Hauptschüler/-innen eine „normabweichende Minderheit“?

Der Böcklerimpuls geht in seiner Ausgabe 3/2013 dem Phänomen auf den Grund, warum Hauptschüler beim Eintritt in eine Lehre so schlechte Karten haben:
“ Obwohl die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland im internationalen Vergleich gering ist, fällt der Einstieg ins Arbeitsleben vielen jungen Leuten schwer. Die Forschung zeigt, „dass in Deutschland die zentrale Scheidelinie auf dem Arbeitsmarkt zwischen Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und denen ohne Berufsausbildung verläuft“, so die Arbeitsmarktexpertinnen Heike Solga und Laura Menze vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).

Etwa 15 Prozent aller 20- bis 24-Jährigen haben keine Berufsausbildung abgeschlossen und befinden sich auch in keiner – betrieblichen, schulischen oder universitären – Ausbildung. Dieser Anteil hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre kaum verändert. Ohne Abschluss fehlt diesen jungen Leuten die „Eintrittskarte zum beruflich strukturierten Arbeitsmarkt“.

Notlösung Übergangssystem. Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze hängt vom Angebot der Unternehmen ab – und fällt regelmäßig geringer aus als die Nachfrage der Jugendlichen. Die entstehende Lücke soll das so genannte Übergangssystem schließen. Gerade Jugendliche, die im allgemeinbildenden Schulsystem Schwierigkeiten hatten, müssen häufig mit Übergangsmaßnahmen Vorlieb nehmen. 2010 traf das auf fast drei Viertel der Schulabgänger ohne Abschluss und beinahe die Hälfte der Hauptschulabsolventen zu.

Zwar vermeidet das Übergangssystem zumindest Arbeitslosigkeit, aber „der erfolgreiche Abschluss einer Maßnahme stellt“, so die WZB-Forscherinnen, „weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für die Verbesserung der Ausbildungschancen dar“. Nach Abschluss der Übergangsmaßnahmen seien die Unterschiede in den Abschlüssen der Teilnehmer größer als vorher – soziale Ungleichheiten des allgemeinbildenden Schulsystems würden „eher verstärkt als abgebaut“.

Nicht ausbildungsfähig?
Arbeitgeber machen für die Schwierigkeiten von Hauptschülern bei der Lehrstellensuche häufig eine „mangelnde Ausbildungsreife“ verantwortlich. Zwar schnitten Jugendliche im Übergangssystem im Schnitt schlechter in Lese-, Mathe- oder Englischtests ab als andere Jugendliche, stellen Solga und Menze fest. Allerdings gebe es hier auch Schüler mit guten Leistungen. Das heißt, diese jungen Menschen mit einem guten Hauptschul- oder einem mittleren Schulabschluss haben teilweise keine betriebliche Lehrstelle gefunden. Dies spricht gegen die pauschale Unterstellung fehlender Ausbildungsreife.

Lehrstellenmangel und Bildungsexpansion. Als Hauptgrund für die schlechten Chancen von Hauptschülern sehen die WZB-Forscherinnen den Mangel an Lehrstellen, die für diese Bildungsgruppe erreichbar sind. Der Markt allein gewährleiste offenbar keine „vollständige Integration aller ausbildungssuchenden Jugendlichen“. Die wachsende Konkurrenz durch Bewerber mit höheren Schulabschlüssen führt zu verringerten Ausbildungschancen: Wo eine Generation zuvor noch ein Hauptschulabschluss ausgereicht hat, bestehen die „betrieblichen Gatekeeper“ heute auf einem höheren Zertifikat. Sie sehen Hauptschüler inzwischen häufig als „normabweichende Minderheit“ an – unabhängig davon, ob sie für die zu vergebende Stelle geeignet wären oder nicht. „

Den vollständigen Artikel lesen Sie über aufgeführten Link.

www.boeckler.de/42257_42266.htm

Quelle: Böcklerimpuls 3/2013

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