Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration legt gemäß § 94 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) dem Deutschen Bundestag ihren 9. Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland vor. Der Berichtszeitraum umfasst die Zeit von Frühjahr 2010 bis Frühjahr 2012. Der Bericht widmet sich der Lage der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund. Die bis 2005 übliche Differenzierung zwischen deutschen Staatsangehörigen einerseits und „Ausländerinnen und Ausländern“ andererseits wird der sozialen Realität in Deutschland nicht mehr gerecht. Seit 2005 lässt der Mikrozensus vergleichende Aussagen zur Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund zu.
Während die Gesamtbevölkerung zurückgeht, steigt der Anteil der Migrantinnen und Migranten. So sank die Zahl der Menschen in Deutschland 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 189.000 auf 81,7 Millionen. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund stieg im gleichen Zeitraum von 19,2% auf 19,3% und betrug insgesamt 15,7 Millionen. Insgesamt 8,6 Millionen, also mehr als die Hälfte der Migranten, besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Unter Berücksichtigung von Herkunftsländern und –regionen bilden Menschen mit türkischem Migrationshintergrund mit 15,8% die größte Bevölkerungsgruppe. Die zweitgrößte Gruppe kommt aus Polen (8,3%), gefolgt von der Russischen Föderation (6,7%), Italien (4,7%) und Kasachstan (4,6%). Migrantinnen und Migranten sind im Schnitt deutlich jünger als Menschen ohne Migrationshintergrund: Mittlerweile kommen 34,9% der unter 5-jährigen Kinder aus einer Zuwandererfamilie.
Für die Jugendsozialarbeit relevante Erkenntnisse des 9. Berichts über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland:
“ … Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und –qualifikationen
Einen Perspektivwechsel auf Seiten der aufnehmenden Gesellschaft hat das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vorgenommen, das am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist. Es ist zugleich ein konkreter Fortschritt in der Antidiskriminierungspolitik.
Das verabschiedete Gesetz erleichtert es zugewanderten Akademikern und Fachkräften, sich umfassend mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten im deutschen Arbeitsmarkt einzubringen. Zugleich können die Unternehmen verstärkt die Potenziale der Zuwanderer nutzen und dadurch auch dem zunehmenden Fachkräftemangel begegnen. Konkret sind die Staatsangehörigkeit oder auch die rechtliche Zugehörigkeit des Antragstellers zu einer bestimmten Statusgruppe
(Drittstaatsangehöriger, Spätaussiedler u.ä.) keine relevanten Kriterien mehr für den Anspruch auf die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens und den Zugang zu einem Beruf. Zudem wird eine nachgewiesene einschlägige Berufserfahrung grundsätzlich in die Gleichwertigkeitsprüfung einbezogen. Ferner werden zügige Anerkennungsverfahren gewährleistet, da die Entscheidung der zuständigen Behörden innerhalb von drei Monaten ergehen muss. …
Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt
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Schulische Bildung
Schrittweise holen junge Migrantinnen und Migranten bei den schulischen Leistungen auf. … Der Anteil der ausländischen Absolventinnen und Absolventen ohne Schulabschluss sinkt. Mehr ausländische Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule mit Hochschulreife.
Die meisten der ausländischen Schüler besuchten im Schuljahr 2010/2011 jedoch die Hauptschule (33%). Bei den deutschen Kindern und Jugendlichen waren es 12%. Die Verteilung auf die Realschule hat sich mittlerweile nahezu angeglichen (ausländische Schüler: 23,1%, deutsche Schüler: 23,3%). Jeder vierte ausländische Schüler (26%) besuchte ein Gymnasium (deutsche Schüler: 52%). Der Anteil der Ausländer, die eine Gesamtschule besuchen, an der auch das Abitur erworben werden kann, liegt über dem der Deutschen (18% bzw. 11%).
…
Die Daten des Mikrozensus 2010 lassen vergleichende Aussagen zu Schülern mit und ohne Migrationshintergrund zu. Hiernach hat sich von 2005 bis 2010 die Quote bei den Hauptschul- und mittleren Schulabschlüssen kontinuierlich angenähert. Bleibt das derzeitige Tempo, ist in zehn Jahren eine vollständige Angleichung zu erwarten. …
Der Anteil der ausländischen Jugendlichen, die ohne Schulabschluss eine
allgemeinbildende Schule verlassen, ging von 2004 bis 2010 um 39% zurück. Bei den deutschen Jugendlichen sank der Anteil um 38%. Gleichwohl schieden 2010 immer noch 53.000 deutsche und fast 11.000 ausländische Jugendliche ohne Abschluss aus der Schule aus. Die Quote der ausländischen Schulabbrecher ist mit 12,8% mehr als doppelt so hoch wie die von deutschen Schülern mit 5,4%. Analysen haben ergeben, dass die Ursache für das schlechtere Abschneiden junger Migranten im Wesentlichen die soziale Herkunft ist. Umso wichtiger ist die verstärkte individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien.
Berufliche Bildung
Jungen Migranten gelingt es nach wie vor deutlich seltener als Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, nach der Schule eine berufliche Ausbildung zu absolvieren. …
Ein qualifizierter Berufsabschluss oder ein Studienabschluss sind Grundlagen für eine erfolgreiche Teilhabe am Erwerbsleben. Umso dramatischer ist, dass im Jahr 2010 der Anteil der Migranten im Alter von 25 bis unter 35 Jahren ohne beruflichen oder Hochschulabschluss 31,6% betrug. Er lag damit mehr als dreimal so hoch wie der Anteil der gleichaltrigen Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (9,2%). Auch hier ist aber die Tendenz bei den Migranten positiv: Seit 2008 ist der Anteil der Migranten ohne Berufsabschluss etwas stärker gesunken (um etwa 6%) als bei den Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. …
Gewaltprävention und Kriminalität
Auskunft über die Kriminalitätsbelastung in Deutschland geben die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), die Strafverfolgungsstatistik sowie Untersuchungen kriminologischer Forschungseinrichtungen zu einzelnen Fragestellungen.
Im Jahr 2010 stieg der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen im Vergleich zum Vorjahr von 21,1% auf 21,9%. Die Zahl der nichtdeutschen Verurteilten stieg 2010 minimal von 169.315 auf 169.667. Dies entspricht einem Anstieg um 0,2%. …
Die Kriminalitätsquote der Jugendlichen (14 bis 17 Jahre) betrug im Jahr 2010 insgesamt 7,0%. Bei ausländischen Jugendlichen lag sie bei 11,2%. Bei Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) lag die Quote insgesamt bei 7,5%, bei ausländischen Heranwachsenden bei 11,8%. Bei jungen Erwachsenen (21 bis 25 Jahre) betrug die Kriminalitätsquote noch insgesamt 6,4%, bei ausländischen jungen Erwachsenen 9,0%. Dagegen lag die Kriminalitätsquote im Jahr 2010 in der Gesamtbevölkerung bei nur 2,6%, bei der ausländischen Bevölkerung betrug sie hingegen 5,3%. … „
Den Bericht in vollem Umfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.
www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/IB/Artikel/Themen/Gesellschaft/Allgemein/2012-06-27-pm-neunter-lagebericht.html
Quelle: Bundesregierung
Dokumente: neunter_lagebericht_auslaender_innen.pdf