EU-Jugendgarantie kann nur als Ausbildungsgarantie gelingen

Bundeskabinett beschließt nationalen Implementierungsplan zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie: Allen Jugendlichen unter 25 Jahren soll innerhalb vier Monaten nach Verlassen der Schule oder Beginn von Arbeitslosigkeit ein Angebot gemacht werden. Zu solch einem Angebot zählen ein Ausbildungs- oder Praktikumsplatz, eine Arbeitsstelle oder eine Weiterbildungsmaßnahme. Diese Angebote müssen durch einen Mehrwert für den einzelnen Jugendlichen gekennzeichnet sein. Sie sollen dazu beitragen, dass man im Anschluss nicht in Arbeitslosigkeit oder Inaktivität zurückfällt. Die Bundesregierung sieht Deutschland dafür gut aufgestellt. Es gehe nun darum, die Eingliederung in Ausbildung und Arbeit strukturell weiterzuentwickeln. Anders sieht das der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit. In Deutschland gehe es weniger um die Höhe der Arbeitslosenquote, sondern vielmehr um wirksame Angebote für die große Zahl junger Menschen, die langfristig ohne qualifizierte Ausbildung zu verbleiben drohen. Nur eine Ausbildungsgarantie gewährleiste eine angemessene nationale Umsetzung der EU-Jugendgarantie. Ansonsten brauche man nicht von einer Garantie zu sprechen.

Bundesregierung will existierende Instrumente passgenauer gestalten

Für die Bundesregierung ist es das wichtigste Ziel, die hinreichend existierenden Instrumente in der Anwendung passgenauer zu gestalten. Eine besondere Gruppe bei der Adressierung der Jugendgarantie spielen sogenannte „NEETs“ (not in education, employment or training). Diese jungen Menschen sind nur teilweise in den Systemen der Arbeitsagenturen und Jobcenter erfasst. Sie sollen gezielter in den Blick genommen werden. Dazu sollen vor allem die Programme der Bundesinitiative „JUGEND STÄRKEN“ und die „Arbeitsbündnisse Jugend und Beruf“ genutzt werden.

Um leistungsschwache Jugendliche beim Eintritt in den Beruf zu unterstützen, soll die Berufseinstiegsbegleitung festgeführt und ausgeweitet werden. Aus Mitteln des ESF ist eine Verstetigung des Instruments angestrebt, ebenso wie ein breiteres Angebot. Die frühzeitige, kontinuierliche und individuelle Begleitung junger Menschen in die Ausbildung wird das größte deutsche ESF-Einzelprogramm in der Förderphase 2014-2020 sein.

Der Ausbildungspakt soll mit besonderem Blick auf die Jugendlichen, denen der Übergang in die Ausbildung nicht ohne weiteres gelingt, zu einer „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ entwickelt werden. Die größte Herausforderung besteht dabei in der Verbesserung der Passgenauigkeit des Angebots an betrieblicher Ausbildung und der Nachfolge der Jugendlichen.

Um mehr junge Menschen von den Angeboten der Berufsorientierung, Berufsberatung oder Ausbildungsvermittlung in Kenntnis zu setzen, sollen diese auf unterschiedliche Weise angesprochen werden. Dazu erproben einzelne Arbeitsagenturen einen direkten Online-Chat zwischen Beratungsfachkräften und Jugendlichen. Damit soll auf das veränderte Kommunikationsverhalten junger Menschen reagiert werden.

Durch die Erhöhung der (regionalen) Mobilität soll die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt verbessert werden. Damit Mobilitätshürden gesenkt werden, können Arbeitssuchende aus dem Vermittlungsbudget finanzielle Unterstützung für Reisen zu Vorstellungsgesprächen bekommen oder der Umzug kann finanziell unterstützt werden. Mit „BEN“ dem BErufe-Navigator wird ein Tool entwickelt, dass die (über)regionalen Arbeitsmarktinformationen mit den individuellen Qualifikationen und Kompetenzen in Bezug setzt. Dadurch soll ein individualisierter Überblick über Mobilitätschancen gegeben werden.

Kooperationsverband Jugendsozialarbeit fordert Ausbildungsplatzgarantie

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hält diese Vorhaben nicht für ausreichend. In seinem aktuellen Positionspapier bringt er deutlich zum Ausdruck, dass ohne eine Ausbildungsplatzgarantie in Deutschland für die Jugendlichen von keiner echten Verbesserung gesprochen werden kann.

Auszüge aus dem Positionspapier „Was garantiert Europa der Jugend?“:

“ (…) Eine erfolgreiche Umsetzung der EU-Jugendgarantie auf nationaler Ebene kann nur bedeuten, dass jungen Menschen tatsächlich nachhaltige Perspektiven in Form von frühzeitiger qualifizierter Förderung etwa durch die Jugendhilfe sowie Aus- und Weiterbildung angeboten werden. Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit dieses Instrumentes werden für die betroffenen jungen Menschen vor allem davon abhängen, ob es für die Umsetzung verbindliche Regelungen und tatsächliche Verbesserungen im Sinne des Begriffs „Garantie“ gibt. Es muss also unbedingt noch geklärt werden, wer wann und unter welchen Bedingungen was genau beanspruchen kann und wer über diesen Anspruch entscheidet.

Die Bundesorganisationen der Jugendsozialarbeit setzen sich dafür ein, dass die Umsetzung in Form einer verbindlichen Ausbildungsgarantie für alle jungen Menschen und im Rahmen eines kohärenten Fördersystems am Übergang von der Schule in den Beruf erfolgt. (…)

Deutschland kann ein jugendpolitisches Signal setzen

Das bevölkerungsreiche und wirtschaftsstarke Deutschland muss und kann diese europäische Initiative nutzen, damit junge Menschen besser als bisher gefördert, ausgebildet und beteiligt werden. Diese Chance wird vertan, wenn man sich auf die Position zurückzieht, in Deutschland sei schon alles vorbildlich geregelt. Denn das ist für einen erheblichen Teil der jungen Menschen nicht der Fall: Rund 14 Prozent eines jeden Altersjahrgangs bleiben langfristig ohne anerkannte berufliche Qualifikation und partizipieren nicht erfolgreich an unseren Bildungs- und Berufssystemen.

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit empfiehlt der Bundesregierung dringend, die Chance einer umfassenden europäischen Jugendgarantie offensiv wahrzunehmen und eine Ausbildungsgarantie für alle jungen Menschen in Deutschland einzuführen. Damit werden ihre Chancen auf vollständige Teilhabe und erfolgreiche Übergänge in den Arbeitsmarkt deutlich verbessert.“

Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit; BAG KJS

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