Keine Einbürgerung trotz „Entmakelung“ der Jugendstrafe

Im Einbürgerungsverfahren ist die Verurteilung zu einer Jugendstrafe auch dann zu berücksichtigen, wenn das Jugendgericht nachträglich die Beseitigung des Strafmakels der Jugendstrafe angeordnet hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Entscheidung liegt der Fall eines inzwischen 31 Jahre alten türkischen Staatsangehörigen zugrunde, der die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung begehrt. Eine von der Staatsangehörigkeitsbehörde eingeholte Auskunft aus dem Bundeszentralregister ergab lediglich, dass er 2007 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden war. Darüber hinaus erlangte die Behörde aus der beigezogenen Ausländerakte davon Kenntnis, dass der Kläger 2002 zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt worden war, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Strafe wurde 2005 nach Ablauf der Bewährungszeit vom Jugendgericht erlassen und der Strafmakel der Verurteilung nach dem Jugendgerichtsgesetz für beseitigt erklärt. Der Beklagte lehnte die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung wegen der Verurteilungen ab. Die erhobene Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Der 10. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Die Verurteilung zu einer Jugendstrafe steht einer Anspruchseinbürgerung materiellrechtlich zwingend entgegen. Die Staatsangehörigkeitsbehörde durfte die ihr durch die beigezogene Ausländerakte bekannt gewordene Verurteilung des Klägers auch berücksichtigen. Allein die Beseitigung des Strafmakels durch das Jugendgericht nach Ablauf der Bewährung und Erlass der Jugendstrafe begründete kein materielles Verwertungsverbot. Die Entmakelung hatte zwar zur Folge, dass die Registerbehörde der Staatsangehörigkeitsbehörde diese Verurteilung nicht mehr mitteilen durfte. Ein materielles Verwertungsverbot entsteht aber erst mit der Tilgung aus dem Register, die hier bei weiterer Straffreiheit erst 2017 erfolgen wird. Das formelle Übermittlungsverbot der Registerbehörde steht der Berücksichtigung der Verurteilung im Einbürgerungsverfahren dann nicht entgegen, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde von der Verurteilung auf anderem Weg erechtmäßig Kenntnis erlangt hat. Hier hat die Behörde über die Ausländerakte von der Verurteilung erfahren. Sowohl die Unterrichtung der Ausländerbehörde durch die Strafverfolgungsbehörden als auch die Weitergabe dieser Informationen durch die Ausländerbehörde an die Staatsangehörigkeitsbehörde standen im Einklang mit den einschlägigen aufenthalts- und staatsangehörigkeitsrechtlichen Bestimmungen über die Erhebung, Speicherung und Weitergabe personenbezogener Daten. Insbesondere war die Ausländerbehörde nicht verpflichtet, vor der Weitergabe ihrer Akten an die Staatsangehörigkeitsbehörde das Strafurteil aus dem Jahre 2002 aus der Ausländerakte zu entfernen. Auch die Entmakelung der Jugendstrafe gebot dies nicht. „

Die Entscheidung des BVerwG lag bei Redaktionsschluss noch nicht in schriftlicher Fassung vor. Die Begründung kann jedoch in Kürze unter dem o. a. Link in voller Länge eingesehen und runtergeladen werden.

www.bverwg.de/entscheidungen/verwandte_dokumente.php?ecli=050614U10C4.14.0

Quelle: Pressemitteilung Nr. 38/2014 des BVerwG Leipzig vom 5. Juni 2014

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