Arbeitssuchende, die sich regelwidrig verhalten, bekommen weniger Geld. Der zuständige Vermittler kann das Arbeitslosengeld II je nach Verfehlung – zunächst um 10 oder 30 Prozent kürzen. Im Wiederholungsfall kann er 60 Prozent oder sogar die komplette Leistung für eine bestimmte Zeit streichen. Diese Sanktionen sollen den Druck auf die Arbeitslosen erhöhen. Sie sollen alles ihnen mögliche tun, um an einen neuen Job zu kommen. Die Sanktion ist quasi die Garantie für die Mitwirkung der Hilfeempfänger.
Am 17. März 2014 befasste sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit einer Petition für die Abschaffung von Harzt IV-Sanktionen. Nach Aussage der Petentin Inge Hannemann werden Menschen durch Leistungskürzungen in existenzielle Not – „bis hin zur Obdachlosigkeit“ – getrieben. „In einem so reichen Sozialstaat wie wir einer sind, darf so etwas nicht mehr passieren“, sagte sie. Zudem hätten Sanktionen ihren Erfahrungen nach auch keinen positiven Effekt, so Hannemann, die selbst Mitarbeiterin in einem Jobcenter ist. Es sei ein Skandal, dass die Jobcenter in die Rolle von Erziehungsberechtigten für Volljährige gedrängt würden. Außerdem verstoße die Sanktionierung gegen die durch das Grundgesetz gewährte Sicherung des gesetzlich festgelegten soziokulturellen Existenzminimums, befand die Petentin und verwies auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts, in denen festgelegt worden sei, dass das Existenzminimum „zu jeder Zeit und in jedem Fall sichergestellt werden muss“.
Mit der Wirksamkeit der Sanktionen hat sich auch das Kölner Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) befasst. Im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung hat das ISG untersucht, ob die Steuerung der Eigeninitiative bei der Jobsuche funktioniert. Es kommt zu dem Ergebnis, dass die Sanktionen meist keinen Einfluss auf die Jobsuche haben. Einzige Ausgnahme: Erwerbslose unter 25 Jahren, denen das Arbeitslosengeld gänzlich gestrichen wurde, suchten nun hartnäckiger nach einem neuen Job als Angehörige der nicht sanktionierten Vergleichsgruppe.
Dennoch wird ein gänzlicher Verzicht auf Hartz-IV-Sanktionen von der Bundesregierung abgelehnt. Es gäbe dann keine Möglichkeit mehr, darauf hinzuwirken, dass diejenigen, die die Leistungen in Anspruch nehmen wollten, „auch zur Mitwirkung verpflichtet sind“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD). Aus Sicht der Parlamentarischen Staatssekretärin verstoßen die Sanktionsregelungen jedoch weder gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums noch gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Auch die freie Wahl des Berufs sei gewährleistet und der Gleichheitsgrundsatz gewahrt. Dennoch, so die SPD-Politikerin weiter, seien die Bundesregierung ebenso wie das Parlament bereit, sich die Entwicklung permanent anzuschauen. “
Quelle: Böcklerimpuls 5/2014; Pressedienst des Deutschen Bundestages