Elise Bohlen – Fachbereichsleiterin Jugendsozialarbeit bei IN VIA Deutschland – beschreibt im neuen Caritasjahrbuch 2017 die problematische Situation für die Jugendberufshilfe. Das Wichtigiste aus ihrem Beitrag:
„Die Jugendberufshilfe nimmt an dieser Stelle eine wichtige Funktion wahr. Sie möchte jungen Menschen eine längerfristige Lebens- und Berufsperspektive eröffnen und ihnen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Die Jugendberufshilfe verfügt über professionelle Konzepte und Erfahrungen in der Beratung, Begleitung und Förderung sozial benachteiligter und individuell beeinträchtigter junger Menschen von der Schule in das Berufsleben. (…)
Expert(inn)en sind sich einig, dass trotz des demografischen Wandels ein beträchtlicher Anteil junger Menschen bleiben wird, der hohen Förderbedarf am Übergang von der Schule in den Beruf hat. Die Jugendberufshilfe wird also mit ihrer Expertise ein unverzichtbarer Akteur im Übergangssystem bleiben. (…)
Trotz ihrer wichtigen Leistungen in der Förderung junger Menschen ist die Situation in der Jugendberufshilfe geprägt durch fragile Rahmenbedingungen, Finanznot und Kostendruck. Warum ist das so? (…)
In größerer Anzahl setzen die Einrichtungen der Jugendberufshilfe berufsfördernde Maßnahmen über das SGB III (Arbeitsförderung) im Rahmen öffentlich ausgeschriebener Arbeitsmarktdienstleistungen um. Die Vertragslaufzeiten liegen je nach Maßnahme zwischen wenigen Monaten und zwei bis drei Jahren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass nach nur einer Ausschreibungsrunde die Maßnahme an einen anderen Träger vergeben wird. (…)
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass der Preis – und nicht die Qualität – das entscheidende Kriterium bei der Vergabe bildet. Das damit einhergehende Preisdumping erschwert es den Trägern, auch nur die elementaren Voraussetzungen wie Räume, Sachkosten und qualifiziertes Personal zu stellen. Immer mehr Träger steigen deshalb aus dem Feld aus. (…)
In Deutschland gibt es kein auf Kontinuität ausgerichtetes, für Jugendliche verlässliches Angebot im Bereich der beruf lichen Integrationsförderung. (…)
Bildungsgerechtigkeit und Ausbildungswege, die allen jungen Menschen, unabhängig von Herkunft und Status ihrer Familien, Teilhabe und Chancengleichheit ermöglichen, sind zentrale gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Diesem gemeinsamen Ziel sollten sich alle Akteure in der beruflichen Integrationsförderung verpflichtet fühlen. Dabei gilt: Nicht die Jugendlichen müssen zu den Angeboten passen, sondern die Angebote müssen den Bedarfen der Jugendlichen folgen. (…)
Trotz aller finanziellen Nöte sind auch die Kommunen in der Verantwortung, in diesem Feld der Kinder- und Jugendhilfe stärker in die Zukunft junger Menschen zu investieren. Deshalb ist auch ein Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) notwendig. (…)
Bei der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen muss endlich die Qualität der Angebote mehr Gewicht erhalten als der Preis. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen müssten Trägerwechsel in kurzen Abständen strukturell vermieden werden. Vielmehr sollten über transparente, gemeinsam festgelegte Prüfkriterien Träger mit besonderer Erfahrung in der Förderung junger Menschen längerfristig beauftragt werden. (…)“
Quelle: Elise Bohlen – IN VIA Deutschland; Caritasjahrbuch