufsbiografischen Gestaltungskompetenzen … Diese Aktivitäten beginnen in der Schule und setzen sich im weiteren Leben fort. Das Vermitteln von berufsbiografischen Gestaltungskompetenzen erfordert einen gut etablierten Berufswahlunterricht im Rahmen der Pflichtschule. Dies könnte die Entwicklung eines Curriculums zur Berufsorientierung (im Rahmen eines Berufswahlunterrichtsfaches) oder aber auch die Einbettung von Berufsorientierung in andere Schulfächer bedeuten, beides jedoch unterstützt von außerschulischen Beratungsfachkräften. Die Entwicklung von Partnerschaften vor Ort kann Möglichkeiten für junge Leute eröffnen, das Arbeitsleben (z.B. durch Ferienarbeit, Ehrenämter, Schnupperlehre usw.) kennen zu lernen. Solche Partnerschaften tragen maßgeblich zur Unterstützung der Beratung in einem gut strukturierten Beratungssystem in den Schulen bei.

Das Hauptziel von Beratung ist die Vermittlung von berufsbiografischen Gestaltungskompetenzen … für alle Bürger/-innen, besonders für die Jugendlichen, die diese Kompetenzen dann über ihr ganzes Leben hinweg nutzen können. …

Effektive Beratung ist besonders wichtig beim Übergang zum Erwachsenwerden im Alter von 15 bis 24 Jahren. Während dieser Zeit suchen die Jugendlichen in unterschiedlichen sozialen Bezügen Bezügen wie auch in der Arbeitswelt um Anerkennung als Erwachsene. … Bei ihrer Wahl des Bildungsweges, einer beruflichen Ausbildung oder eines Arbeitsplatzes sollten junge Menschen ermutigt werden, verschiedene Erfahrungen zu machen, die ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten, ihre Eigenschaften und Interessen berücksichtigen. So können lebensbegleitende Beratungsangebote im Rahmen der Initiative zur Jugendgarantie Jugendliche nachhaltig dabei unterstützen, für sich eine positive und erfüllende Zukunftsperspektive zu finden.

Beratung, die die Entwicklung von berufsbiografischen Gestaltungkompetenzen unterstützt, ist besonders für Jugendliche wichtig, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind. Allerdings ist es gerade aufgrund ihrer Nichtbeteiligung an Bildung oder Arbeit schwierig, diese Jugendlichen zu erreichen und für sie die richtigen Lösungen zu finden. Deswegen sind individuelle Beratungsgespräche besonders für diejenigen zweckmäßig, die die Jugendgarantie ansprechen soll. …

Herausforderungen für eine wirksame Integration der lebensbegleitenden Beratung in die Jugendgarantie ## Die Zersplitterung von Beratungsdiensten (z.B. in Schulen, Berufsschulen, im Berufsbildungssystem und in der Arbeitsverwaltung) kann den Übergang der Jugendlichen von einem Dienst zum anderen wegen der sich jeweils verändernden Rahmenbedingungen erschweren. Die Beratungsdienste benötigen ein umfassendes Wissen über die Jugendlichen der Region und deren aktuelle Arbeitsmarktsituation. Um die Aktivitäten der Jugendlichen beim Übergang von der Schule zu weiteren Schritten auf die richtige Spur zu bringen, bedarf es eines aktiven Informationsmanagements. …
## Es muss sichergestellt werden, dass die Arbeitgeber oder andere, die Arbeitsmöglichkeiten für Jugendliche anbieten, den Beratungsdiensten und Arbeitsagenturen bekannt sind, damit akkurate Informationen und passende Ratschläge den Jugendlichen wie auch den Arbeitgebern und anderen Anbietern gegeben werden können.
## Eine Herausforderung für die Beratungspraxis ist es, die persönlichen Wünsche der Jugendlichen mit den örtlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringen, die in Zeiten wirtschaftlicher Beschränkungen oft nur begrenzte oder auch offensichtlich unattraktive Wahlmöglichkeiten zulassen.
## Es besteht die Notwendigkeit, eine Infrastruktur zu bilden, die auf unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen wie auch auf die sich verändernden Bedürfnisse der Einzelnen reagiert. …
## Eine Herausforderung für die Fachkräfte der Bildungs- und Berufsberatung in den Arbeitsverwaltungen und im Bildungswesen stellt auch der mögliche Druck dar, irgendwelche Jobs oder andere Maßnahmen wie Freiwilligenarbeit oder Ausbildungsverhältnisse anzubieten, nur um den Anteil der NEETs bei den Jugendlichen zu senken. …
## Schließlich stellen beschränkte Mittel, die den allgemeinen Zugang zu vernünftigen Entwicklungsprozessen für alle Jugendlichen in Bildung … verhindern, eine allgegenwärtige Herausforderung dar. …

Folgerungen für die Europäische Kommission und die Mitgliedsländer des ELGPN
… Das ELGPN sollte alle Mitgliedsländer dazu ermutigen, die fundamentale Rolle der Bildungs- und Berufsberatung hervorzuheben, die diese zur Erreichung und nachhaltigen Erfüllung der Jugendgarantie spielen kann, und zwar durch: ## Die positive Bestärkung der Rolle der Beratung innerhalb der nationalen Strategien zur Jugendgarantie;
## die Forderung, Beratung als transversale Komponente aller auf die Jugendgarantie bezogenen Dienstleistungen zu verstehen;
## die Entwicklung von regionalen, bzw. nationalen Strategien für lebensbegleitende Beratung aus der Perspektive der jugendlichen Nutzer und deren Verzahnung mit unterschiedlichen Teilelementen der nationalen Initiativen zur Jugendgarantie.
Zur Weiterentwicklung der Schlussfolgerungender ILO sollte ELGPN empirisch nachweisen, dass an einem Jugendgarantieprogramm teilnehmende Jugendliche schneller Arbeit finden und länger beschäftigt bleiben als diejenigen, die nicht teilgenommen haben. Insbesondere ist ein empirischer Nachweis hinsichtlich des Ausmaßes der schnelleren Aufnahme von Arbeit und des längeren Verbleibs darin erforderlich. …

Schließlich sollte Beratung in Verbindung mit der Jugendgarantie stärker in die Politikentwicklung innerhalb der Mitgliedsstaaten zu den drei Arbeitspaketen – Beschäftigung, Neue Denkansätze für die Bildung und Soziale Investitionen – einbezogen werden. …“

Das Konzeptpapier in vollem Textumfang steht im Anhang zum Download bereit.

Quelle: ELGPN

Dokumente: DE_Youth_guarantee_concept_note_web.pdf

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