Nur eine Minderheit von Hartz-IV-Empfängern findet eine reguläre Beschäftigung

Für den Arbeitsmarkt ist eine hohe Dynamik charakteristisch: Es kommt zu Zugängen und Abgängen in und aus Erwerbstätigkeit und ebenfalls zu Zu- und Abgängen aus der Arbeitslosigkeit. Diese Bewegung hat das Insitut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen analysiert. Die Dynamik unterscheidet sich stark nach den Rechtskreisen, denen die Arbeitslosen zugeordnet werden. Arbeitslose, die sich im Bereich des SGB III befinden und die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I erhalten, schaffen zu relativ hohen Anteilen nach der Arbeitslosigkeit den Abgang in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis (erster Arbeitsmarkt).

Auszüge aus der Analyse des IAQ „Abgänge aus Arbeitslosigkeit nach Rechtskreisen„:

Nicht mal jeder Fünfte schafft es aus dem SGB-II-Leistungsbezug in den ersten Arbeitsmarkt

„(…) Im Jahr 2015 wurden bei einem jahresdurchschnittlichen Bestand von knapp 2,8 Mio. Arbeitslosen etwa 7,6 Mio. Abgänge aus und 7,5 Mio. Zugänge in Arbeitslosigkeit festgestellt. Obwohl sich seit 2010 die Abgänge deutlich verringert haben, ist es im Saldo zu einem Abbau der jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenzahlen gekommen, da der Rückgang der Zugänge noch ausgeprägter war.

Zwischen 2007 und 2015 hat sich der Anteil der Abgänge in reguläre Beschäftigung im Bereich des SGB III erhöht. Die Verbesserung der Arbeitsmarktlage insgesamt und die Zunahme der Beschäftigung haben sich hier positiv ausgewirkt. Allerdings stagniert der Anteil der Abgänge in den ersten Arbeitsmarkt seit 2011.

Dagegen sind Abgänge aus dem SGB II in den ersten Arbeitsmarkt nur sehr schwach ausgeprägt. In den vergangenen Jahren hat nicht einmal jeder fünfte SGB II-Empfänger den Absprung in eine reguläre Beschäftigung geschafft. Vielmehr stagniert die Anteil zwischen 16% und 20%.“

2015 ca. 70 Prozent der Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II

„Die Abweichungen zwischen den Rechtskreisen lassen sich vor allem durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Arbeitslosen erklären: Im Bereich des SGB III befinden sich aufgrund der begrenzten Anspruchsdauer der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I die Personen mit einer eher kurzen Dauer der Arbeitslosigkeit und noch guten Vermittlungschancen. Im Bereich des SGB II konzentrieren sich hingegen die Langzeitarbeitslosen und die Personen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen. Zu berücksichtigten ist dabei, dass sich mittlerweile der weit überwiegende Teil der Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB II befindet, im Jahr 2015 sind dies ca. 70 %.“

Trotz Fördermaßnahmen und Eingliederungszuschüssen: Stabile Beschäftigung leidet unter verstärkter Befristung von Arbeitsverträgen

„Der Übergang von Arbeitslosigkeit in Beschäftigung führt nur begrenzt zu einer dauerhaften Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit ist mit einem tiefen Einschnitt in die Erwerbsbiographie verbunden, der selbst bei erfolgter Beschäftigungsaufnahme nachwirken und Anlass für erneute Arbeitslosigkeit sein kann. (…) Da Arbeitslose in zunehmendem Maße nur befristete Arbeitsverträge erhalten, haben sie auch von vornherein nur geringere Chancen, in eine dauerhafte Beschäftigung übernommen zu werden. Auch die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen oder die Zahlung von Eingliederungszuschüssen an die Betriebe führen nur für einen Teil der Betroffenen zu stabiler Beschäftigung. (…)“

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen haben je nach Rechtskreis unterschiedliche Bedeutung

„Im Bereich des SGB II ist der Übergang in Nicht-Erwerbstätigkeit mit knapp 44 % im Jahr 2015 am stärksten ausgeprägt und in den vergangenen Jahren kontinuierlich angewachsen. (…) Im Rechtskreis des SGB II nehmen die Abgänge in unterschiedliche Bildungs- oder arbeitsmarktpolitische Fördermaßnahmen eine verhältnismäßige große Bedeutung ein. Seit 2009 liegen hier die Anteile bei mindestens 22% und damit durchgehend höher, als die Abgänge in eine reguläre Beschäftigung. Dagegen haben Bildungs- und arbeitsmarktpolitische Fördermaßnahmen im SGB III nur eine verhältnismäßig untergeordnete Bedeutung.

Zu beachten ist jedoch, dass in den beiden Rechtskreisen des SGB II und SGB III unterschiedliche Schwerpunkte bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gesetzt werden. Während Teilnehmer aus dem Bereich des SGB III überwiegend bei der Findung einer Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung unterstützt werden, finden sich Teilnehmer aus dem SGB II überwiegend in Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung und in Arbeitsgelegenheiten wieder. Aber gerade im Hartz-IV-System konzentrieren sich die gering qualifizierten Arbeitslosen. Dennoch fördern die Jobcenter diese Zielgruppe mit Qualifizierungsmaßnahmen deutlich seltener als die Arbeitsagenturen.“

Immer weniger Arbeitsgelegenheiten im zweiten Arbeitsmarkt

„Bis zum Jahr 2010 war die Vermittlung von Arbeitslosen aus dem Rechtskreis des SGB II in den zweiten Arbeitsmarkt ein wichtiger Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik. Während vor 2010 regelmäßig bis zu 12% der Abgänge in den zweiten Arbeitsmarkt begründet waren, fiel im Jahr 2015 der Anteil mit 3,3% nur noch sehr gering aus. Das deutlich eingeschränkte Angebot an Arbeitsgelegenheiten (sog. „Ein-Euro-Jobs) dürfte hierfür verantwortlich sein.“

Quelle: Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Dusiburg-Essen

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