Forscherin warnt vor emotionaler Vereinsamung Jugendlicher durch Social Media

Nach Auffassung der Einsamkeitsforscherin Maike Luhmann kann Social Media Jugendliche einsam machen. Wenn sich das Sozialleben fast nur noch digital abspiele und der persönliche Kontakt mit anderen kaum mehr stattfinde, befördere dies (emotionale) Einsamkeit. Digitale Medien sollten unsere sozialen Beziehungen ergänzen, nicht ersetzen, sagte die Bochumer Psychologieprofessorin dem Berliner „Tagesspiegel“. Luhmann hatte in einer Studie unabhängig von der Corona-Krise eine zunehmende Vereinsamung junger Menschen in Deutschland festgestellt.

Obwohl Kontakte über Social Media zunehmen, steigt die emotionale Einsamkeit

Luhmann erklärte, dass laut Untersuchung die emotionale Einsamkeit bei Jugendlichen – also das Fehlen von Nähe in der Beziehung – deutlich stärker ausgeprägt gewesen sei als die soziale Einsamkeit, bei der es um die Menge der Beziehungen gehe. Digitale Medien könnten hier eine Rolle spielen. Wenn man sich treffe, wenn man sich in die Augen schauen könne, wenn man sich in den Arm nehmen könne, dann schaffe das eine ganz andere Nähe und Intimität, als es die digitalen Medien ermöglichten – vor allem, wenn man nur noch chatte, so Luhmann.

Andererseits sei die permanente Erreichbarkeit durch die Sozialen Medien auch eine Chance. Man könne viel einfacher und fast rund um die Uhr mit Freund*innen in Kontakt treten. Das könne gerade dann gut sein, wenn man sich einsam fühle, erklärte die Forscherin.

Einsamkeit – wie ein Hungersignal des Körpers

Einsamkeit sei immer ein Teil unseres Lebens (gewesen) und es sei gut, dass wir sie empfinden könnten, sagte die Wissenschaftlerin. Sie sei wie ein Hungersignal des Körpers, das zeigt, dass etwas fehle. Einsamkeit sage uns, dass wir hinausgehen und uns Freunde suchen sollten. Es ginge nicht darum, Einsamkeit völlig zu vermeiden, sondern darum, richtig mit ihr umzugehen.

In NRW jede*r fünfte Jugendliche einsam

Auf dem Einsamkeitsforum in Berlin am 24. November 2023 hatte NRW eine Studie vorgestellt, die belegt, dass sich in dem bevölkerungsreichsten Bundesland jede*r fünfte Jugendliche einsam fühlt. Demnach ist Einsamkeit unter jungen Menschen weit verbreitet. Enge Freundschaften bei Jugendlichen können besonders wichtig gegen Einsamkeit sein.

Forschenden der Universitätsallianz Ruhr aus Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen, zu denen auch Luhmann gehörte, die im Auftrag der Staatskanzlei NRW die Studie durchführten, zeigen auf, dass Jugendliche mit finanziellen Problemen stärker von Einsamkeit betroffen sind. Einsame Jugendliche verbringen weniger Zeit mit Freund*innen oder sportlichen Aktivitäten dafür mehr Zeit mit alleiniger Mediennutzung.

Die Autor*innen der Studie empfehlen eine gezielte Kampagne, die über Einsamkeit aufklärt, zu Bewältigungsstrategien informiert und das Stigma reduziert. Darüber hinaus raten sie unter anderem, Risikogruppen besonders in den Blick zu nehmen; dazu zählen etwa Haushalte mit finanziellen Einschränkungen oder arbeitslose Jugendliche. Freizeitangebote und Aufenthaltsorte sollten so gestaltet sein, dass sie Begegnungen ermöglichen. Zudem hilfreich sein könnten Maßnahmen, die soziale und emotionale Kompetenzen stärken, sowie Maßnahmen gegen Diskriminierung und Vorurteile und für Toleranz und Integration.

Quelle: Tagesspiegel; KNA; Staatskanzlei NRW

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