Erstmals verhandelte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 15. Januar über die Zulässigkeit von Hartz-IV-Strafen gegen Arbeitslosengeld-II-Bezieher/-innen. Das BVerfG soll prüfen, ob die Sanktionen verfassungskonform sind oder ob sie gegen das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Bei dem vom Sozialgericht Gotha vorgelegten Fall geht es um die Frage möglicher Leistungskürzungen für Hartz-IV-Bezieher und ob diese gegen körperliche Unversehrtheit verstoßen. Geprüft wird zudem, ob die Sanktionen gegen die Berufsfreiheit verstoßen. (Az.: 1 BvL 7/16) Für den Kläger sagte Rechtsanwältin Susanne Böhme, starre Sanktionen, die für drei Monate gelten, bewirkten keine Verhaltensänderung beim Leistungsbezieher. Häufig seien auch weitere Personen von den Kürzungen betroffen, die mit dem Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dies seien häufig Kinder. Auch wenn die verschärften Sanktionsregeln für Jugendliche kein Thema der Verhandlung waren, nutzte der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit den Verhandlungstag, um erneut auf die besondere Gefährdung für junge Menschen hinzuweisen.
Verschärfte Sanktionsregeln für unter 25-Jährige abschaffen
Gerade junge Menschen will man besonders schnell in Arbeit bringen. Das ist die Begründung dafür, dass die Sanktionen bei ihnen noch wesentlich schärfer sind. Bei den Meldeverstößen gilt zwar das gleiche wie bei den über 25-Jährigen, bei allen anderen Pflichtverletzungen wird der Regelsatz hingegen schon beim ersten Verstoß sofort komplett gestrichen. Bei der zweiten Pflichtverletzung dann auch das Geld für Wohnen, Heizen und die Krankenversicherung. Infolge dessen können die Betroffenen dauerhaft von Ausgrenzung und Armut bedroht sein.
„Die vom Gesetzgeber intendierten erzieherischen Wirkungen von Sanktionen stehen in keinem Verhältnis zu den Gefahren einer sozialen und gesundheitlichen Ausgrenzung,“ sagt Birgit Beierling, Sprecherin des Kooperationsverbundes. Die aktuelle Rechtslage trage dazu bei, dass junge Menschen in die Schattenwirtschaft oder Wohnungslosigkeit abrutschen und dann häufig für sozialarbeiterische Interventionen nur noch schwer oder gar nicht mehr erreichbar seien, so Beierling. Daher fordert der Kooperationsverbund, dass die verschärften Sanktionsregelungen für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren abgeschafft werden.
Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit; Caritas; Tacheles e. V.; epd; tagesschau.de