Respekt Coaches brauchen aus Sicht der Jugendpolitiker*innen dauerhafte Perspektive

Beim Parlamentarischen Frühstück der Jugendmigrationsdienste (JMD) stand die Arbeit der Respekt Coaches im Mittelpunkt. Die Abgeordneten erfuhren, wie die Arbeit der Coaches an Schulen wirkt. Schirmpate Hakan Demir (MdB) sprach sich für eine kontinuierliche Förderung des JMD- Programms Respekt Coaches aus. Partner aus allen Fraktionen der Ampelkoalition sicherten ihre Unterstützung für eine nachhaltige Finanzierung des Programms zu. 

Demokratie für Schüler*innen erlebbar machen: Das ist ein Hauptziel des Programms JMD Respekt Coaches, die Jugendmigrationsdienste setzen es seit fünf Jahren an Schulen um. Rund 600 Schulen an 270 Standorten in Deutschland sind beteiligt. Im Jahr 2022 nahmen mehr als 150.000 Schüler*innen an Workshops, Arbeitsgruppen und Projekten teil. Die Themen sind vielfältig und richten sich nach den Bedarfen der Schulen: Von Meinungsfreiheit und Mitgestaltung über den Umgang mit Konflikten und Vorurteilen bis zu Ausgrenzung, Rassismus oder Radikalisierung reicht die Palette. Durch die Angebote sollen Jugendliche gestärkt und der Zusammenhalt der Gesellschaft gestützt werden. Das JMD-Programm Respekt Coaches trage dazu bei, „dass Schüler*innen ein Gefühl dafür bekommen, welchen Unterschied sie mit ihrem eigenen Tun für die Gesellschaft machen können“, meint Hakan Demir, Mitglied des Bundestags in der SPD-Fraktion und Schirmpate des 3. Parlamentarischen Frühstücks der JMD im Bundestag. 

Einblicke in die Praxis: „Ich kann mein Umfeld mitgestalten“ 

Wie die Respekt Coaches Demokratie erlebbar machen, zeigten vier Beispiele. Was ist Demokratie für mich und was bedeutet sie für mein Leben – jenseits von Wahlen oder Demonstrationen? Damit beschäftigten sich Schüler*innen in den Workshops von Respekt-Coaches-Mitarbeiterin Lubov Foos (JMD Jena). In verschiedenen Übungen fanden sie heraus, was ihnen im Zusammenleben wichtig ist. Sie lernten, ihre Prioritäten miteinander auszuhandeln. Sie entwarfen künstlerische Motive zum Thema Demokratie, die auf Sitzwürfel gedruckt und zu einer großen Puzzlewand zusammengefügt wurden. Die Puzzlewand steht seitdem im Pausenraum der Schule, wo sie immer wieder angesehen, bewegt und neu zusammengesetzt wird. So haben die Jugendlichen täglich vor Augen: „Ich kann meine Meinung sagen und mein Umfeld mitgestalten.“ 

Aufarbeitung eines rassistischen Anschlags 

Fatma Zan (JMD München) wählte für eine Workshopreihe ein Thema mit lokalem Bezug: Über ein Jahr lang arbeitete sie mit zwei Jahrgängen die Vorkommnisse rund um den rassistischen Anschlag am Münchner Olympia-Einkaufszentrum von 2016 auf. Sie engagierte verschiedene Träger der politischen Bildung, die mit den Jugendlichen unterschiedlichen Fragen nachgingen. Wie funktioniert Mobbing? Wie radikalisiert sich jemand? Wie werden Fake News verbreitet? Sie diskutierten Handlungsoptionen mit Erfolg: Als auf TikTok der vermeintliche Amoklauf in Hamburg geteilt wurde, schrieb eine Schülerin an Fatma Zan: „Ich habe es nicht weiterverbreitet, sondern auf seriöse Quellen gewartet.“ Im Gespräch mit der Angehörigen eines der Anschlagsopfer setzten sich die Jugendlichen zudem mit deren Perspektive auseinander und zeigten Respekt. 

Schulgemeinschaft sensibilisieren, Radikalisierung zuvorkommen 

In Eberswalde nahmen die Respekt-Coaches-Mitarbeitenden rassistisches und diskriminierendes Verhalten unter Schüler*innen wahr, dem sie unter anderem mit einem Bildungsträger in szenischen Perspektivwechseln begegneten. Was bedeutet Ausgrenzung? Wie fühlt sich das an? Wie kann ich mich verhalten? Hinweise auf eine rechtsextremistische Radikalisierung gaben die Respekt Coaches weiter und vermittelten von Diskriminierung Betroffene an Beratungsstellen wie den Jugendmigrationsdienst. Diese Intervention auf Bitten der Schulleitung habe ein präventives Handeln in der Zukunft erst möglich gemacht, berichteten Mirjam Kislat und Christiane Goldschmidt (JMD Barnim-Oberhavel) beim Parlamentarischen Frühstück. Die kontinuierliche Arbeit der JMD Respekt Coaches über drei Jahre hinweg überzeugte die Schulleitung, künftig Präventionsangebote fest einzubinden, bevor es zu Radikalisierung kommt. Die Lehrkräfte erhalten zudem Fortbildungen zum Umgang mit Rassismus – ein weiterer Erfolg der Respekt-Coaches-Arbeit. 

Nachhaltige Veränderungen statt kurzfristiger Maßnahmen 

Neben konkreten Gruppenarbeiten steht bei den Respekt Coaches die strukturelle Verankerung von Demokratieförderung und Extremismusprävention an den Schulen im Mittelpunkt, betonte Adrian de Souza Martins vom JMD Berlin Neukölln/Marzahn. Die JMD Respekt Coaches organisieren nicht nur einzelne Angebote, sondern wirken nachhaltig auf die Strukturen der Schule ein. Gemeinsam mit Lehrkräften, Schulleitung und Schüler*innen ermitteln sie deren Bedarfe und Anliegen und entwickeln ein Präventionskonzept. Dieses hält zum Beispiel fest, welche Angebote in welchem Jahrgang verankert werden sollen oder wie die Schule mit Diskriminierung umgeht. Als Externe könnten die Respekt-Coaches-Mitarbeitenden auch mal den Finger in die Wunde legen und auf Missstände aufmerksam machen, erklärte Adrian de Souza Martins (JMD Berlin Neukölln/Marzahn). Ihre Rolle hilft ihnen, den Fokus zu behalten: „Unser Blick geht erst mal auf die Schüler*innen. Wir sind dazu da, sie zu schützen und zu empowern.“ Die Respekt Coaches tragen zudem zur Entlastung der Lehrkräfte bei. Sie bringen Fachwissen und Erfahrung mit, kennen Träger der politischen Bildung und Extremismusprävention und können diese fachlich und methodisch beurteilen. Nicht zuletzt verfügen sie über ein Budget für diese externen Angebote. 

Politiker*innen befürworten dauerhafte Förderung 

Die vier Trägerverbände der Jugendmigrationsdienste betonten: Um weiterhin nachhaltig an den Schulen wirken zu können, ist eine langfristige Förderung des JMD-Programms Respekt Coaches notwendig. Erst im letzten Jahr zeigte sich, wie unsicher die Finanzierung derzeit ist. Erst dank des gemeinsamen Einsatzes von Abgeordneten und Verbänden konnte eine drastische Kürzung der Mittel im letzten Moment gemildert werden. Eine Möglichkeit, das Programm dauerhaft im Bundeshaushalt zu verankern, sehen die Teilnehmenden im Demokratiefördergesetz. Für die laufenden Haushaltsverhandlungen sicherten die Politiker*innen ihre Unterstützung zu und bekräftigten die Bedeutung der JMD Respekt Coaches für den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. 

Hintergrund 

Das Programm JMD Respekt Coaches fördert mit präventiven Angeboten Respekt, Toleranz und den Abbau von Vorurteilen an Schulen. Die Jugendmigrationsdienste setzen das Programm in den Schulen gemeinsam mit Partnern um. Träger der bundesweit rund 500 JMD sind die Arbeiterwohlfahrt, die BAG Evangelische Jugendsozialarbeit, die BAG Katholische Jugendsozialarbeit und der Internationale Bund/Freie Trägergruppe. Beide Bundesprogramme werden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. 

Mehr über die Jugendmigrationsdienste erfahren Sie hier.

Quelle: Servicebüro Jugendmigrationsdienste (Bild und Text)

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