Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass Unionsbürger, die sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) haben (Az. L 15 AS 365/13 B ER). Allerdings bejahte das Landessozialgericht einen Anspruch auf Mindestleistungen nach dem Sozialhilferecht. Die Entscheidung steht damit im Widerspruch zu einer Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen, das ALG-II-Ansprüche bejaht hatte.
Verzögerungen drohen – auch minderjährige Kinder betroffen
Die Realisierung eventueller Leistungen stößt jedenfalls auf Schwierigkeiten und ist zumindest mit zeitlichen Verzögerungen verbunden. Es ist festzustellen, dass hierunter nicht selten die minderjährigen Kinder leiden und die Jugendämter vor dem Problem stehen, ob und in welcher Weise sie hier für die Kinder Hilfe leisten können bzw. müssen.
LSG Niedersachen-Bremen sieht keinen Verstoß gegen Diskriminierungsverbot
Der Entscheidung lag ein Fall einer rumänischen Familie mit drei minderjährigen Kindern zugrunde, die Rumänien im Jahr 2010 verlassen und sich zunächst in Frankreich aufgehalten hatte, um sich im Sommer 2012 in Bremen – zunächst in einer Notunterkunft – niederzulassen. Die Eltern waren in der Folgezeit weder als Arbeitnehmer noch als Selbstständige erwerbstätig. Ihr im November 2012 beim Jobcenter Bremen gestellter Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts blieb zunächst erfolglos, weil sich das Jobcenter auf den im SGB II vorgesehenen Leistungsausschluss für arbeitsuchende Unionsbürger berief.
Die Familie stellte darauf beim SG Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem das Sozialgericht stattgab. Das Sozialgericht war der Auffassung, dass der Leistungsausschluss gegen ein europarechtliches Diskriminierungsverbot verstößt, und verpflichtete das Jobcenter, der Familie vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Zeitraum von sechs Monaten zu gewähren. Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben.
LSG Essen: Unionsbürger ohne Jobaussicht unterliegen mangels Freizügigkeitsrechts nicht dem Leistungsausschluss
Das LSG Niedersachsen-Bremen ist mit dieser Entscheidung nicht dem in der Presse veröffentlichten Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.10.2013 (L 19 AS 129/13) gefolgt. Das LSG NRW war der Auffassung, dass Unionsbürger, die keine begründete Aussicht haben, in absehbarer Zeit eingestellt zu werden, kein Freizügigkeitsrecht als arbeitsuchende Unionsbürger haben und damit auch nicht dem Leistungsausschluss für diesen Personenkreis unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass die Jobcenter ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren haben. Nach Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen würde dies aber zu dem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen, dass ausgerechnet die Personen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht oder kaum integrierbar sind, von der gerade zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus geschaffenen Ausschlussklausel nicht erfasst werden.
Quelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe – Rechtsfragen