Mit der „Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung“ (AlphaDekade) setzen sich Bund, Länder und Partner im Zeitraum von 2016 bis 2026 verstärkt dafür ein, die Grundbildung (junger) Erwachsener in Deutschland zu verbessern. Das BMBF fördert die AlphaDekade mit bis zu 180 Mio. Euro. In einer Kleinen Anfrage beschäftigt sich die Fraktion der FDP mit Hintergründen und Inhalten des Programms und weist dabei darauf hin, dass gemäß der LEO-Studie 2018 für etwa 10 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland weite Teile der gesellschaftlichen, sozialen und beruflichen Teilhabe erschwert bleiben, da sie gering literalisiert sind. Die Antwort der Bundesregierung übernimmt viele Angaben aus der LEO-Studie, ergänzt um eigene Erfahrungen und nennt laufende und geplante Maßnahmen innerhalb der AlphaDekade. Sie liefert dabei auch einige Informationen in Bezug auf junge Erwachsene unter den gering literalisierten Menschen sowie gering literalisierte Eltern und ihre Kinder. Zum Beispiel wird auf spezielle Angebote in Mehrgenerationenhäusern hingewiesen.
Über 12% Erwachsene mit geringem Kompetenzniveau im Lesen und Schreiben
Für 2018 hat die LEO-Studie ermittelt, dass 12,1% der Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 65 nur auf einem geringen Kompetenzniveau lesen und schreiben können. 12,1% davon waren zum Zeitpunkt der Erhebung 18 bis 25 Jahre alt. Die Altersgruppe der 26- bis 35-Jährigen hat einen Anteil von 18,2%, die weiteren Zehn-Jahres-Gruppen jeweils über 20%. Der Anteil gering Literalisierter innerhalb der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen liegt mit 10,9% unter demjenigen in höheren Altersgruppen, aber leicht über dem unter den 26- bis 35-Jährigen
In der von der Bundesregierung veröffentlichten Liste der konkreten im Rahmen der AlphaDekade bereits laufenden und geplanten Maßnahmen haben nur wenige speziell junge Menschen im Fokus. Das Projekt ALFA Mobil sticht mit aufsuchender Beratung junger Betroffener sowie deren Vertrauenspersonen hervor. Vor allem in Innenstädten und bei der Jugendmesse YOU erreicht das ALFA Mobil-Team mit seinen mittlerweile zwei Fahrzeugen junge Menschen besonders gut .
REACH – junge Erwachsene niederschwellig und effektiv erreichen
Im Bereich Forschung betrachtet das Projekt REACH 16- bis 35-jährige funktionale Analphabet/-innen. Gesucht werden Möglichkeiten, diese Gruppe über lebensweltliche Zugänge zu erreichen und dafür zu motivieren, ihre Schriftsprachkompetenzen zu verbessern. Aus den gewonnenen Daten will REACH Themen, Kommunikationsmittel, Ansprachemöglichkeiten und praxistaugliche Zugangswege ableiten, über die junge Erwachsene niederschwellig und effektiv erreicht werden können. Drei Modellansätze werden derzeit in der Praxis erprobt und wissenschaftlich begleitet.
Doch wie kommt es eigentlich zu dem Problem, dass in Deutschland so viele junge Menschen nicht alphabetisiert sind, nicht richtig lesen und schreiben können? Dieser Frage geht das Projekt GeLiNu nach. Dort werden die Risikofaktoren untersucht, die eine geringe Literalität und Numeralität begünstigen. Erforscht werden aber auch Schutzmechanismen. Aus den Ergebnissen will man neue Wege zur Ansprache funktionaler Analphabeten identifizieren, neue Lernformate entwickeln und Konsequenzen für die Schulung des Bildungspersonals ableiten.
Teilhabe in Bereichen mit zunehmend digitalem Zugang gefährdet
Die Fragesteller erkundigen sich auch, wie weit Menschen mit geringem Kompetenzniveau im Lesen und Schreiben von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind. Eine Zahl aus der Antwort der Bundesregierung gibt besonders der Jugend- und der Jugendberufshilfe einen wichtigen Hinweis, obwohl sie sich auf alle erwachsenen Betroffenen bezieht. 36% der gering literalisierten Befragten trauen sich demnach nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten zu, mit Online-Stellenbörsen (ähnlich auch Plattformen für die Wohnungssuche) zurecht zu kommen. In der Gesamtbevölkerung liegt ihr Anteil lediglich bei 10,2%. Hier zeige sich eine Gefährdung von Teilhabe in den Bereichen, zu denen der Zugang zunehmend digital erfolgt (Arbeitssuche, Finanzen, Wohnungssuche, informierte Entscheidung), schreibt die Regierung.
Gering literalisierte Eltern mit schulpflichtigen Kindern
Zu der Situation von gering literalisierten Eltern mit schulpflichtigen Kindern ist die Bundesregierung mangels vorliegender Daten nicht auskunftsfähig. Sie verweist jedoch explizit auf Angebote der Familienbildung für Familien, insbesondere Eltern, in prekären Lebenslagen. Mittels niedrigschwelliger Angebote für bildungsferne Eltern, die weitgehend auf Schriftsprache verzichten, könnten Erziehungskompetenz gestärkt und Fähigkeiten für die Begleitung der Kinder gestärkt werden.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages