Jugendstrafvollzug in Baden-Württemberg: Belegsituation, schulische Qualifizierung und Ausbildung

Der Evaluationsbericht zum Jugendstrafvollzug in Baden-Württemberg ist der fünfte seiner Art. Neben den Rahmenbedingungen analysiert er wer in den Strafvollzug kommt, was dort mit den Jugendlichen gemacht wird und was der Strafvollzug bei jungen Gefangenen bewirkt. Der Bericht basiert auf unterschiedlichen Datenquellen: Zum einen auf aggregierten Daten und Statistiken, die von den verschiedenen Abteilungen und Fachdiensten im Jugendstrafvollzug, externen Dienstleistern  oder dem statistischen Landesamt erstellt wurden. Zum anderen auf der Analyse der individuellen Falldokumentationen, die für jeden Jugendstrafgefangenen der JVA Adelsheim erstellt werden. Erstmals sind in dem Evaluationsbericht auch Ergebnisse einer Gefangenenbefragung enthalten. Ebenfalls erstmalig beinhaltet der Bericht Ergebnisse von Rückfallanalysen für Gefangene.

Auszüge aus dem Evaluationsbericht:

ZUGANGSENTWICKUNG/BELEGUNGSSITUATION

Die zentrale Jugendstrafanstalt Baden-Württembergs zum Vollzug der Jugendstrafe an männlichen Jugendlichen, Heranwachenden und jungen Erwachsenen ist die JVA Adelsheim mit insgesamt 417 Haftplätzen. Zusätzlich gibt es Außenstellen und den offenen Vollzug.  In der JVA Ravensburg gibt es eine gesonderte Abteilung, in der bis zu 21 männliche Jugendstrafgefangene untergebracht werden können. In der Außenstelle Oberndorf der JVA Rottweil stehen 16 Plätze für die vollzugsinterne Suchttherapie von jungen männlichen Gefangenen zur Verfügung.   In der zentralen Zugangsabteilung für den baden-württembergischen Jugendstrafvollzug an Männern in der JVA Adelsheim wurden 2016 insgesamt 535 männliche Jugendstrafgefangene unter 24 Jahre als Zugänge registriert.   Zwischen 2012 und 2015 verzeichnete der Jugendstrafvollzug in Baden-Württemberg einen deutlichen Rückgang der Zugangszahlen. 2015 waren die Zugangszahlen auf dem niedrigsten Wert seit Mitte der 90er Jahre.   Seit Ende 2015 kam es bedingt durch die verstärkte Zuwanderung  nach Deutschland zu einem deutlichen Anstieg der Jugendstrafgefangenenzahlen. Innerhalb eines Jahres stieg die Anzahl der Jugendstrafgefangenen, die in den letzten Monaten oder (max. drei) Jahren nach Deutschland eingereist waren,  auf ca. 20 % an.

Gewalttätige Auseinandersetzungen

Das Niveau an gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den Gefangenen im baden-württembergischen Jugendstrafvollzug an Männern ist trotz der vielfältigen Interventionsversuche und einem deutlichen Anstieg der Sicherheitsmaßnahmen nach wie vor sehr hoch. 2016 zeigte sich sogar ein weiterer Anstieg der Gewalt-handlungen. Ob dies in einem Zusammenhang mit der in einigen Hafthäusern angespannten Belegungssituation steht und/oder sich auch hier die unzureichenden Möglichkeiten der Trennung von Jugendstrafgefangenen niederschlagen, lässt sich mit den derzeit zur Verfügung stehenden Daten noch nicht klären. Ermutigende Nachrichten zur Gewaltproblematik gibt es jedoch aus einem Hafthaus des Jugendstrafvollzugs, in dem im Rahmen Konzepts PPC („positive peer culture“) Wohngruppenvollzug eingeführt wurde. Seit Einführung des Wohngruppenvollzugs ist die Anzahl (und Quote) der gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den Gefangenen in dem Hafthaus zurückgegangen.

Schulische Qualifizierung in der JVA

Eine schulische Förderung erhielten im Laufe ihrer Haft in der JVA Adelsheim 112 Jugendstrafgefangene des Zugangsjahres 2014. Unter ihnen waren auch zehn Jugendstrafgefangene, bei denen der Fachdienst keinen Förderbedarf diagnostiziert hatte. Elf Jugendstrafgefangene besuchten einen Realschulkurs und 44 besuchten einen Hauptschulkurs. Weitere 28 Schüler erhielten einen Aufbaukurs, der jedoch nicht in einem Hauptschulkurs weitergeführt wurde und weitere zehn Schüler verbrachten ihre Schulzeit nur in der Lernpädagogischen Gruppe. 19 Jugendstrafgefangenen besuchten den Migrationskurs.

Berufliche Bildung in der JVA

103 (39 %) der 263 Jugendstrafgefangenen des Zugangsjahres 2014 nahmen an einer „großen“ oder „kleinen“ Lehrausbildung teil. Sieben von ihnen haben die Gesellenprüfung erfolgreich abgeschlossen, weitere acht das erste oder zweite Lehrjahr. Bezogen auf alle Auszubildenden entspricht dies einer Abschluss-quote von 15 %.  85 % der Auszubildenden brechen ihre im Jugendstrafvollzug begonnene Lehre ab und bleiben ohne Abschluss bzw. Zwischenprüfung. Die Hälfte (50 %) der Ausbildungsabbrüche erfolgte, weil die Gefangenen in eine andere Anstalt verlegt oder aus der Haft entlassen wurden. Fast jede dritte vorzeitige Ausbildungsbeendigung (30 %) erfolgte aus disziplinarischen Gründen oder im Zusammenhang mit Konflikten mit Mitgefangenen oder Ausbildern. Weitere 12 % der Lehrabbrüche wurden aufgrund des Wunsches des Auszubildenden beendet. Hinter diesem Wunsch steht z. B. die Angst des Auszubildenden vor den anderen Strafgefangenen im Betrieb, ein mangelndes Durchhaltevermögen oder die Erkenntnis im falschen Berufsfeld tätig zu sein.

Mehr zum Jugendstrafvollzug in Baden-Württemberg erfahren Sie im Evaluationsbericht

Quelle: Kriminologischer Dienst Baden-Württemberg

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