Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland spricht sich laut einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, um die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Zukunft besser zu berücksichtigen und fordert mehr Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut. Für den Kinderreport 2022 wurden Kinder und Jugendliche selber sowie Erwachsene befragt. Mehr als zwei Drittel der Befragten wünschen sich, dass alle bestehenden Gesetze daraufhin überprüft werden, ob sie kinderfreundlich sind. Eine deutliche Mehrheit unter den Kindern und Jugendlichen spricht sich zudem für eine Wahlaltersabsenkung und den Ausbau von Kinder- und Jugendparlamenten aus.
Anliegen junger Menschen werden nicht ausreichend berücksichtigt
Das Deutsche Kinderhilfswerk zieht aus dem aktuellen Kinderreport die Schlussfolgerung, dass in der politischen Debatte in Deutschland eine geradezu systematische Vernachlässigung der Belange junger Menschen stattgefunden habe. Entweder würden die Anliegen von Kindern und Jugendlichen schlichtweg ignoriert oder nur nachrangig berücksichtigt. Dabei hätten Kinder und Jugendliche ganz konkrete Vorstellungen von der Welt, in der sie leben wollten. Laut Kinderreport 2022 soll diese Welt nachhaltiger, inklusiver und sozialer sein und die Chancen für alle gerechter verteilt.
Die zusätzlichen finanzielle Mittel für die öffentliche Infrastruktur, für Bildung, für Klima und Umweltschutz oder die Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut in Deutschland sollten vor allem durch eine zusätzliche Besteuerung sehr hoher Einkommen und durch Einsparungen im Straßenbau oder Wirtschaftsförderung aufgebracht werden, fordern die Befragten.
Junge Menschen in Armut sind Ausdruck mangelnder Gerechtigkeit
Eine sehr große Mehrheit der befragten Kinder und Jugendlichen sieht in zu geringen Einkommen den Hauptgrund für die hohe Armutsquote junger Menschen in Deutschland. Insgesamt 92 Prozent sind dieser Meinung. Neben den geringen Einkommen sind 85 Prozent der jungen Befragten der Ansicht, dass es Kinderarmut in Deutschland gibt, weil sich Politiker*innen zu wenig um dieses Problem kümmern. 84 Prozent sind der Meinung, dass eine mangelnde Unterstützung der Alleinerziehenden, beispielsweise finanziell oder durch Kinderbetreuung, ein Grund für die Armut junger Menschen in Deutschland ist.
Die befragten Erwachsenen sehen das ganz ähnlich. 84 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass von Armut betroffene Kinder und Jugendliche weniger Chancen auf einen guten Bildungsabschluss haben und sich Armut dadurch fortsetzt. Nach Ansicht von 82 Prozent sind zu geringe Einkommen in Deutschland ein Grund dafür, dass junge Menschen in Armut leben müssen. Unter den befragten Erwachsenen sehen 81 Prozent eine mangelnde Unterstützung der Alleinerziehenden, beispielsweise finanziell oder durch Kinderbetreuung, als Grund für die Armut.
Dass junge Menschen in Deutschland die am stärksten von Armut betroffene Altersgruppe sind, ist leider keine neue Information. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. klärt darüber bereits seit mehr als 10 Jahren auf. Eine Teilhabe absichernde Kinder- und Jugendgrundsicherung ist für die BAG KJS daher notwendiger denn je. Diese gesetzlich umzusetzen, darf nicht bis an das Ende der aktuellen Legislaturperiode verschoben werden. Junge Menschen in Deutschland warten bereits seit Monaten auf den angekündigten Sofortzuschlag, der nun endlich zum 1. Juli kommen soll. Doch mit 20,- Euro monatlich ist das nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das verdeutlichte die BAG KJS auch in einer Veranstaltung auf dem Katholikentag in Stuttgart.
Über den Kinderreport 2022
Für den Kinderreport 2022 des Deutschen Kinderhilfswerkes führte das Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Umfragen durch. Eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) und eine zweite unter Erwachsenen (ab 18-Jährige). Befragt wurden insgesamt 1.691 Personen, davon 645 Kinder und Jugendliche sowie 1.046 Erwachsene. Die Befragungen wurden online unter Nutzung eines Access-Panels (Kinder und Jugendliche) sowie mittels computergestützter Telefoninterviews (Erwachsene) durchgeführt. Die Kinder und Jugendlichen bekamen ein Fragebogen mit altersgerecht formulierten Fragen.
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk