Die 15. Kammer des Sozialgerichts Gotha hält die Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher für verfassungswidrig. Deshalb legte die Kammer die Sache dem Bundesverfassungsgericht vor. Im behandelten Fall hatte der Kläger ein Arbeitsangebot des Jobcenters Erfurt abgelehnt. Daraufhin wurde sein monatlicher Regelsatz um 30 Prozent, also 117,30 Euro, gekürzt. Weil er ein weiteres Angebot ausschlug, veranlasste das Jobcenter eine Minderung um insgesamt 60 Prozent oder 234,60 Euro. So blieben dem Mann nur knapp 164 Euro zum Leben. Das focht der Betroffene an und klagte beim Sozialgericht Gotha. Da die zuständige Kammer aber die »maßgebliche Norm«, in diesem Fall die Sanktions-Paragrafen des Sozialgesetzbuchs II, als verfassungswidrig ansah, musste die Sache als Vorlage nach Karlsruhe gehen. Dem Sozialgericht zufolge verstoßen die Sanktionen gegen mehrere Grundrechte.
Angesichts gerichtlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Hartz-IV-Sanktionen hat der Paritätische Wohlfahrtsverband die Abschaffung der Sanktionen gefordert. »Spätestens mit den massiven Kürzungen bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose seit 2010 und der daraus folgenden Zweiklassenarbeitsmarktpolitik ist das Prinzip des Forderns und Förderns von der Bundesregierung aufgegeben worden. Damit ist das Recht auf Sanktionen verwirkt«, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.
Auch der Deutsche Verein hält die Sanktionsregelungen verfassungsrechtlich für bedenklich zu mindest in Teilen. Zum Beispiel können Sanktionen Mietschulden verursachen und zum Verlust der Wohnung führen. Problematisch seien auch Sanktionen gegenüber unter 25-Jährigen, die zur Folge haben können, dass jugendlche Leistungsempfänger den Kontakt zum Jobcenter abbrechen und letztlich vollständig „entgleiten“. Der Deutsche Verein begrüßt daher die Klärung dieser und anderer Regelungen durch das Bundesverfassungsgericht.“
Quelle: neues-deutschland; Paritätischer Gesamtverband; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge