Ergebnisse und Empfehlungen der EU-Jugendkonferenz zu mehr Zusammenarbeit und Mobilität

Wie kann die Zusammenarbeit und Mobilität zwischen Jugendlichen aus der EU und Jugendlichen aus den EU-Nachbarländern und -regionen gestärkt und gefördert werden? Das war die große Frage, um die sich die inhaltlichen Diskussionen auf der EU-Jugendkonferenz Anfang September in Warschau drehten. Als Ergebnis liegen nun die Gemeinsamen Empfehlungen der EU-Jugendkonferenz der polnischen EU-Ratspräsidentschaft in Warschau in einer deutschen Übersetzung vor. Ein ergänzendes Glossar erläutert zudem die darin enthaltenen Fachbegriffe und Abkürzungen. Mit den Ergebnissen der EU-Jugendkonferenz wird sich im November der EU-Jugendministerrat auseinander setzen. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse aus dem Strukturierten Dialog von der EU-Kommission und den Regierungen der Mitgliedsländer für konkrete Verbesserungen beim internationalen Jugendaustausch mit EU-Nachbarländern bzw. -regionen genutzt werden.

Jugend soll jugendpolitische Maßnahmen mitgestalten

Die EU-Jugendkonferenz ist Teil des „Strukturierten Dialogs“ und wurde vom Rat der Europäischen Union in der Entschließung über einen erneuerten Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa (2010-2018) eingeführt. Der Strukturierte Dialog ist ein Instrument, das sicherstellt, dass die Ansichten junger Menschen bei der Gestaltung von jugendpolitischen Maßnahmen in der EU berücksichtigt werden.

Für die 18-monatige Teampräsidentschaft (1. Juli 2011 – 31. Dezember 2012) haben Polen, Dänemark und Zypern in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Jugendforum entschieden, einen Strukturierten Dialog zum Thema Beteiligung junger Menschen am demokratischen Leben in Europa durchzuführen, wobei jede der drei Ratspräsidentschaften ein eigenes Unterthema bearbeitet. Dies ist der zweite 18-monatige Zyklus des Strukturierten Dialogs mit jungen Menschen.

Die erste Phase der Konsultationen endete mit der EU-Jugendkonferenz in Warschau, auf der Jugendvertreter/-innen und Generaldirektoren/-innen für Jugendfragen der EU-Mitgliedsstaaten auf Basis der Ergebnisse der nationalen Befragungen Empfehlungen zum Thema Kooperation und Mobilität unter jungen Menschen aus EU-Mitglieds- und EU-Nachbarstaaten, insbesondere den Ländern Osteuropas und der Kaukasusregion, formulierten.

Auszüge aus den Gemeinsame Empfehlungen der EU-Jugendkonferenz unter polnischer Ratspräsidentschaft:

„(…) Motivation: Vom Interesse an internationaler Jugendkooperation über die EU hinaus – zur Praxis!

Motivation und Interesse sind der Anfang jeglicher Aktivität und Handlung. Gemeinsames Lernen unter Gleichaltrigen, der Austausch von Erfahrungen und Meinungen, nationale Kampagnen sowie die Unterstützung von nicht-staatlichen Jugendorganisationen und jungen Menschen durch die EU und die nationalen Regierungen zählen zu den Faktoren und Maßnahmen, die helfen können, junge Menschen für Jugendbeteiligung zu interessieren und zu motivieren sowie Jugendbeteiligung und Mobilität – auch mit östlichen Ländern – zu fördern.

Langfristige Ziele

  • Steigerung der Zahl und der Qualität von internationalen Jugendkooperationen, die möglichst vielen jungen Menschen offen stehen sollten.
  • Vereinheitlichung von Verfahren, Rechten und Pflichten innerhalb der Jugendprogramme für junge Menschen und nicht-staatliche Jugendorganisationen aus der EU und osteuropäischen Ländern sowie der Kaukasusregion.
  • Bereitstellung von einfacheren und zugänglicheren Antrags- und Bewerbungsverfahren für alle jungen Menschen und Jugendorganisationen in Europa (EU, Osteuropa, Kaukasusregion, andere Nachbarstaaten etc.).

Praxisbeispiele

  • Erfahrungsaustausch unter jungen Menschen (über nationale Medienkampagnen, persönliche Treffen etc.), um sich gegenseitig zu motivieren, Vorurteile abzubauen, Informationen und positive Erlebnisse auszutauschen sowie Netzwerke aufzubauen. (…)
  • Es ist wichtig, dass Regierungsbehörden Nichtregierungsorganisationen finanziell unterstützen, damit diese den direkten Erfahrungs- und Erlebnisaustausch unter jungen Menschen fördern. Damit würden das Vertrauen von Eltern und jungen Menschen in
    Jugendkooperation und die Bereitschaft zur Beteiligung gestärkt werden.

Empfehlungen

  • Die EU-Kommission und die Länder Osteuropas sowie der Kaukasusregion sollten gemeinsam daran arbeiten, Nationalagenturen in diesen Ländern einzurichten, um junge Menschen und nicht-staatlichen Jugendorganisationen zu motivieren, am Programm JUGEND IN AKTION teilzunehmen.
  • Um internationale Jugendkooperationen zu fördern, sollte die EU die Anerkennung des Youthpass, der außerschulischer Bildung und der Jugendarbeit verbessern und vereinheitlichen und sie in allen EU-Nachbarländern weiterverbreiten.
  • Nicht-staatliche Jugendorganisationen sollten mehr Möglichkeiten erhalten, Erfahrungs- und Erlebnisaustausch zwischen jungen Menschen im schulischen und außerschulischen Bereich anzubieten. Sie sollten dabei von der öffentlichen Verwaltung auf allen Ebenen (lokal, regional, national, europäisch) unterstützt werden.

Anerkennung: Internationale Zusammenarbeit wertschätzen

(…) In den Bereichen Bildung, Politik und Soziales wird der Wert, den internationale Jugendkooperationen bringen (wie persönliche und berufliche Entwicklung, Stärkung der Zivilgesellschaft, Förderung des Interesses junger Menschen an der EU etc.), momentan noch zu wenig anerkannt. Zudem wird die Arbeit der Organisationen und anderer Akteure, die sich für die Zusammenarbeit mit EU-Nachbarstaaten engagieren, nicht ausreichend wertgeschätzt.

(…) Drei Ebenen von Anerkennung waren sind dabei wichtig: Anerkennung im politischen Umfeld (Regierungen), Anerkennung auf der sozialen Ebene (Nichtregierungsorganisationen, Gemeinschaften) und Anerkennung des Engagements Einzelner.

Langfristige Ziele

  • Eine stärkere Sensibilisierung für den Mehrwert internationaler Jugendkooperation und Jugendmobilität sowie deren Wirkung auf die Gesellschaft.
  • Nichtregierungsorganisationen müssen sich weiterhin bei Entscheidungsträgern/-innen aus dem öffentlichen und privaten Bereich für die Anerkennung internationaler Jugendkooperationen stark machen.

Praxisbeispiele

  • Instrumente zur Selbstreflektion und Selbsteinschätzung, wie das Europäische Portfolio für Jugendbetreuer/-innen und Jugendleiter/-innen, der Youthpass, der Europass und der Freiwilligenausweis werden momentan angemessen genutzt und unterstützt.
  • Sektorübergreifende Zusammenarbeit auf einer Ebene, wie z.B. das Ko-Management des Europarats im Jugendbereich.

Empfehlungen

  • Bei der Entwicklung von gemeinsamen internationalen Programmen und Instrumenten
    für alle Ebenen sollten Nichtregierungsorganisationen die Initiative ergreifen. (…)
  • Die sektorübergreifende Zusammenarbeit zwischen nicht-staatlichen Jugendorganisationen und Entscheidungsträgern/-innen sollte gestärkt werden, um ein besseres Verständnis für die Leistungen internationaler Jugendkooperationen zu erreichen (dem Beispiel des Ko-Management-Systems des Europarats im Jugendbereich folgend). (…)
  • Es sollten konkrete Forschungsprogramme aufgelegt werden, um die Wirkung internationaler Jugendkooperation und Jugendmobilität auf allen Ebenen zu untersuchen.

Information: Zugang zu Informationen als Schlüssel zu erfolgreichem Beginn einer Kooperation?

Trotz zahlreicher Websites und Informationszentren bleibt es immer noch eine Herausforderung, an geeignete Informationen über Kooperationsmöglichkeiten und potentielle Partner/-innen in Ländern außerhalb der EU zu gelangen. Dies hat mehrere Gründe: von Übersetzungskosten über den Mangel an grundlegenden jugend- und nutzerfreundlichen Informationen über EU-Nachbarländer bis hin zu konkreten Möglichkeiten der Kooperation mit ihnen. Auch die Möglichkeit, direkte Freundschaften und Kontakte zu knüpfen, sowie sinnvolle und attraktive Chancen zu erhalten, sind wichtige Aspekte des Zugangs zu Informationen.

Alle relevanten Informationen sollten möglichst an einem Ort gesammelt werden, um junge Menschen und Jugendorganisationen mit nützlichen und aktuellen Kontaktinformationen auszustatten, Hilfe bei den oft komplizierten Antragsverfahren für Projekte und deren Finanzierung anzubieten, eine Plattform einzurichten, auf der junge Menschen mit Gleichaltrigen aus EU-Nachbarländern in Kontakt treten können, sowie erfolgreiche Projekte vorzustellen. (…)

Langfristige Ziele

  • Es sollten strukturierte, aktuelle und zugängliche Informationen (zu kulturellen, sozialen, politischen, ökologischen Fragen sowie Mobilitäts- und Kooperationsmöglichkeiten) über osteuropäische Länder und die Kaukasusregion bereitgestellt werden.
  • Formale und nicht-formalen Bildungsträger/-innen sollten gemeinsam ihre Potenziale nutzen, um Jugendmobilität und Jugendkooperation zu fördern.
    Vorhandene Informationsquellen und -strukturen (…) sollten besser genutzt, weiterentwickelt und gefördert werden.
  • Informationen sollten sowohl online abrufbar sein als auch außerhalb des Internets verbreitet werden.

Praxisbeispiele und effiziente Strukturen

  • Das SALTO EECA Resource Center als Kontaktdatenbank, Netzwerk für Multiplikatoren/-innen und Unterstützer des Programms JUGEND IN AKTION; die Nationalagenturen als Förderer und Bereitsteller von Informationen.
  • Europäisches Jugendportal
  • ERYICA – Europäische Jugendinformations- und Jugendberatungsagentur

Empfehlungen

  • Jugendorganisationen und Informationsstrukturen sollten mit den Informationsnetzwerken der EU (z.B. Eurodesk, SALTO etc.) verbunden werden, um von deren Erfahrung, Wissen, Instrumenten und Methoden zu profitieren.
  • Auf europäischer Ebene sollte die ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen dem Jugendsektor und formalen Bildungseinrichtungen in allen Bereichen verbessert werden. (…)
  • Alle relevanten nationalen Entscheidungsträger/-innen sollten lokale und regionale Akteure wie Kommunen, Schulen, Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen ermutigen und unterstützen, Kommunikationsnetzwerke aufzubauen und Räume für den Austausch von Informationen, Wissen und Erfahrungen zu entwickeln.
  • Das Europäische Jugendportal sollte für alle jungen Menschen in Europa, den EU-Nachbarstaaten, Osteuropa und der Kaukasusregion besser erreichbar sein und weiterentwickelt werden, um aktuelle Informationen miteinander teilen, diskutieren und Kontakte aufzubauen zu können. Auf nationaler Ebene sollten die Informationen im Europäischen Jugendportal für alle Zielgruppen verständlich aufbereitet werden.
  • Soziale Netzwerke sollten stärker genutzt werden, um positive interaktive Beziehungen zwischen allen Akteuren aufzubauen und Möglichkeiten für Zusammenarbeit und Mobilität zu fördern.

Hindernisse: Hindernisse in der Jugendkooperation zwischen EU und EU-Nachbarstaaten

Jugendmobilität sieht sich zahlreichen Hindernissen auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene gegenüber. Vor allem Visabestimmungen, die persönliche finanzielle Situation und mangelnde Sprachkenntnisse hindern junge Menschen in Europa, vor allem in Osteuropa und der Kaukasusregion, an einer umfassenden Teilhabe.

Langfristige Ziele

  • Stärkung der Mobilität, des Austauschs und der Kooperation zwischen der EU und den Ländern Osteuropas sowie der Kaukasusregion.
  • Die Mobilitätsmöglichkeiten für junge Menschen aus der EU und osteuropäischen Ländern sowie der Kaukasusregion so zu verbessern, dass sie ihren finanziellen Möglichkeiten und persönlichen Interessen entsprechen.
  • Stärkung der Kommunikation durch eine verbesserte Kenntnis der Sprachen der EU sowie der Sprachen Osteuropas und der Kaukasusregion.

Praxisbeispiele und effiziente Methoden

  • Vereinfachung der Visa-Verfahren in den südosteuropäischen Ländern. (…)
  • Einbeziehung sozialer Medien in den Fremdsprachenunterricht in Bildungseinrichtungen.

Empfehlungen

  • Bereitstellung eines Online-Antragssystems für Schengen-Visa.
  • Innerhalb der Visabestimmungen für Schengen-Visa sollten in den Kategorien für kostenlose Visa „Jugendarbeit“ und „freiwilliges Engagement“ ergänzt werden, um es Jugendbetreuern/-innen und jungen Freiwilligen zu ermöglichen, an Jugendaktivitäten teilzunehmen. (…)
  • Es sollte ein Solidaritätsfond innerhalb der EU-Förderprogramme eingerichtet werden, der es finanziell weniger gut gestellten jungen Menschen ermöglicht, an internationalen Jugendkooperationen zwischen der EU und den Ländern Osteuropas und der Kaukasusregion teilzunehmen.
  • Künftige Förderprogramme sollten auch die Finanzierung von Fortbildungen für Lehrer/-innen abdecken, einschließlich Sprachunterricht und dem Gebrauch moderner Technologien und Methoden. Diese Fortbildungen könnten z.B. in Form von Austauschprogrammen stattfinden. (…)“

Quelle: DCV; Generaldirection Education and Culture

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